Drachenblut
Schwächen durfte sie sich nicht leisten; sie wusste, dass der Rest des Weyrs sie beobachtete, und sie musste Haltung zeigen.
Auch dieses Mal würden ein paar Reiter nicht heimkommen, so wie Cârion beim letzten Mal verschollen war. Darüber machte sich Dalia nicht die geringsten Illusionen. Sie und Cârion â plötzlich spürte sie einen schmerzhaften Kloà im Hals â waren auf diese Art von Opfer vorbereitet gewesen, seit sie ihre Drachen für sich gewonnen hatten.
Sie hatten die Köpfe über den Berichten zusammengesteckt, nachdem Cârions Nidanth zum ersten Mal Bidenth beflogen hatte, und er dadurch zum Weyrführer aufrückte. Sie wussten, dass Drachen und ihre Reiter beim Kampf gegen die Fäden sterben konnten. An dieser Tatsache lieà sich nichts ändern, diesen Preis zahlte man für das Privileg, mit einem Drachen verbunden zu sein. Und das Opfer war nicht zu groÃ, wenn es darum ging, Pern davor zu bewahren, von den Fäden zerstört zu werden.
Dalia wandte den Blick von den Sternsteinen ab und sah die Leute an, die sich um sie scharten. Sie gewahrte Jassi, die auf sie zukam.
»Ich habe den Fellis-Saft aus den Vorratsräumen geholt«, berichtete Jassi. »Auch das Taubkraut müsste reichen.«
»Was ist mit den kranken Drachen?«
Jassi schnitt eine Grimasse und blickte zu Boden. »Bei zwei Tieren verschlimmern sich die Symptome.« Dann hob sie den Kopf und fügte munter hinzu: »Aber die anderen scheinen sich wacker zu halten.«
Dalia nickte brüsk. »Gut«, erwiderte sie. »Es wird Stunden dauern, bis der Fädenfall vorbei ist â ich schlage vor, wir kümmern uns um das Abendessen.«
»Dafür ist bereits gesorgt«, entgegnete Jassi. »Allerdings war ich mir nicht sicher, welche Weyrlinge losgeschickt werden sollen, um während des Fädenfalls für den Nachschub von Feuerstein zu sorgen.«
Dalia drehte sich um und machte sich auf den Weg zu den Weyrling-Kasernen. Vârel, der Weyrlingmeister, hatte darauf bestanden, im Kampf eingesetzt zu werden, und weder sie noch Jâlantir konnten auf einen kampfähigen Drachen und seinen Reiter verzichten. AuÃerdem waren Vârel und Piyolth noch jung und im Vollbesitz ihrer Kräfte. »Dann werden wir wohl gemeinsam die Entscheidung treffen müssen. Komm mit, Jassi, wir wollen mal schauen, wie die Dinge stehen.«
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Einhundertdreiundzwanzig Drachen gesellten sich zu dem Wachdrachen über dem Igen Weyr.
»ScheuÃliches Wetter!«, rief Jâlantir Bâlon zu, seinem Geschwaderzweiten.
»Wenn es wenigstens noch schlechter würde!«, schrie Bâlon zurück. Unter ihnen dehnten sich ausgedünnte, lockere Wolkenfelder. Der Himmel darüber war von hohen, sturmgesträhnten Zirruswolken bedeckt. Bâlon reckte den Finger in die Höhe. »Glaubst du, die Luft da droben ist so kalt, dass die Fäden erfrieren?«
Jâlantir verrenkte sich den Hals, um nach oben zu spähen. »Könnte sein«, meinte er. »Aber wir sollten uns lieber nicht darauf verlassen.«
Ein Geräusch hinter ihnen lenkte sie ab.
Mâkir hat Fäden gesichtet, meldete Lolanth; gleichzeitig drehte er den Kopf nach hinten und riss die Kiefer auf, um sich mit Feuerstein füttern zu lassen. Jâlantir öffnete einen Sack und stopfte die phosphinhaltigen Brocken in den weit aufgesperrten Rachen.
Gib die Nachricht an die anderen weiter, befahl Jâlantir. Seine wachsamen Augen suchten den Himmel ab, und dann entdeckte er zwischen den fedrigen Zirrusfeldern die dünnen, silbern glänzenden Fäden. Was für ein Schlamassel, dachte er.
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Kâtan suchte Kindan am Abend auf. Früher am Tag hatten sie sich gesehen, als sie verletzte Drachen versorgten und mit Bânik überlegten, in welchen Teilen des Weyrs sie nach den Räumen forschen sollten, die ihre Vorfahren angelegt hatten. Danach stöberte Kindan an den höchsten Felsenzinnen des Weyrs herum. Nun machte er einen frustrierten, niedergeschlagenen Eindruck.
»Kein Glück gehabt?«, fragte Kâtan der Form halber.
Kindan schüttelte den Kopf. »Nein. Und du?«
»Ich habe mehr Zeit mit Patienten verbracht als mit Suchen«, erklärte Kâtan. Er beugte sich näher an den Harfner heran. »Ich möchte dich nur daran erinnern, dass Ista gegen die Fäden kämpfen wird.«
Kindan
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