Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
hatten.
Nein, an so etwas wollte Martin gar nicht erst denken. Egal, wie gut die Techniker am Murnauer-Institut auch arbeiteten, sie würden sicher noch eine ganze Weile brauchen, um die Verschlüsselung seiner Server zu knacken – Hindernisse, die er ihnen in den Weg geschoben hatte, indem er seine Identität unter Myriaden von Zwiebelschalen im Netz versteckt hatte. Diese Kaskadierung kostete zwar Zeit und nicht unerhebliche Ressourcen, aber er hatte schließlich mehr als genug von beidem gehabt, seit Julias Tod vor fünf Jahren. Und jetzt würde sich zeigen, wie viel der ganze Aufwand letztlich wert gewesen war. Mit etwas Glück würden die Typen vom Institut nie herausfinden, wer er wirklich war und wo genau sein zentraler Server stand. Es bestand zumindest die Chance, dass er die Rechner doch noch rechtzeitig abgeschaltet hatte. Und selbst wenn sie inzwischen bei ihm aufgekreuzt waren, würden sie sich am Zugang zum Safe Room noch für ein paar Stunden die Zähne ausbeißen, wenn sie ihn denn irgendwann gefunden hatten. Seine Chancen waren also alles in allem gar nicht so schlecht. Theoretisch.
In Singers Fall sah die Sache freilich etwas anders aus. Dessen Steckbrief hing inzwischen sicherlich in jeder Zollstation im Großformat. In der Welt dort draußen hatte der angebliche Ökoterrorist immer noch das Leben von über tausend Menschen auf dem Gewissen. Zumindest war es das, was Murnauer die Öffentlichkeit glauben lassen wollte. Das Institut und seine geheimnisvollen Hintermänner waren schon allein deshalb verpflichtet, eine großangelegte Suche zu starten, um die Glaubwürdigkeit ihrer monströsen Lüge aufrechtzuerhalten.
Sie mussten Singer lediglich finden, bevor es jemand anderes tat. Und sie hatten eine Menge Vorteile auf ihrer Seite.
Und dann? Schulterzuckende Schuldeingeständnisse, ein paar Köpfe würden zum Schein rollen, um im darauffolgenden Jahr im Vorstand eines anderen Konzerns wieder aufzutauchen. Vor allem aber musste zunächst einmal der Hauptschuldige gefasst und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Natürlich ein durchgeknallter Einzeltäter, wieder einmal. Das vereinfachte stets die Ermittlungen. Und wenn die Sache etwas politischer wurde, dann handelte dieser Einzeltäter eben plötzlich im Auftrag einer ominösen Terrororganisation, die man eigens zu diesem Zweck aus dem Hut gezaubert hatte, samt Bekennerschreiben und dem Internetprotokoll, welches zeigte, wo sich der Täter die Baupläne für seine Bombe heruntergeladen hatte. Beides half, die Angst zu schüren, beides war nützlich. Das alte Spiel, wieder und wieder – und selbstverständlich spielten sie alle mit, bis ganz nach oben.
Diese Darstellung der Ereignisse würde im Laufe der Zeit dafür sorgen, dass außer den Angehörigen der Opfer und den » üblichen verdächtigen « Verschwörungstheoretikern schon in wenigen Wochen niemand mehr von den über tausend Leichen in einem geheimen unterirdischen Labor reden würde, und ebenso wenig von der potenziellen Gefährlichkeit derartiger privat finanzierter Forschungen.
Comedians würden wieder anfangen, ihre Witzchen zu reißen, inspiriert von den ersten geschmacklosen YouTube-Videos zur Katastrophe. Bald darauf wären die seichten Eskapaden durchtrainierter Fußball-Promis oder die nächste Staffel irgendeiner hirnlosen Reality-Show wieder das Hauptthema. Das Leben würde weitergehen. War alles schon tausend Mal passiert, keine große Sache.
Trotzdem, auch wenn mittlerweile eine Menge Leute und jeder deutsche Polizei- und Zollbeamte das Gesicht von Dr. Peter Singer kannte, suchten sie
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