Drachenboot
auch, sich hineinzudrängen, aber die Katze Martin fauchte, bis der reiche Mann die Hunde vertrieb, sodass er allein mit der Katze in dem großen, bequemen Bett schlief. Der Dieb wartete geduldig, bis der alte Mann und seine Tiere anfingen zu schnarchen. Dann schlich er sich hinein und stahl das Amulett. Am nächsten Morgen wachte der alte Mann auf und merkte, dass das Amulett weg war. Er barg das Gewicht in den Händen und weinte. ›Ich bin ruiniert. Ruiniert! Und ich bin zu alt, um den Dieb zu verfolgen.‹«
»Klingt wie Thorkel«, sagte ich, und er warf mir einen wütenden Blick zu. Olaf legte eine Hand auf meinen Arm, und ich war still.
»Da fühlte der reiche Mann etwas Nasses auf seinen Handrücken, und er sah, dass seine Katze und seine Hunde ihn leckten. Er legte einem nach dem anderen die Hand auf den Kopf. ›Werdet ihr meine starken Beine sein und hinter ihm herlaufen?‹ Sie bellten zustimmend. Der alte Mann sah Martin, die Katze, an. ›Wirst du mein kluger Kopf sein und das Amulett suchen?‹ Und die Katze miaute ergeben. Also gingen die treuen Tiere los. Sie suchten im ganzen Land, von Aldeigjuborg bis zur Großen Stadt, vom Land der Liven und Esten bis in die wilde Steppe der chasarischen Juden und noch weiter, selbst dort, wo die Seide herkommt. Mit Klugheit und Geschick schlugen sie sich durch. Die Hunde schnüffelten überall nach Dingen, die
die Menschen hinausgeworfen hatten. Manchmal mussten sie mit den anderen Bettlern darum kämpfen, aber die Meute war stark und gewann immer – und sie teilten alles mit der Katze. Die Katze lernte, durch Fenster zu springen und Essen zu stehlen. Und oft aß Martin das meiste davon gleich im Haus und brachte den Hunden nur die Reste. Schließlich hörten die Tiere von einem reichen Mann, der plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht war und auf der anderen Seite des Dnjepr-Stroms lebte. ›Ihr Hunde seid stark genug, um mich zu tragen‹, sagte die Katze. ›Einer muss mich auf den Rücken nehmen.‹ Der stärkste von ihnen war dazu bereit. ›Aber grabe deine Krallen nicht zu tief ein‹, warnte er und duckte sich. Die Katze sprang auf seinen Rücken, der Hund schlüpfte ins Wasser, und der Rest der Meute folgte ihnen. Doch der Fluss war so kalt und reißend, dass der Hund bald müde wurde. ›Ich schaffe es nicht‹, stöhnte der Hund, der blutete, denn die Katze hatte ihre Krallen nicht eingezogen. ›Dann muss ein anderer weitermachen‹, sagte die Katze. ›Denkt an zu Hause. Denkt an unser köstliches Essen und an die weichen Pelze. ‹ Also nahm der nächste Hund die Katze auf den Rücken, bis auch er zu müde war, und danach der nächste. Auf diese Weise erreichten sie schließlich das andere Ufer, und die Hunde kletterten erschöpft an Land. ›Jetzt das Amulett‹, sagte die Katze, die überhaupt nicht müde war. Sie rannte den Hang hinauf, ohne auf die müden, nassen Hunde zu warten. Inzwischen war Martin, die Katze, sehr geschickt darin geworden, sich in Häuser zu schleichen. Lautlos kroch sie in dieses vornehme Haus und versteckte sich hinter einem prachtvollen Sessel. Der Dieb kam herein, in einer seidenen goldbestickten Robe. Um den Hals trug er das Amulett an einer Goldkette – aber er war nicht so unvorsichtig wie der alte Mann, er hatte immer
zwei Leibwächter dabei. Als die Katze das Haus verließ, konnte sie gerade noch rechtzeitig die Hunde stoppen, die angekommen waren und hineinstürmen wollten. ›Wir werden eure Kraft und meine Klugheit brauchen, um das Amulett zurückzubekommen‹, erklärte sie. ›Wir tun alles für den alten Mann‹, sagten die treuen Hunde. Sie warteten, bis der Dieb im Garten einen Spaziergang machte, da sprangen die Hunde aus dem Gebüsch, warfen die erschrockenen Leibwächter zu Boden und stürzten sich auf den Dieb. ›Haltet sie!‹, rief der Dieb verzweifelt. Die Leibwächter konnten ihre Schwerter nicht gebrauchen, weil sie ihren Herrn damit verletzt hätten. Stattdessen versuchten sie, die Hunde von ihm wegzuzerren. Es gab einen erbitterten Kampf. Mitten in diese Rauferei hinein schoss eine Katze, schnell wie ein Pfeil. Sie setzte sich auf die Brust des Mannes und stemmte die Pfoten auf das Kreuz. Als der Mann danach griff, biss sie seine Hand, sodass er sie zurückzog. Im Stillen sprach die Katze ihren Wunsch: ›Dein Wunsch, mein Wunsch, ich möchte jetzt mit dem Amulett zu Hause sein.‹ Als die Katze anfing, unsichtbar zu werden, fingen die Hunde an zu bellen. ›Warte – warte auf uns‹,
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