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Drachenauge

Drachenauge

Titel: Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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sie hatte sich eine so schwere Mus-kelzerrung zugezogen, dass man zuerst vermutete, das Bein sei gebrochen. Plath war außer sich gewesen vor Sorge, bis Maranis erklärt hatte, die Blessur sei halb so schlimm. Die anderen Mädchen hatten Angie geholfen, Plath zu pflegen.
    »Das passiert nun mal, wenn man ein Drachenreiter
    ist«, hatte T'dam geäußert. Doch auch er sprang ein, wenn immer Hilfe vonnöten war. »Später werdet ihr
    über solche Bagatellen lachen.«
    Der Raum, in dem Lord Chalkin saß, damit der kürzlich akkreditierte Künstler Iantine das Porträt des Burgherrn malen konnte, war wärmer als jede andere Kammer in der Festung; dennoch entfuhr dem Kunstschaf—
    fenden ein leiser Seufzer der Erschöpfung. Seine Hand verkrampfte sich und er fühlte sich zum Umfallen
    müde. Indessen hütete er sich, seinem widerwärtigen Modell auch nur das geringste Anzeichen von Schwä-
    che zu verraten.
    Wenn es ihm nicht gelang, dieses Konterfei schnellstmöglich zu beenden, steckte er vielleicht bis zum Frühling in diesem elenden Loch fest. Zum Glück war der erste Schnee, der bereits gefallen war, wieder geschmol-zen, und gleich nach Fertigstellung des Bildes würde er sich auf den Weg machen, noch ehe die Farbe trocken war. Und zwar mit den Marken, die man ihm als Honorar versprochen hatte!
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    Wieso er es sich zugetraut hatte, jedwedes Problem
    zu meistern, das im Zuge einer Auftragsarbeit entstehen konnte, vermochte er selbst nicht mehr zu sagen.
    Dabei hatte es an Warnungen nicht gefehlt; doch
    hauptsächlich hatte man ihm nahe gelegt, sich nicht auf Glücksspiele mit irgendwelchen Bitranern einzulassen, falls das Geld ihm locker säße. Allerdings waren die Mahnungen eher vage gewesen, man hatte sich nicht auf Details eingelassen.
    Wieso hatte Ussie ihm nicht erzählt, wie viele Leute der Burgherr von Bitra schon gefoppt hatte? Der Vertrag schien in Ordnung zu sein, die Bedingungen klangen vernünftig, dabei handelte es sich um ein Abkommen, wie es irreführender nicht sein konnte.
    Und er – in seiner Unerfahrenheit und Arroganz –
    war schlichtweg darauf hereingefallen. Dünkelhaft und von sich selbst eingenommen, hörte er nicht auf die klu-gen Ratschläge, die Meister Domaize in seinen Dickschädel hämmern wollte. Bis sein Lehrer es aufgab, ihn zu beeinflussen, denn Meister Domaize hielt eine Menge davon, einen jeden aus eigenen Fehlern lernen zu lassen – vor allen Dingen, wenn es dabei nicht um Kunst ging.
    »Bitte, Lord Chalkin, könnten Sie wohl noch einen
    Moment länger stillhalten? Ich möchte die günstigen Lichtverhältnisse gern nutzen«, bat Iantine, dem die Zuckungen in Lord Chalkins feisten Wangen lästig
    wurden. Der Mann litt nicht etwa an einem nervösen
    Tic oder etwas Ähnlichem, doch er vermochte genauso wenig ruhig auf seinem thronartigen Sessel zu sitzen wie seine Kinder.
    In einem Anflug von Boshaftigkeit überlegte Iantine, ob er das Zucken im Bild festhalten sollte – als Muskel-kontraktion – aber auch ohne derlei Faxen fiel es ihm schon schwer genug, Chalkin halbwegs passabel aussehen zu lassen. Die schlammbraunen, eng beieinander stehenden Augen schielten schräg über die fleischige 139
     
    Knollennase hinweg, die Iantine geschickt verkleinert hatte.
    Meister Domaize hatte seinen Studenten eingebläut,
    dass ein Porträtmaler rücksichtsvoll sein müsse, und Iantine pflegte ihm rigoros zu widersprechen. Er vertrat die Meinung, Realismus sei erforderlich, wenn der
    Kunde ein naturgetreues Bildnis wünsche.
    »Ein lebensnahes Porträt kann niemals realistisch
    sein«, dozierte der Meister in dem riesigen scheunenartigen Bau, wo der Unterricht stattfand. »Sparen Sie sich die Wirklichkeitstreue für Landschaften und historische Wandgemälde auf, nur nicht für Porträts. Keiner will sich so sehen, wie die anderen ihn wahrnehmen. Wer als Porträtist Erfolg verbuchen will, braucht Takt und Feingefühl.«
    Iantine erinnerte sich an die Diskussionen über Heu-chelei, und dass man der Eitelkeit der Menschen nicht noch Vorschub leisten sollte. Meister Domaize hatte über seine Halbbrille hinweggepeilt und nachsichtig gelächelt.
    »Diejenigen von uns, die begreifen, dass ein Porträtmaler ein guter Diplomat sein muss, finden ihr Auskommen. Die anderen, die die Wahrheit im Bild festhalten wollen, enden in einer Gildehalle und pinseln dekorative Muster an die Wände.«
    Als Lord Chalkins Angebot, Miniaturen seiner Kinder anzufertigen, im Institut Domaize eintraf, wollte so

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