Drachenboot
gedrungen.«
»Was ich von meiner Hose nicht sagen kann«, murrte Hauk, der sich gerade den Weg zum anderen Ende des Decks bahnte. Gisur lachte und schlug Onund auf seine gesunde Schulter, dass das Wasser nur so aus der Wolle spritzte. Onund brummte und machte sich schwankend auf, um Bilgen und Ballaststeine zu prüfen.
Gisur blickte übers Wasser. Er konnte es lesen, wie ein guter Jäger eine Fährte liest, und ich sah zu, wie er einen Holzspan über die Seite warf und, indem er ihn beobachtete, unsere Geschwindigkeit schätzte. Zwei Stunden später hatte sich der Seenebel aufgelöst, und Lambi Ketilsson, der wegen seiner Eitelkeit auch »der Schöne« genannt wurde, stand im Bug und deutete laut rufend in die Ferne.
Schwarze Berggipfel wie Hundezähne. Gisur strahlte, alle jubelten.
»Jetzt kommt der schwierige Teil«, erinnerte Finn die Männer, und das Lachen erstarb.
Kurz darauf fing es an zu schneien.
Die Dämmerung hing wie ein silberner Schleier über Svartey, der Schwarzen Insel. Wir lagen etwas oberhalb von Klerkons Lager, wo bereits der Rauch aufstieg und sich ein paar Gestalten zeigten. Ihre Bewegungen waren langsam und träge, als seien sie gerade aufgewacht.
Ich sah zwei Sklaven, die zum Waldrand stolperten und sich hinhockten, ein anderer holte Holz. Die Menschen im Lager furzten und reckten sich einem neuen Tag entgegen, und wir waren schon mindestens eine Stunde hier und hatten bisher noch niemanden gesehen, den man als Mann hätte bezeichnen können, lediglich Frauen und Sklaven. Klerkon hatte sich ein Haus aus Weidengeflecht gebaut, um das sich kleinere windschiefe Hütten scharten, die man ohne große Umstände im Frühling verlassen konnte.
Ich sah zu Finn hinüber, der grinsend auf seinem großen römischen Nagel herumkaute, den er stets bei sich trug, um nicht aufzuheulen wie ein Wolf, was er normalerweise vor einem Angriff tat. Speichel tropfte ihm vom Mund, und seine Augen blickten wild.
Wir hatten darüber gesprochen, als die Fjord Elk noch durch den grauen, mit Schnee durchsetzten Nebel fuhr und das schwarze Wasser dick und zäh wie Haferschleim aussah.
»Das Wasser will gefrieren«, brummte Onund, und Gisur gebot ihm zu schweigen, denn er horchte mit geneigtem Kopf nach Untiefen, da es hier Schären gab. Hin und wieder ließ er einen schrillen Pfiff los und wartete auf das Echo, das die Klippen zurückwarfen. Die Männer ruderten langsam und vorsichtig.
»Wir sollten mit Klerkon sprechen«, sagte ich zu Finn. »Es wäre besser, wenn wir Thordis ohne Blutvergießen zurückholen könnten.«
Finn knurrte. »Wir sollten ihn und seine Männer möglichst schnell erledigen, denn sie sind in der Überzahl. Wenn wir erst anfangen zu verhandeln, verlieren wir unseren Vorteil und sind ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.«
»Klerkon könnte Thordis trotzdem umbringen, auch wenn wir wie sie sofort angreifen«, gab Kvasir zu bedenken, und ich gab ihm ein Zeichen, leiser zu sprechen, denn wir hatten die Köpfe zwar dicht zusammengesteckt, aber es war kein großes Schiff, und Thorgunna war in der Nähe.
»Nein«, sagte Finn, »Ich glaube, er wird sie als Geisel behalten, wenn es für ihn eng wird. Er will unbedingt das Geheimnis um Attilas Grab erfahren, und lebendig ist sie wertvoller für ihn.«
Es war allerdings wahrscheinlicher, dass es für uns eng werden würde, denn wenn Klerkon leicht zu überwältigen gewesen wäre, hätte ich es bereits in Gunnarsgard getan. Dort hatte keiner von uns beiden genügend Männer für einen sicheren Sieg gehabt. Doch hier, in seinem eigenen Lager, hatte er wahrscheinlich sehr viel mehr. Ich sagte es
nicht laut, denn das wäre keine Hilfe gewesen, und wir waren ja nicht gekommen, um an Klerkons Strand Muscheln zu suchen.
Es dauerte nicht lange, bis Bewegung in die Mannschaft kam. Ein paar leise gezischte Kommandos, dann knirschte der eichene Kiel der Elk auf den Kiesstrand von Svartey.
Sklaven und Frauen blieben zurück, sie waren im Kampf nutzlos. Auch Gisur und Onund blieben da, denn sie waren zu wichtig für das Schiff, als dass ihr Leben riskiert werden durfte. Wir anderen nahmen unsere Waffen, prüften die Riemen der Schilde und zogen unsere Kettenhemden an, soweit wir darüber verfügten.
Im dunklen Morgengrauen sahen sie grimmig aus, wie sie glitzernd vom Reif dastanden, bärtig, die Helme auf dem wirren Haar und grinsend wie Wölfe vor dem entscheidenden Angriff. Hauk Schnellsegler zog Pfeil und Bogen allen anderen Waffen vor,
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