Drachenblut
gelegt zu werden.«
Sie legte eine Pause ein, ehe sie weiter sinnierte: »Es muss damit zu tun haben, auf welchem Weg sich die Krankheit verbreitet.« Sie stand auf und stellte sich neben Kindan vor die Tür, um noch einmal die Schrift darauf zu lesen.
»Sprich dieses Wort
Und öffne die Tür
Im stolzen Weyr zu Benden.
Denn an diesem Ort
Zeige ich dir
Das Mittel, um die Not zu beenden.«
»Tja«, murmelte Kindan, während er die rätselhaften Verse anstarrte. »Das ist noch nicht einmal die gruseligste Strophe, die, die mir am meisten Sorgen bereitet.«
Lorana schielte ihn von der Seite her an, und er begann zu singen:
»Tausend Stimmen in der Nacht,
Tausendfaches Klagen.
Tausend Ãngste sind erwacht,
Tausend Hoffnungen begraben.«
Während er sang, weiteten sich Loranas Augen vor Angst, und sie fröstelte.
»Was hast du?«, fragte Kindan und legte seine Hand auf ihre Schulter. »Lorana, fehlt dir was?«
Aber Lorana hörte nicht mehr, was er sagte.
»Dâgan, neeiin! «, kreischte sie.
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Dâgan spähte ein letztes Mal über die Schulter und betrachtete die in korrekter Formation aufgereihten Drachen des Telgar Weyrs. Unter ihm schüttelte sich Kaloth in einem krampfartigen Hustenanfall. Er sah, dass Kârem sich ihm zuwandte und ihn aufmerksam ins Auge fasste. Voller Ungeduld, endlich in den Kampf gegen die Fäden zu ziehen, befahl Dâgan seinem Drachen, den Weyr ins Dazwischen zu führen.
In dem Moment, als die bittere Kälte des Dazwischen sie einhüllte, spürte Dâgan, wie Kaloth abermals so heftig hustete, dass sein ganzer gewaltiger Leib bebte.
Es dauert nicht mehr lange, beruhigte er seinen Drachen. Wieder verkrampfte sich Kaloth und hustete erbärmlich. Dâgan nahm sich vor, Kaloth beim nächsten Einsatz vielleicht doch lieber nicht mitzunehmen, sondern ihm Schonung zu gönnen. Sollten Dânal oder Lârat die Führung übernehmen â das Training würde ihnen gut tun.
Wieder gab Kaloth ein blubberndes Husten von sich. Ein eisiger Schauer rann über Dâgans Rücken, viel kälter als der gnadenlose Frosthauch des Dazwischen.
Die Reise durch das Dazwischen dauert nur so lange, wie man braucht, um dreimal zu husten, fiel Dâgan die alte Faustregel der Drachenreiter ein.
Kaloth hatte dreimal gehustet.
Und jetzt hustete er schon wieder! In diesem Augenblick erkannte Dâgan, dass er einen Fehler gemacht hatte.
Sämtliche Drachen des Telgar Weyr waren ins Dazwischen eingetaucht.
Die Weyr! Man muss die Weyr warnen!, dachte Dâgan in fassungslosem Entsetzen, ehe er das Bewusstsein verlor.
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Dâlin schluckte hart, als er zusah, wie die Drachen von Telgar im Dazwischen verschwanden. Er hatte fleiÃig trainiert, um sich die Chance zu verdienen, endlich zu einem Kampfeinsatz mitgenommen zu werden. Bald, dachte er, würde der komplette Weyr über dem Hochland von Crom wieder im Normalraum auftauchen, bereit, die tödliche Bedrohung, die vom Himmel fiel, mit Flammengarben zu versengen.
Aseth drehte ihm seinen gewaltigen Kopf zu und sah seinen jugendlichen Reiter aus blitzenden Facettenaugen an. Nicht mehr lange, dann kommt auch unsere Zeit.
Natürlich, stimmte Dâlin voller Inbrunst zu. Er wollte nicht, dass sein wunderschöner Aseth auf den Gedanken käme, er sei vielleicht nicht der vollkommenste Drache, der je auf Pern aus einem Ei geschlüpft war.
Ich kann sie nicht hören, dachte Aseth kurz darauf und reckte forschend den Hals.
Dann schien die ganze Welt zusammenzubrechen. Dâlin fühlte sich,
als hätte ihn jemand mit voller Wucht in den Magen geboxt und ihm gleichzeitig einen heftigen Schlag gegen die Stirn versetzt. Eine Welle aus Angst und Schmerzen überwältigte ihn.
Die Weyr! Man muss die Weyr warnen!, hörte Dâlin eine Stimme in seinem Kopf. Es kam ihm vor, als spreche die Stimme seine eigenen Gedanken aus. Aseth gab ein heiseres Bellen von sich, mit dem er seinem Schrecken und seiner Wut Luft machte. Ohne nachzudenken sprang Dâlin auf seinen Drachen und drängte ihn, aus dem Kraterkessel herauszufliegen.
Benden ist der am nächsten gelegene Weyr, schoss es Dâlin durch den Kopf. Vor Tränen, die seine Wangen hinabströmten, konnte er kaum etwas sehen.
Los, Aseth, bring uns ins Dazwischen! Ãbermannt von Hoffnungslosigkeit und Kummer, aber getrieben vom Mut der
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