Drachenblut
uns einen Jungen gebracht«, antwortete das Mädchen und riss die Tür auf, sowie sie hörte, dass Windblüte nach der Klinke griff. »Er wurde attackiert!«
Windblüte erschrak. Sie lieà sich nichts anmerken, doch innerlich begann sie zu zittern. Der Ausdruck auf dem Gesicht des Mädchens verriet ihr, wer der Angreifer war. Und dann sprudelte es nur so aus der Jugendlichen heraus: »Von einem Wachwher!«
Windblüte trat durch die Tür und ging an der Auszubildenden vorbei, die sie um Haupteslänge überragte. »Bring meine Tasche!«
Das Mädchen zauderte, weil sie nicht wusste, ob sie die zerbrechliche alte Frau die Treppe hinunter begleiten oder dem Befehl Folge leisten sollte.
»Meine Knochen sind noch nicht so mürbe, dass ich nicht mehr allein laufen kann!«, beschied Windblüte das Mädchen. »Und jetzt hol meine Tasche!«
Â
In dem Hospital gab es nur einen einzigen sterilen Raum. Er war zu dürftig eingerichtet, um als Operationssaal bezeichnet zu werden, aber er war akribisch sauber.
Windblüte vergegenwärtigte sich, wie sich die davor versammelten Personen gruppierten: Ihre Tochter und ein Musiker standen nebeneinander,
Mâhall und ein Mann, der ihr bekannt vorkam, bildeten die nächste Gruppe, und die dritte bestand aus zwei Assistenzärzten.
Die beiden Ãrzte blickten hoch, als sie eintraf, doch es war Mâhall, der zuerst das Wort ergriff. »Lady Windblüte, meine Mutter erzählte mir, du seist die Beste, wenn es darum ginge, Wunden zu vernähen.«
Wann hat dieser Blödsinn mit »Lord« und »Lady« eigentlich angefangen?, dachte Windblüte gereizt.
»Wie geht es dem Patienten?«, wandte sie sich an Latrel, den einen Assistenzarzt.
»Der Patient hat tiefe Fleischwunden im Gesicht, am Hals und am Bauch«, antwortete der prompt. Windblüte sah, wie aschfahl der Mann war, und dass er sich ständig nervös die Lippen leckte, enthielt sich indes jedes Kommentars. Latrel hatte sich schon um viele Schwerverletzte gekümmert â offenbar handelte es sich hier um einen viel ernsteren Fall. »Er ist ein zehn Jahre alter Junge. Man hat die Schmerzen mit hohen Dosen von Taubkraut und Fellis-Saft gelindert, und vor dem Abflug von Burg Benden wurde er zum Schutz gegen die Kälte im Dazwischen warm eingepackt. Der Puls ist schwach und unregelmäÃig; Anzeichen von Schock und Blutverlust. Janir versucht gerade, ihn zu stabilisieren â¦Â«
Windblüte unterbrach ihn mit erhobener Hand und trat an das groÃe Waschbecken vor dem sterilen Raum. Sie krempelte die Ãrmel auf. »Zieh mir einen Kittel an, und dann werden die Hände geschrubbt.«
Latrel nickte und holte sterile Kittel aus einem eigens dafür bestimmten Schrank. Nachdem Windblüte den Kittel angezogen hatte, wusch sie sorgfältig ihre Unterarme und Hände, um sie von möglichst vielen Krankheitskeimen zu säubern. Zwischendurch bedeutete sie Latrel, er möge mit seinem Bericht fortfahren.
»Wir können seine Blutgruppe nicht bestimmen â¦Â«
»Er hat Null positiv«, warf der Mann ein, der neben Mâhall stand.
Windblüte drehte sich um und sah ihn an; ihre Miene verriet Interesse.
»Ich habe unsere Blutslinien zurückverfolgt; es kann nur Null positiv sein«, bekräftigte er.
Windblüte verglich seine Züge mit dem Bild eines Jungen, den sie vor langer Zeit gekannt hatte. »Peter Tubberman«, stellte sie fest.
Bei dem Namen zuckte der Mann zusammen. »Ich nenne mich jetzt Purman«, berichtigte er. »Der Junge ist mein Sohn.«
Windblüte runzelte die Stirn. Kurz nach der Gründung der Kolonie in Landing hatte sich Ted Tubberman als ein gefährlicher Renegat entpuppt. Er brachte Materialien und Ausrüstung beiseite, um auf eigene Faust biologische Experimente durchzuführen; bei einem dieser riskanten Abenteuer kam er ums Leben, als Peter noch sehr jung war. Windblüte konnte verstehen, dass Peter einen anderen Namen angenommen hatte, um nicht ständig mit seinem Vater in Verbindung gebracht zu werden
»Purman. Weinanbau in Benden«, murmelte sie. »Modifizierte Reben, nicht wahr?« Ohne die Antwort abzuwarten, richtete sie das Wort an den anderen Assistenzarzt. »Bereitet Purman für eine Bluttransfusion vor.«
Dann wandte sie sich wieder an Latrel. »Du hast die alten Nadeln doch aufgehoben, nicht wahr?« Als
Weitere Kostenlose Bücher