Drachenboot
Elster auf einem Baum dort drüben gesehen, dann kam ein Rabe dazu, und sie saßen eine Weile zusammen da und haben uns beobachtet. Dann hat der Rabe die Elster weggejagt.«
Rabe – Elster? Ich hörte es wie aus weiter Ferne. Der Junge redete wirres Zeug. Oder war ich nur einfach verwirrt?
Er sah meinen Blick und lachte, seine Lippen waren blau in dem vor Kälte weißen Gesicht. »Die Elster ist Hels Vogel, sie ist wie ihr Gesicht, halb hässlich, halb schön. Der Rabe gehört Odin, und seine Botschaft ist unmissverständlich … Odin wird nicht zulassen, dass Hel uns heute etwas anhaben kann.«
»Wenigstens kein unwürdiger Tod«, brachte ich mit klappernden Zähnen heraus.
»Wenn die Nornen es weben«, sagte Olaf, »gar kein Tod.«
Thorkel versuchte gerade, das Pony rückwärts in die Deichsel zu führen, und wollte es anschirren, als ein Schrei ertönte, schrill und hoch, wie von einer Frau.
Drumba drehte sich halb um, und der Pfeil traf ihn hoch oben in der Schulter. Thorkel, der immer noch das Pony festhielt, wurde besser getroffen, direkt zwischen den Schulterblättern. Doch er zuckte kaum zusammen, blieb nur stehen und sah sich wütend um.
Die Reiter tauchten auf wie Gespenster, die weißen Laken, mit denen sie sich und die Pferde verhüllt hatten, fielen
jetzt von ihnen ab wie Leichentücher. Diese Tücher hatten sie vor uns verborgen, der Schnee hatte ihre Geräusche geschluckt, und jetzt brachen sie aus dem kleinen Birkenwäldchen hervor und galoppierten mit einem Schwarm von Pfeilen auf uns zu.
Heg floh laut schreiend und verschwand im Schneegestöber. Ein weiterer Pfeil traf auf Thorkels Brust, der Aufprall ließ ihn zurücktaumeln, und er ließ das Pony los, das sich vor Angst aufbäumte und am Zaumzeug riss.
Sie waren völlig lautlos, diese Reiter. Lautlos und gewandt wie Katzen duckten sie sich, richteten sich wieder auf und wirbelten herum, um den Ansturm der Pfeile nicht zu unterbrechen, während sie uns umkreisten und ihre Pferde im lockeren Schnee antrieben.
Thorkel knurrte wie ein wildes Tier und zog sein Schwert – der steif gefrorene Pelz, den er anhatte, schützte ihn so gut wie ein Kettenhemd gegen die Pfeile, und er wirbelte bald in die eine, bald in die andere Richtung, von Pfeilen gespickt wie ein riesenhafter Igel. Drumba tat einen letzten erstickten Schrei, als ein weiterer Pfeil seine Brust durchbohrte und die Spitze am Rücken wieder heraustrat. Stöhnend brach er im blutig roten Schnee zusammen.
Der Wind heulte, wie ich erst jetzt merkte. Krähenbein zog an meinem Umhang, und ich sah, dass er zu meinen Füßen kauerte, aber das angstvoll wiehernde Pony, der Wind und das Gebrüll der Männer übertönten jeden anderen Laut, und ich sah nur, dass er seinen Mund bewegte.
Jemand warf sich gegen mich, fuhr wieder zurück und wollte wieder fortrennen, wobei er sich im letzten Moment umdrehte, um mich aus einem Mund mit schwarzen, verfaulten Zähnen zu verfluchen.
Ich griff nach ihm, bekam auch etwas zu fassen und
hörte ihn aufschreien. Dann spürte ich einen scharfen Schmerz am Schienbein, der mich aufheulen ließ, und etwas Dunkles flog in hohem Bogen und landete neben mir im Schnee – ein großer Lederschuh mit harter Sohle. Dann riss etwas, und ich fiel rückwärts hin, wobei ich das Stück Stoff noch immer festhielt, aber ich wusste, Martin war mir entkommen.
Das Pony war jetzt fast irrsinnig vor Angst, es bäumte sich auf und schlug aus. Der Schlitten fiel auf die Seite, wurde nochmals umgedreht und blieb schließlich, die Kufen nach oben herum, liegen. Das Zaumzeug war gerissen, und das Pony trottete davon.
Krähenbein lag auf den Knien und fing an, im Schnee zu graben, während ich mit dröhnendem Kopf und völlig benommen dalag und der Schmerz von dem Tritt gegen das Schienbein mir Wellen von Übelkeit verursachte.
Jetzt sah ich erst, wie dunkel es geworden war. Das Geheul kam inzwischen nur noch vom Wind, die berittenen Krieger waren undeutliche Gestalten im Schneetreiben, die sich kaum zu bewegen schienen. Ich war gerade aufgestanden und kniete im Schnee, als einer der Krieger aus dem Schneegestöber auftauchte, den Bogen verhüllt, aber mit einem Krummschwert in der Hand.
Ich hörte ein paar schrille Schreie, als er das Schwert hob und es niedersausen ließ, ich riss das Bündel hoch, das in meiner Nähe lag, und hörte, wie die Klinge mit Wucht darauf prallte, sodass es mir fast aus der Hand gerissen wurde und ich wieder im Schnee landete. Der Reiter
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