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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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Bumsen.«
    »Geisterhafte Geächtete fehlen mir gerade noch«, brummte ich, und stumm rätselten wir weiter darüber, ob Kowatsch und die Dorfbewohner uns nicht vielleicht nur einen riesigen Bären aufgebunden hatten.
    Schließlich beendete der rote Njal unser Debatte. Schwerfällig erhob er sich und seufzte.
    »Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als zu tun, was man von uns erwartet«, sagte er. »Aber langsam und mit Bedacht. Die Sonne bewegt sich auch, ohne dass man es merkt, und doch überquert sie an einem Tag die ganze Welt, wie meine Großmutter immer sagte.«
    »Ich wünschte, deine Oma würde jetzt auch für mich losziehen«, knurrte Finn zurück.
    Wir hatten entschieden, dass Kvasir, Finn und ich uns aufmachen sollten, dazu Sigurd und etwa ein Dutzend seiner Männer, alle bewaffnet und mit Rüstung, außerdem sollten Morut und Avraham mitkommen. Jon Asanes schmollte wieder einmal, weil ich ihn nicht mitnehmen wollte, aber er hatte ja selbst zugegeben, dass er kein großer Kämpfer sei.
    »Aber Olaf darf mit«, sagte er mürrisch. Krähenbein durfte mit, weil sein Onkel Sigurd ebenfalls mitkam und ich über ihn nicht bestimmen konnte, aber das wollte Jon nicht einsehen. Krähenbein spöttelte, dass es ihm ja nur um Wladimirs wohlwollendes Lächeln gehe, worauf Jon rot vor Zorn hinausstürmte.
    In die Hände blasend und stampfend traten wir hinaus zu unseren Pferden. Wir alle wollten reiten, nur Finn machte ein skeptisches Gesicht, er ritt höchst ungern, und da half es auch nichts, dass ich mich leicht und locker in den Sattel schwang und lachend auf ihn hinunterblickte.
    »Pass auf dich auf«, sagte Thorgunna zu Kvasir und zog ihm den Umhang dichter um den Hals. »In dem Sack am Sattelknopf ist Gebäck und Käse und der Rest vom Fleisch. Ach ja, und auch ein Schlauch mit Bier. Ihr werdet wohl nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurückkommen, also pack dich heute Abend gut ein.«
    »Ist ja schon gut, Frau«, wehrte er sich gegen ihre Fürsorge, doch es klang nicht grob. Missmutig kletterte Finn in den Sattel, dann warf er Krähenbein einen wütenden Blick zu und sagte streng: »Dein dämlicher Köter bleibt aber hier.«
    Krähenbein nickte, denn ich hatte ihm bereits klargemacht, dass der Elchhund zurückbleiben musste. Er
wurde angebunden und jaulte hinter uns her, als wir durch das Haupttor ritten und uns in einem Halbkreis dem Fluss näherten, von besorgten Blicken begleitet. Einer der Dorfhunde lief ein Stück mit, bis er einen erfrorenen Vogel fand, der auf dem Weg lag.
    Der Fluss war zugefroren, und der Schnee trieb über das Eis. Wir überquerten ihn dort, wo sonst eine flache Furt war, ohne auch nur einen Riss im Eis zu hinterlassen. Dann ritten wir hinaus in das unebene verschneite Marschland, und bald waren die Palisaden des Dorfes hinter uns nur noch eine undeutliche dunkle Linie in der Ferne.
    Die Marsch glitzerte, bei Tauwetter wäre sie ein unberechenbares Terrain aus Sumpf und Gräben gewesen – unpassierbar, wie Krähenbein bemerkte, wenn man nicht, wie diese Wassermänner, geheime Wege kannte.
    »Geächtete«, korrigierte Kvasir und rieb sein tränendes Auge. An diesen Gedanken klammerten wir uns, als wir durch das scharfe Riedgras ritten und auf einen Felsen zuhielten, der immer dunkler wurde, je näher wir kamen.
    Die Sonne schwebte wie ein riesiger Blutstropfen über dem Rand der Welt, und unsere Schatten wurden lang. Mit jeder Meile, die wir zurücklegten, kam uns der schwarze Fels bedrohlicher vor. Von ihm ging etwas Unheimliches aus, dass es uns kalt über den Rücken lief.
    In seiner Nähe standen Gruppen kahler Bäume, die ihre nackten Krallen in den Himmel reckten. Im Sommer wäre hier alles grün, und der Fels wäre sanft gerundet – doch jetzt sah es aus, als hätte Jormundgand, der Weltendrache, einen Teil seines Panzers durch die Erdkruste gedrückt und dabei eine Schuppe verloren.
    »Ein idealer Schlupfwinkel für Geächtete«, bemerkte Kvasir, der ein dickes Stück Brot kaute und kleine Steinchen ausspuckte.
    Beim Näherkommen hörten wir merkwürdige Töne, es klang wie Glocken, die unter Wasser läuteten. Meine Nackenhaare stellten sich auf, wir griffen alle nach unseren Waffen und ritten langsamer, wobei wir uns immer wieder vorsichtig nach allen Seiten umsahen. Finn stieg vom Pferd; er wollte nicht vom Sattel aus kämpfen, außerdem hatte er schon so lange über seinen wunden Hintern geklagt, dass ich besser darüber Bescheid wusste als seine eigene Hose.
    Bald

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