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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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und drängten sich hinein, warfen ihr Gepäck ab und zündeten Feuer an, während die Dorfbewohner mit mürrischen Gesichtern ihre Hilfe anboten.
    Ich ging über den Dorfplatz zur Hütte des Dorfältesten, wo sich natürlich der Prinz einquartiert hatte, zusammen mit den wichtigsten Männern aus seinem Gefolge.
    »Wir befinden uns vier Tagesmärsche von Kiew«, sagte Dobrynja leise und zeigte auf die Karte, während er zusammen mit Wladimir, Sigurd und mir an einem Ende der Hütte saß, wo wir berieten, wie es weitergehen sollte. Nach
Wladimirs Ansicht war es ganz einfach, und er erklärte es uns, indem er mit seinem kleinen Dolch auf die Karte zeigte. »Wir ziehen weiter, so bald wie möglich.«
    »Wir sollten hierbleiben«, entgegnete Sigurd, und das war vernünftig. Bis hierher hatten wir dreimal so lange gebraucht, wie es im Sommer gedauert hätte, wo wir uns einfach den Fluss hinab nach Kiew hätten tragen lassen. Aber natürlich konnten wir jetzt nicht nach Kiew gehen; selbst vier Tagesreisen östlich davon waren wir Wladimirs unberechenbarem Bruder Jaropolk schon zu nahe, sowie den beiden Männern, denen ich am allerwenigsten begegnen wollte – Sveinald und seinem Sohn mit dem eingedrückten Gesicht.
    »Wir werden von hier so viel an Vorräten und Futter mitnehmen, wie wir können«, sagte der junge Prinz mit seiner hohen Knabenstimme, »und ziehen dann in Richtung Don. Morgen, spätestens übermorgen, aber keinen Tag später.«
    »Und was wird aus den Dorfbewohnern, mein Prinz?«, fragte Dobrynja. Wladimir runzelte die Stirn, er wusste, wenn wir ihnen alles wegnahmen, war ihr Schicksal besiegelt.
    »Wir bezahlen sie dafür«, sagte Olaf. Die beiden Prinzen sahen sich an und nickten. Jeder wusste genau, was das bedeutete, denn die Dorfbewohner konnten sich nicht von Hacksilber ernähren.
    Das wusste auch Kowatsch, der Dorfälteste. Er trat vor den jungen Prinzen, die speckige Pelzmütze in der Hand und den Kopf gesenkt, wie es sich gehörte. Aber trotz all seiner Unterwürfigkeit war er wie eine Weide, er beugte sich im Wind, blieb aber standhaft. Es gab Vorräte, aber sie waren versteckt, und er hatte nicht die Absicht, uns zu erzählen, wo sie waren. Danach zu suchen hätte auch
keinen Sinn gehabt, nicht in dieser unwirtlichen Schneelandschaft.
    »Weißt du überhaupt, wen du vor dir hast, Alter?«, fragte Dobrynja streng und deutete auf den blassgesichtigen Wladimir, der mit zusammengekniffenen Lippen dasaß. Doch Kowatsch hatte klirrende Winter, glutheiße Sommer und blutige Kriege überlebt, er ließ sich von jemandem wie Dobrynja oder einem schmollenden Knaben nicht einschüchtern. Selbst Sigurds silberne Nase nötigte ihm kaum mehr als einen zweiten Blick ab.
    »Ich dachte, es sei mein Prinz«, erwiderte er ruhig, »der junge Jaropolk, der auf mein Bitten hergekommen ist, aber jetzt sehe ich, dieser Knabe ist zu klein.«
    »Dies ist sein Bruder Wladimir, der Prinz von Nowgorod«, sagte Sigurd barsch. Der Dorfälteste nickte, und die Furchen auf seiner Stirn wurden noch tiefer.
    »Ist das so? Nun ja … Aber wenn ihr nicht auf mein Bitten hergekommen seid, dann frage ich mich, warum ihr zu dieser Jahreszeit hier in der Steppe seid.«
    »Das geht dich nichts an«, fuhr Dobrynja ihn an. »Es muss dir genügen, dass wir hier sind, und du musst uns sagen, was wir wissen wollen.«
    »Nun gut«, antwortete Kowatsch, »aber wenn das so ist, dann denke ich, dass der Prinz von Nowgorod, der gewiss ein guter Junge ist, etwas verlangt, was eigentlich seinem Bruder gehört. Und ich frage mich, ob sein Bruder davon etwas weiß.«
    Ich musste leise lachen, denn seine Augen waren schlau wie die eines Fuchses, als er mich jetzt ansah. Wladimir wurde rot und presste die Lippen noch fester zusammen.
    »Du hast überhaupt nicht zu denken«, schnauzte er den Mann an, obwohl seine Stimme dabei kiekste, was die Wirkung etwas beeinträchtigte.
    Es war ganz sinnlos. Kowatsch würde nicht nachgeben, selbst wenn ich ihn, seine Tochter und seine ganze Familie verkehrt herum aufhängen und mit dem Messer der Wahrheit behandeln würde, das hinten in meinem Gürtel steckte. Er war ein Fels von einem Mann, wie die meisten seines Volkes, und man konnte seinen Mut nur bewundern.
    Außerdem waren dies tatsächlich nicht Wladimirs Ländereien, und er konnte hier nicht machen, was er wollte, ohne den Zorn seines Bruders auf sich zu laden.
    »Worum genau habt ihr gebeten?«, fragte ich, und alle sahen mich an. Kowatsch zog fragend die

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