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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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hatte Morut die Quelle der Geräusche entdeckt. In einem der kahlen Bäume hing der gebleichte Schädel einer Kuh, und an ihm baumelten weitere Knochen, die mit Pferdehaar angebunden waren. Im Wind bewegten sie sich und stießen gegeneinander, aber die starken, mutigen Männer der Druschina rutschten unruhig in ihren Sätteln herum und machten Abwehrzeichen, bis Sigurd sie anschnauzte, sie sollten aufhören, sich wie Weiber zu benehmen.
    »Die Zeichen der Geächteten«, brummte Finn spöttisch. Kvasir sagte nichts, er sah sich nur nach hinten um, wo die Sonne zitternd am Rand der Welt stand. Sein Gesichtsausdruck reichte mir völlig, und schon der bloße Gedanke, die Nacht hier verbringen zu müssen, ließ meine Gedärme revoltieren.
    Trotz allem, wir hatten keine Wahl, immerhin war genug Holz da. Es lag aber nicht nur an der Kälte, dass wir unser Feuer so groß wie möglich machten und ständig wachsam um uns blickten. Der Mond war groß und rund wie ein Mühlstein, und am Himmel waren so viele Sterne, dass man sich unwillkürlich duckte wie unter einem Torbogen.
    »Oben in der Finnmark gab es einmal eine Gruppe von Männern«, sagte Krähenbein und starrte ins Feuer, »die wollten nach den Schätzen der Trolle suchen.«
    Ich hatte jetzt keine Lust auf eine seiner Geschichten, denn die hatten meist eine unangenehme Spitze, deshalb bat ich ihn, damit aufzuhören. Doch er sah mich nur mit seinen merkwürdigen zweifarbigen Augen an und zog seinen schmutzig weißen Umhang fester.
    »Lass doch den Jungen erzählen«, brummte einer der Slawen, ein großer Kerl mit einem platten Gesicht, der Gesilo hieß. Seine Kameraden in der Druschina nannten ihn Bezdrug, was so viel wie »Ohne Freund« heißt, und man spürte auch, warum.
    »Es wird dir nicht gefallen«, sagte Avraham, aber Gesilo knurrte nur. Krähenbein räusperte sich.
    »Es waren also drei Männer, die wussten, dass die Felsentrolle in der Gegend immer hinter Gold und Silber her waren und es horteten, und sie dachten, es wäre doch eine gute Sache, wenn sie auch etwas davon hätten. Einer von ihnen – nennen wir ihn Gesilo – sagte, das sei leicht, denn Felsentrolle würden sich am Tage in Stein verwandeln und nur bei Nacht zum Leben erwachen. Es sei also ganz leicht, man könne sie ausrauben, wenn sie versteinert waren, und gegen Abend wäre man schon über alle Berge.«
    »Ein kluger Plan«, stimmte Gesilo zu. »Der Mann hat den richtigen Namen, denn diesen Plan hätte ich mir auch ausgedacht.«
    Er stieß seinen Nachbarn an, der aber nicht lachte.
    »Die drei Freunde zogen weit nach Norden zum Dovrefjell«, fuhr Krähenbein fort. »Sie sahen viele Felsbrocken, die wie versteinerte Trolle aussahen, aber bei keinem von ihnen zeigte sich auch nur die Spur eines Schatzes, und es wurde immer schwerer, irgendwo eine Stelle für ein Nachtlager zu finden, an der keine solchen Felsbrocken lagen.
    Nachdem sie ein paar Nächte so verbracht hatten, wollten
die beiden anderen umdrehen, aber Gesilo deutete auf einen großen, kahlen Hügel. Dort oben ragte ein Fels auf, der ganz von kahlen Bäumen umstanden war. Er war sicher, dass sie dort Trollschätze finden würden.«
    Alle, die zuhörten, rutschten unruhig auf ihren Plätzen herum, und es war nicht schwer, den Grund zu erraten: Krähenbein hatte genau den Ort beschrieben, an dem wir uns jetzt befanden. Ich wollte dem kleinen Wicht sagen, er solle endlich seine vorlaute Klappe halten, aber ich brachte es nicht fertig. Wie ein Mann in einem Langschiff, das auf den Rand der Welt zusteuert, konnte ich das Ruder weder in die eine noch in die andere Richtung lenken, weil ich sehen wollte, was jenseits des abfallenden Wassers lag.
    »Die drei Freunde brauchten den ganzen Tag, um zu diesem Berg zu kommen«, fuhr Krähenbein mit seiner hellen Kinderstimme fort. »Es wurde schon dunkel, als sie ihn erreichten, es war ein großer schwarzer Felsbrocken, voll kahler Bäume und umgeben von weiteren großen Steinen und Felsen, von denen viele verzauberte Trolle sein konnten. Die beiden anderen meinten, es könne gefährlich werden, denn es gab nirgendwo ein Versteck, und sobald es dunkel sei, würden die Trolle wütend angestampft kommen. Aber Gesilo kletterte an der steilen Seite des Felsens hoch und rief den anderen zu, auf halber Höhe sei eine Höhle, und wenn einige dieser Felsen vielleicht Trolle seien und zum Leben erwachten, dann würden sie auf keinen Fall in diese Höhle passen. Damit war es entschieden. Die beiden

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