Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
Vom Netzwerk:
anderen folgten ihm und hatten auch bald die Höhle erreicht, die genau so war, wie Gesilo sie beschrieben hatte. Sie war zu dunkel, um sehen zu können, wie tief sie war, aber sie wurde immer enger, konnte also keine Bärenhöhle sein. Sie war gerade hoch genug, dass sie darin sitzen und ein Feuer anzünden konnten. Es wurde dunkel,
aber sie waren ganz guter Dinge, denn sie glaubten sich in Sicherheit, und sie hatten ein großes Feuer.«
    Kvasir warf ein Stück Holz in das unsere, worauf Funken stoben und Flammen aufflackerten, sodass einige der Männer zurückwichen. Verlegen grinsend setzten sie sich wieder zurecht, als Krähenbein weitererzählte.
    »Schließlich ging ihnen das Holz aus, und sie zogen Lose, um zu bestimmen, wer im Dunkeln hinausgehen und neues Holz holen sollte. Einer – wir wollen ihn Orm nennen – zog den kürzesten Halm. Widerwillig verließ er das Feuer und machte sich auf in die Dunkelheit.«
    »Also, das ist eine Lüge«, brummte Kvasir. »Ich kann mich nicht erinnern, dass Orm jemals Holz geholt hat oder Wasser oder sonst etwas …«
    »Ich bin schließlich der Jarl, du Hundearsch«, gab ich zurück. Ich wollte mich ein bisschen streiten, damit Olaf endlich mit seiner Geschichte aufhörte – aber Krähenbeins Erzählungen waren wie die verzauberte Salzmühle, die das Meerwasser salzt – wenn er einmal angefangen hatte, war er nicht mehr aufzuhalten.
    »Orm ging los«, fuhr Krähenbein fort. »Die Bäume schienen nach ihm zu greifen wie Krallen, also beschloss er, so schnell wie möglich so viel Holz aufzusammeln, wie er konnte, und in die Höhle zurückzukehren, die er hoch über sich leuchten sah. Dann hörte er ein schreckliches, mahlendes Geräusch. Als er sich umdrehte, sah er einen Felsentroll, groß wie ein Haus. Ein Mensch, ganz aus Steinen gemacht. Als er sprach, klang es wie eine Steinmühle, und er wollte wissen, was Orm hier machte und warum er seinen alten Großvater verärgert hatte. Orm war verwirrt, entschied aber, dass es nicht klug wäre, Schätze zu erwähnen, also sagte er, er sammle Feuerholz, was ja wohl nicht weiter schlimm sei, und wie könne das seinen Großvater verärgern? Der große
Felsentroll hob die Faust, und es war klar, dass er Orm in den Erdboden rammen wollte. Orm, der nicht weglaufen konnte und sich verloren glaubte, fragte abermals, warum das Sammeln von Feuerholz den Großvater des Trolls verärgern könne. Dann hörte man einen Schrei, der Feuerschein oben in der Höhle erlosch, und das Schreien seiner Freunde verstummte. Wieder gingen die großen Steinfäuste hoch, um Orm zu zerschmettern, und das Steingesicht grinste wie eine Felsspalte. Ihr hättet das Feuer nicht in seinem Mund anzünden sollen, antwortete der Troll.«
    Es war still geworden, und diejenigen, die den großen dunklen Felsen im Rücken hatten, duckten sich unwillkürlich, als fühlten sie den Atem im Nacken. Jetzt erinnerten sich alle wieder, dass er tatsächlich wie ein Kopf ausgesehen hatte, wie er sich da aus dem glitzernden Marschland erhob, mit der schütteren Baumgruppe, wie der Schädel eines Sklaven.
    Avraham lachte über Gesilos betroffenes Gesicht. »Ich hab dir ja gesagt, dass es dir nicht gefallen würde.«
    Noch weniger gefiel es Gesilo und den anderen am nächsten Morgen, als es langsam hell wurde und die Bäume im gespenstischen Morgenlicht aussahen wie dürre Hände. Keinem von uns war besonders wohl zumute.
    Der Fels war nicht höher als ein paar hundert Schritte, aber in der flachen, weiten Ebene kam er uns vor wie ein Berg mit tiefen Rissen und Spalten, als hätte einer von Krähenbeins Trollen ihn mit einer Steinaxt bearbeitet. Wir alle bewegten uns vorsichtig und sprachen im Flüsterton.
    Krähenbein stand da, wie immer in seinen weißen Pelzumhang gewickelt, den Kopf auf die Seite gelegt, als lausche er, während die Männer sich wie Schatten bewegten und zusammenzuckten, wenn die Pferde stampften oder zu laut schnaubten.
    Natürlich musste ihn jemand fragen.
    »Was hörst du?«
    Krähenbein sah den Sprecher an, einen bärtigen Riesen namens Rulaw, der sein großes Pferd am Zaum hielt.
    »Nichts«, sagte er. »Keinen Ton.«
    Das war richtig, doch nachdem er es gesagt hatte, merkten wir alle plötzlich, wie unnatürlich still es hier war. Kein Windhauch, kein Flügelschlag eines Vogels. Die Männer murmelten etwas und machten Abwehrzeichen.
    »So ein feiger Haufen«, sagte Sigurd düster, aber er warf auch seinem Neffen einen strafenden Blick zu. Morut

Weitere Kostenlose Bücher