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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nervenbahn blockierte, und erreichte das Schmerzzentrum.
    Wieder brüllte der Riese laut auf. Stalaktiten nahmen die Schwingungen auf und vibrierten wie Stimmgabeln, und der Windstoß seines Gebrülls blies den Drachen um, so daß er einen Purzelbaum vollführte und seine Zielgenauigkeit beeinträchtigt wurde. Der Rest seines Dampfstrahls schoß als senkrechter Geysir in die Höhe und versiegte schließlich.
    Hugo warf eine weitere Frucht – diesmal eine überreife Wassermelone. Weil sie zu schwer war, konnte er sie nicht weit genug werfen, und so fiel sie dem Riesen auf den Zeh und kühlte ihn.
    Ivy mußte einsehen, daß sie nicht sonderlich weit gekommen waren. »Denk dir was aus, Hugo!« rief sie. »Du bist doch so klug!«
    »Bin ich das?« Hugo hatte Schwierigkeiten, das zu glauben, vor allem früh am Morgen. Doch er entdeckte, daß er tatsächlich klüger war, als er geglaubt hatte, und so dachte er sich etwas aus. »Kirschen!« rief er. Immerhin hatten sie sich im Kampf gegen Fracto recht gut bewährt.
    Er schleuderte dem Riesen Kirschen entgegen, die mit hübschen roten Explosionen um ihn herum zu knallen begannen, doch waren sie zu klein, um einem Ziel von dieser Größe etwas anhaben zu können.
    »Ein Granatapfel!« sagte Hugo. Auch der hatte sich als sehr wirkungsvolles Obst erwiesen. So auch diesmal: Die Explosion setzte das Tierfell des Riesen in Brand. Der Riese, in der Schmerzwahrnehmung nun schon geübter, reagierte wesentlich schneller als beim ersten Mal und hüpfte wild umher, wobei er mit Faust und Keule nach den Flammen schlug.
    Im Laufe dieses Tuns beugte sich das Ungeheuer vor. Einen Augenblick lang blickten Riese und Drache einander in die Augen.
    Stanley ließ einen Dampfstrahl hervorschießen, der das Auge voll in der Mitte traf.
    »Auuuuuu!« schrie der Riese und klappte die Hände vors Auge, wobei seine Keule zu Boden fiel. »Ungh! Weh!«
    »Jetzt können wir fliehen!« rief Hugo froh. »Stanley hat ihn geblendet!«
    »Oh!« rief Ivy aus. Sie blieb stehen und musterte die Tränen, die zwischen den Fingern des Ungeheuers hervorquollen. »Armes Ding!«
    »He, wir müssen los!« sagte Hugo. »Bevor er uns wieder den Weg versperrt.«
    »Aber sein Auge!« erwiderte sie. Sie empfand Mitleid für jeden, der aus gegebenem Anlaß weinte. »Was, wenn es nun nicht besser wird?«
    »Na und? Wen kümmert es denn schon, was einem gemeinen alten Ungeheuer passiert?«
    Ihre Oberlippe versteifte sich rebellisch. »Mich kümmert das! Ich wollte ihm nicht wirklich weh tun!«
    Hugo wechselte einen verblüfften Blick mit dem Drachen, dem auch ein gewisser Ekel nicht fehlte. Sie empfanden diese weibliche Empfindsamkeit als ebenso unverständlich wie das Magierinnentalent. »Willst du dem Monster etwa auch noch helfen?«
    »Na ja, wenn er es doch nötig hat«, meinte Ivy. »Vielleicht nur so lange, bis sein Auge wieder heil ist.«
    »Ja, und dann frißt er uns auf!« sagte Hugo.
    Das konnte Ivy nicht mit Sicherheit widerlegen, also ignorierte sie die Bemerkung lieber. Sie wandte sich dem Riesen zu, der nun schweigend dastand und mit dem Augenlid klimperte, unter dem riesige Tränen hervorkullerten. »Tut es sehr weh, Riese? Das tut mir leid.«
    Der Riese wirkte ebenso überrascht wie Hugo und Stanley. »Ich? Sprichst du mit mir?«
    »Siehst du hier vielleicht noch irgendwelche anderen fetten, furchterregenden, einäugigen, haarigen Riesen herumstehen?« fragte Hugo sarkastisch.
    »Im Augenblick sehe ich gar nichts«, meinte der Riese und rieb sich mit einer schwieligen Faust das Auge.
    »Nicht, das darfst du nicht!« rief Ivy, die sich an die Mahnungen ihrer Mutter erinnerte. »Damit reibst du nur noch mehr Schmutz ins Auge, und alles wird noch schlimmer.«
    Sofort hielt der Riese inne. Anscheinend pflegte er auf die Stimme weiblicher Autorität zu reagieren. »Tut weh, wird aber heilen«, sagte er. »Ist früher schon schlimmer verbrüht worden und auch geheilt.«
    »Das freut mich«, sagte Ivy. »Wir wollten dir nicht richtig weh tun. Wir wollten nur fliehen, damit du uns nicht auffrißt.«
    »Warum ihr nicht gleich gesagt?« wollte der Riese wissen. »Ich nicht fresse Leute! Zu klein, schmeckt schlecht! Ich euch lasse gehen.«
    »Das glaube ich dir nicht«, erwiderte Hugo.
    »Ich nur gefragt, was macht in Höhle«, bemerkte der Riese, und sein Auge blinkte. »Warum gebt keine Antwort?«
    Nun tauschten Ivy und Hugo Blicke aus, dann sahen sie Stanley an, der nur mit dem ganzen Körper wogengleich zuckte.

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