Drachenblut
verdeutlichen.
»Die Stahlklaue packt meinen Arm und schleift mich davon. Mit einer übermenschlichen Anstrengung gelingt es mir aber, meinen Schutzhelm aus der Ferne in Richtung des Kontrollpultes zu werfen und den Notschalter zu treffen. Eine Sekunde später, und mein Arm wäre gnadenlos …«
»Ruhe im Saal!« Hank hieb mit seiner Faust auf den Tisch. Das überzeugte Stanley. Er murmelte noch ein, zwei Sätze, um seiner Geschichte ein würdiges Ende zu verpassen, Fred schaute ganz unbeteiligt nach vorne, wo Hank Blitze in ihre Richtung schleuderte, und die Versammlung konnte endlich fortgesetzt werden.
»Hat also jemand eine brauchbare Idee?« Hank ließ seinen Blick über die Versammlung schweifen.
Stanley stach mit dem Finger in die Luft. Sein Zeichen galt allerdings der Bedienung, die hinter Hanks Rücken ihren Kopf zur Tür hereinstreckte, um sich nach dem Befinden der Versammlungsteilnehmer zu erkundigen. Stanley deutete auf sein leeres Glas.
Hank erspähte den erhobenen Arm, wunderte sich noch über die Meldung, Stanley hatte doch sonst nie etwas Konstruktives von sich zu geben, und erteilte ihm widerwillig das Wort. »Stanley?«
»Wie bitte?«
»Wir hören.«
»Wie?« Stanley wusste nicht, was los war.
»Dein Vorschlag!« Hank wurde ungeduldig und zwang sich zur Höflichkeit. Stanley hatte manchmal eine besondere Gabe, ihm auf die Nerven zu gehen.
»Welcher Vorschlag?« Angestrengt versuchte sich Stanley daran zu erinnern, um was es zuletzt eigentlich gegangen war.
Hank verdrehte die Augen, er hatte es geahnt. Warum war er eigentlich immer nur von Nieten umgeben?
Um sich erst einmal Luft zu verschaffen, ließ Stanley seinen Arm langsam sinken und kratzte sich am Hinterkopf. Die anderen starrten ihn erwartungsvoll an. Während sein Gehirn auf Hochtouren arbeitete, schwebte die Bedienung wieder aus dem Raum. Stanley fragte sich ernsthaft, ob sie seine Bestellung registriert hatte. Hank trommelte mit den Fingern auf das Rednerpult und ließ sich zu einem boshaften Grinsen hinreißen. Einen solchen Triumph konnte man ja nicht alle Tage auskosten. Stanley stellte fest, dass er ziemlich in der Falle saß, und das war ihm sichtlich unangenehm.
»Nun, der Plan …« Unter den Blicken des Kollektivs schrumpfte Stanley zu einem Häufchen Elend zusammen, doch ein plötzlicher Geistesblitz veränderte die Situation schlagartig zu seinen Gunsten. »Eine Falle!«
Ein Raunen ging durch die Menge und Stanley war wieder im Rennen.
»Vielleicht sollte man eine Falle stellen!«
Hank wurde unwirsch. »Eine Falle? Wozu eine Falle?«
»Nein, ich meine natürlich keine richtige Falle. Morgen ist doch Mittwoch, nicht war?«
Das traf zu.
»Deine Frau geht doch jeden Mittwoch abends zum Kegeln. Wie wäre es denn, wenn wir sie alle mit einem Besuch überraschen würden? Dann könnten wir gemeinsam die Geburtstagsfeier nachholen, und du könntest behaupten, alles schon immer so geplant zu haben.«
»Na ja, die Idee ist vielleicht nicht übel«, musste Hank zugeben. Auch von den anderen hatte niemand einen besseren Vorschlag anzubieten. Selbst Rex zerrte zustimmend an seiner Leine, und während Stanley entspannt zusammensackte und sich nach einem Bier sehnte, arbeitete Hank den Plan detailliert aus, als wäre er seinem eigenen Hirn entsprungen.
»Großartig, wir verstecken uns also im Haus und tun so, als wäre niemand da. Wenn sie dann vom Kegeln kommt, ist die Überraschung groß! Wirklich ausgezeichnet! Treffpunkt ist um zehn Uhr in meiner Wohnung. Damit dürfte alles klar sein, oder?«
Elvis meldete sich zu Wort und stellte noch die Frage, die alle interessierte. »Sag mal, Hank, wie alt ist denn deine Frau eigentlich geworden?«
Hank war entrüstet. »Findest du nicht, dass das eine ziemlich indiskrete Frage ist?« Mit dieser Antwort täuschte er darüber hinweg, dass er von seiner Gattin selbst seit vielen Jahren schon über ihr wahres Alter im Unklaren gelassen wurde, und wahrscheinlich war das auch besser so. »Also, dass mir keiner zu spät kommt!« Mit dieser Ermahnung entließ Hank seine Mitstreiter, bevor sie noch mehr überflüssige Fragen stellen konnten.
29
Virgil schlenderte gemütlich durch die nächtlichen Straßen der Stadt. Heute Abend hatte er nichts Besonderes vor, er war den ganzen Tag vor dem Computer gesessen, hatte
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