Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
sich bereits mit einem Sud aus Eiben umgebracht, zu grausam war das Schicksal, das ihn sonst erwartet hätte. Jetzt konnten sie ihn verhören, soviel sie wollten, aus ihm würden sie kein Wissen mehr gewinnen. Er war in großer Pein hinübergetreten ins Vergessen, und obwohl er wusste, dass er das Rad durchbrochen hatte und in die Leere gehen würde, hatte er nicht gezögert und gezagt, er hatte Tapferkeit bewiesen in dieser seiner letzten Stunde. Es war ein grausamer Trost für den jungen Priester, der einst eine Göttin geliebt hatte. Aber es war besser als gar kein Trost.
Das Kind unterdessen war in die Hände eines einfachen Zimmermanns und seiner Frau gelangt, die empfänglich schienen für die Lehren, die ihnen der Priester aus dem Buch vortrug. Sie nahmen das Kind gern in ihrer Familie auf, auch wenn sie arm waren und viel auf Reisen, so taten sie ihr Bestes, für den Kleinen zu sorgen und ihn im Kreise seiner Geschwister aufzuziehen, als wäre er ihr eigener Sohn. Es waren redliche Leute und treu dem Leben ergeben, auf ihre bescheidene Art.
Sie merkten bald, dass der fremde Priester nicht gelogen hatte, als er das Kind als etwas Besonderes bezeichnet hatte. Der Kleine wuchs rasch zu einem jungen Mann heran, der seinem Vater hilfreich zur Hand ging und viel schneller lernte als alle anderen Kinder. Lesen schien er überhaupt nicht lernen zu müssen, denn sobald er ein Buch aufschlug, erschloss sich ihm der Inhalt wie von selbst.
Als er vierzehn Jahre alt war, sprach er sämtliche Sprachen und Dialekte, mit denen die fahrende Familie zu tun hatte, fließend.
Bald darauf unterhielt er sich mit Priestern und Weisen, die ihn aufgrund seiner außergewöhnlichen Bildung und seiner glänzenden Schlussfolgerungen bald als einen der ihren ansahen. Man konnte spüren, dass dieser Junge von besonderem Geist erfüllt war. Später munkelte man sogar, er sei der Sohn eines Gottes.
Als der Junge sechzehn wurde, führte der Vater ihn in eine Ecke der kleinen Stube, die sie bewohnten. Dort stand ein Schrank, den der Vater vor Jahren selbst errichtet hatte. Er entriegelte einen Mechanismus und ein kleines Geheimfach kam zum Vorschein, in dem ein Buch verborgen lag. Der Vater selbst konnte es nicht lesen und die Zeichen darin waren ihm sämtlich fremd, doch der Junge verstand sie sofort. Sie brachten etwas in ihm zum Schwingen, so wie der Priester es vor Jahren vorausgesagt hatte.
Und er vertiefte sich in das Buch, für ganze drei Monate, während derer er keine Speisen zu sich nahm und keine Flüssigkeit. Und als er es gelesen und über das Gelesene meditiert hatte, war seine Wandlung vollzogen. Nun besaß er tatsächlich göttliche Gaben.
Bald darauf verließ der Junge den Haushalt des Zimmermanns und seiner Frau und sagte Lebewohl zu seinen Brüdern Jakobus, Josef, Judas und Simon. Er würde sie nie wiedersehen, denn seine Reise würde ihn schon wenige Jahre später an das Kreuz führen, an dem ihm ein grausamen Opfertod bestimmt war, wie er wohl wusste. Er ging dennoch.
Sein Tod würde das vorerst letzte Opfer der Atlantäer für eine Menschheit sein, die sich nicht mehr erinnerte, dass die Insel, von der Tharek und die seinen stammten, jemals existiert hatte. Und doch würde er etwas hinterlassen, etwas, das im Blut fortlebte – im Blut der Menschen. Denn dieser junge Mann hatte etwas erkannt, das die Atlantäer vergessen hatten; Dass der Schlüssel zur Weisheit in ihrer Verbreitung liegt und Macht nichts bedeutet, wenn sie an einer Stelle gehortet wird.
Und so ging der junge Mann und kündete ein letztes Mal aus dem Buch der Atlantäer und die Menschen besannen sich und hörten seine Lehre an, zumindest für eine gewisse Zeit. Er scharte Anhänger um sich, Getreue, die seine Lehren weitertragen würden, und
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