Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low

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den Pfeil in den Hinterkopf bekommen hatte, fiel auf den Ruderer, der vor ihm saß. Die Ruderer auf dieser Seite kamen ins Stottern, das Boot trieb seitwärts, und Kveldulf wirbelte herum, brüllend vor Wut.
    »Wieder einer am Haken, Fisch«, schrie Finnlaith, aber Fisch machte ein düsteres Gesicht.
    »Das kommt mich teuer zu stehen – das war Milka, und der schuldete mir noch Geld«, schimpfte er.
    Kveldulfs Leute waren noch damit beschäftigt, sich kampfbereit zu machen, als Fisch vier seiner letzten fünf Pfeile abschoss, von denen drei trafen. Bei jedem Mann, der fiel, schrie er hinüber: »Mich einfach zurücklassen, was? Das sollt ihr mir büßen! Mich einfach zurückzulassen …«
    Jetzt wusste ich, dass Kveldulf keine Bogenschützen hatte, und ich sagte Fisch, er solle aufhören zu schießen und
den letzten Pfeil nur an die Sehne legen, damit sie nicht merkten, dass wir nur noch den einen hatten.
    »Gut«, knurrte Finn und zog seinen Eisennagel aus dem Stiefel. »Jetzt geht es Arm gegen Arm und Klinge gegen Klinge – und wir sind schließlich die Eingeschworenen.«
    Letzteres hatte er herausgebrüllt, und hinter ihm schlugen die anderen mit ihren Waffen auf die Bordkante oder was sie noch an Schilden hatten. Ich ergriff meine Zimmermannsaxt und drehte den Rücken sorglos Kveldulf zu, der brüllend und fluchend seine Mannschaft zurückbeorderte, damit sie ihren Bug näher an unseren heranbrachten. Sie waren nicht mehr als einen Speerwurf entfernt.
    Sie sahen mich an, sogar Thorgunna, die zu meinen Füßen saß. Ich warnte sie, dass das nicht der sicherste Platz für sie sei, ehe ich mich wieder meiner bösartig grinsenden Mannschaft zuwandte und sie daran erinnerte, was und wer wir waren. Dann, falls irgendjemand immer noch Angst vor dem Nachtwolf haben sollte, erinnerte ich sie daran, dass wir noch nie einen Beweis für seine angeblichen Taten gesehen hätten.
    »Und im Übrigen«, schloss ich, »ich bin Orm, der Töter des weißen Bären – was ist dagegen schon ein Wolf!«
    Darauf folgte wieder ein ohrenbetäubendes Gebrüll, und als ich mich umdrehte, fiel mir auf, dass Kveldulfs Männer sich verunsichert ansahen. Kveldulf dagegen stand im Bug und fuchtelte mit dem Schwert, und bei diesem Anblick stieß Finn ein böses Knurren aus, tief und unheimlich.
    »Kvasirs Schwert.«
    Vor langer Zeit hatten wir drei Waffen nordischer Herkunft gefunden, die arabische Piraten erbeutet hatten. Ich hatte eins behalten und Finn und Kvasir ganz ähnliche gegeben, perfekte Klingen, deren Herkunftsmerkmale direkt
unter der Oberfläche im Metall zu lesen waren. Man nannte sie »Vaegir« – Wellenschwerter. Finn hatte seine Klinge den »Godi« genannt, und er hatte sie noch immer. Ich hatte meine längst verloren. Kvasir war mit seiner Klinge in der Hand gestorben, und jetzt wussten wir, wer sie ihm abgenommen hatte.
    »Hol es zurück«, sagte eine Stimme, und Thorgunna kroch mühsam unter die Beplankung im Bug.
    »Geh ans andere Ende«, sagte ich, aber Krähenbein schob sich zwischen uns, wie er es schon einmal getan hatte, und lenkte Finn und mich ab.
    »Keine Geschichten diesmal, junger Prinz«, sagte Finn ernst. »Ich glaube nicht, dass der Nachtwolf so viel Geduld mit uns hat.«
    Krähenbein nickte, dann zeigte er auf das schwarze Band des Flusses, über dem der Nebel hing. »Mein Onkel kommt«, sagte er.
    Da hatte er recht, wie jeder sehen konnte. Ein zweites schwarzes Schiff kam hinter Kveldulf um die Biegung des Flusses, das Klatschen der Ruderblätter hörte sich an wie die Füße eines Läufers. Im Bug, die Silbernase glänzend in der Morgensonne, die endlich durchgedrungen war, stand Sigurd, der Kveldulf mit lauten Flüchen bedachte.
    Die Männer des Nachtwolfs, die nicht wussten, ob sie sitzen und rudern oder aufstehen und kämpfen sollten, befiel ein großes Unbehagen. Ich erinnerte mich an Klerkon auf dem Marktplatz von Nowgorod, als ich auf einer Seite erschien und Finn auf der anderen. A fronte praecipitium, a tergo lupi hatte er gesagt – vor mir der Abgrund, hinter mir Wölfe. Jetzt saß der Wolf selbst in der Falle.
    Unsere Schiffe lagen jetzt sehr nahe beieinander, nicht mehr als anderthalb Mannslängen voneinander entfernt. Finn biss auf seinen Nagel und stieß ein Triumphgeheul
aus, und Kveldulfs Fell sträubte sich, wie bei einem Wolf, der er ja sein wollte.
    Er war mutig und stark und geschickt, dieser Kveldulf. Er wäre ein guter Gegner im Kampf gewesen, wenn man nicht immer damit hätte