Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
leer gewesen, als er ihn passiert hatte. Er war auch jetzt noch leer, natürlich.
Schneewittchen war erwacht.
Exit
W ie er vermutet hatte, gab es tatsächlich einen weiteren Ausgang, und die Tatsache, dass es dem jungen Soldaten auf dem Videopult nicht gelungen war, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, konnte nur bedeuten, dass der Zahlencode für diese Tür ausschließlich dem Führungspersonal vorbehalten sein musste – für den unwahrscheinlichen Fall einer mittelschweren Katastrophe im Labor. Nun, dieser unwahrscheinliche Fall war nun eingetroffen – von mittelschwer konnte allerdings keine Rede sein. Die Tür zu dem ehemals verborgenen Notausgang stand weit offen und es konnte kein Zweifel bestehen, was durch sie hindurchgegangen war.
Das Licht in der Station war nun fast gänzlich verloschen, Singer würde seine Taschenlampe wieder brauchen. Nach kurzem Zögern öffnete er den Verschluss am Gürtel des jungen Technikers. Er vermied es, einen weiteren Blick in dessen zerstörtes Antlitz zu werfen, als er dem jungen Soldaten die Hose und die gefütterte Jacke auszog. Anschließend streifte er sich die Uniformteile über und bedeckte den Soldaten mit seinem blutverschmierten, ehemals weißen Laborkittel, dessen Saum bis zu den Knien rot getränkt war, seit er damit durch ein Meer von Blut gewatet war. »Danke, mein Junge«, sagte Singer leise, »und mögest du in Frieden ruhen.«
Später würde er sich nicht mehr erinnern können, dass er den Raum mit den Monitoren verlassen hatte und dem nächsten Gang bis zu dessen Ende gefolgt war. Oder daran, wie das Licht gänzlich erstorben war, er im schwächer werdenden Schein seiner Taschenlampe weitergegangen war, mit starren Augen und einem entsetzlich leeren Verstand, einfach immer weiter bis zur letzten der aus den Angeln gerissenen Türen, die hinaus in noch mehr Schwärze führte.
Aber diese Finsternis hatte sich als die seiner eigenen Welt herausgestellt, die Dunkelheit der Nacht im Sachsenwald. Er vergaß, dass er sich unterwegs ohne nachzudenken die restlichen Würstchen und schließlich die Schokolade aus dem Automaten in den Mund gestopft und das knisternde bunte Papier achtlos auf den Waldweg hatte fallen lassen. Irgendwann hatte er Licht gesehen, welches hin und wieder durch die dicken Baumstämme blitzte, und kurz darauf die vertrauten Geräusche vorbei rasender Autos auf der A24 vernommen. An all das erinnerte er sich später nicht.
Aber er erinnerte sich an die Blicke der Gäste, als er durchgefroren und mit schokoladeverschmiertem Mund in der Tür der Raststätte ‘Sachsenwald’ gestanden hatte. Er erinnerte sich daran, wie die Gespräche abrupt verstummt waren und wie alle ihn angestarrt hatten – angesteckt vom Schrecken, der ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben stand.
III - Aufbruch
Das stumme »I«
7. November, Albertinen-Krankenhaus, Hamburg, Deutschland
A ls Singer in dem Krankenhausbett erwachte, war es bereits heller Tag, vielmehr fast Mittag. Elf Uhr zweiundvierzig, verriet ihm ein Blick auf die leuchtend roten Ziffern der kleinen Digitaluhr auf dem Nachttisch. Im Gegensatz zum letzten Mal erwachte er an diesem Tag in einer wesentlich belebteren Unterkunft, wie ihm die gedämpfte Geräuschkulisse verriet, die vom Gang in sein Krankenzimmer drang.
Die Tür zu eben jenem Gang wurde schwungvoll geöffnet und ein Riese betrat den Raum. Der hünenhafte Körper des Mannes steckte in einem weißen Kittel, nicht unähnlich dem, den Singer noch vor Kurzem selbst getragen hatte, nur verfügte dieser über zwei Taschen an der Seite, aus der linken ragte ein
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