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Drachenauge

Drachenauge

Titel: Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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man durch die Suche genug geeignete Aspiran—tinnen auftreiben konnte.
    Das Gegrummel der Drachen – Clisser nannte es
    ein pränatales Wiegenlied – erreichte eine beinahe
    unerträgliche Lautstärke, die sich noch steigerte, als die Schale des ersten Eis zersprang. Die Zuschauer waren vor Aufregung wie aus dem Häuschen, sprangen von den Sitzen hoch, weinten, fielen in den Gesang der Drachen ein. Während des eigentlichen Schlüpfvorgangs würden sie sich erfahrungsgemäß wieder beruhigen.
    Und so kam es dann auch. Bei drei Eiern fielen die
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    Splitter der Schalen nach außen; die Trümmerstücke, die die anderen Eier berührten, schienen deren Bersten auszulösen. K'vin zählte neun Drachen, sechs davon Grüne.
    In dieser Phase waren die Nestlinge sehr gefährlich; sie litten an Heißhunger, und ein paar der nächststehen-den Aspiranten wichen erschrocken zurück, als die frisch geschlüpften Drachen auf sie zu watschelten.
    Zwei Grüne schienen Jule anzusteuern, das blonde
    Mädchen aus Ista, das in einem Weyr geboren und groß geworden war.
    Jule, die für ihre Geistesgegenwart bekannt war,
    trat rasch neben ein Drachenjunges, und schon war die Prägung erfolgt. Drei der anderen Grünen guckten sich junge Burschen aus, die homosexuellen Neigungen frönten.
    Der letzte Grüne Drache befreite sich aus seiner
    Eischale, blieb indessen an seinem Platz hocken, wiegte den Kopf hin und her und fing jämmerlich an zu plärren.
    T'dam rief den restlichen Mädchen zu, sie sollten sich dem Grünen nähern. Ein brünettes Mädchen aus Ista näherte sich dem Tier, das sich wie erlöst in Bewegung setzte und der Kleinen entgegentappte.
    K'vin schluckte an dem Kloß in der Kehle. Er war zu-tiefst gerührt, denn in Augenblicken wie diesen erinnerte er sich stets an seine Prägung auf Charanth, und welchen Schock ihm dieser emotionsgeladene Vorgang versetzte. Es war ein erhebender Moment gewesen, als sich der liebevolle, starke Geist des Drachen mit seinem eigenen Wesen verknüpfte, und das Wissen, eins zu sein mit diesem herrlichen Geschöpf, hatte ihn bis ins Innerste seiner Seele erschüttert.
    Ja, du hast Recht, wir sind eins , mischte sich Charanth in seine Gedanken ein. Der Tonfall war rau, als erlebe auch er noch einmal die sowohl spirituelle als auch körperliche Ekstase der Gegenüberstellung. Obwohl Cha-88
     
    ranth zusammen mit den anderen Drachen hoch droben auf einem Felssims thronte, ›hörte‹ K'vin ganz deutlich seinen langgezogenen Seufzer.
    Lächelnd blickte Zulaya zu K'vin empor, wohl wissend, was sich derzeit in ihm abspielte. Tränen rollten über ihre Wangen, wie immer, wenn sie vom Zeremo-niell des Schlüpfens und Auserwählens ergriffen war.
    Flüchtig nahm K'vin wahr, was für einen prachtvol—
    len Anblick sie in ihrem Kleid aus rotem Brokat vor der golden schimmernden Drachenkönigin bot.
    Ungefähr ein weiteres Dutzend Eier platzten, und
    das wilde Gekreisch der ausgehungerten Jungdrachen
    hallte in der Bruthöhle wider. Die Schreie hatten etwas Durchdringendes, Herzzerreißendes an sich, wie die verzweifelten Rufe verirrter Seelen. Doch sowie ein Nestling seinen Reiter auserkoren hatte, hörte das gel-lende Geschrei auf und wurde abgelöst von einem sanften, säuselnden Gurren.
    Dieser zufriedene Laut steigerte sich jedoch rasch zu kläglichen Notrufen, die eindeutig ›Hunger‹ signali-sierten und beinahe noch ohrenzerreißender klangen als die schrille Kakophonie der frisch Geschlüpften. Wie immer, so zog sich auch nun wieder K'vins Magen in Hungerkrämpfen zusammen
    Die Geräusche während eines Schlüpfvorgangs waren einzigartig, fand K'vin. Zum Glück, denn menschliche Ohren hielten auf Dauer einen solchen Lärmpegel nicht aus. Hinterher fühlte man sich wie taub – als hätten die Trommelfelle unter dem akustischen Bombardement gelitten.
    Plötzlich bemerkte er gleich vor dem Eingang zur
    Brutstätte ein anderes, gleichfalls lautstarkes Gerangel.
    Angestrengt versuchte er zu erkennen, was dort vor
    sich ging, doch als er sah, wie T'dam bereits forschen Schritts zu dem Schauplatz eilte, widmete er sein Augenmerk wieder den letzten Gegenüberstellungen.
    Zwei braune und der letzte grüne Drache suchten noch 89
     
    nach einem Partner. Zwei Knaben steuerten mit wild
    entschlossenen Mienen auf den Grünen zu.
    Jählings wandte sich der Drache von ihnen ab und
    trottete resolut in Richtung eines Mädchens, das soeben erst die Kaverne betreten hatte. K'vin staunte nicht schlecht. Es

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