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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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stimmte ein Triumphgeheul an, drehte sein Pferd um und beugte sich herunter, um mir den Todesstoß zu versetzen.
    Da kam Thorkel aus dem Schneetreiben, er schwang sein Schwert, und mit einem mächtigen Hieb holte er den Reiter aus dem Sattel. Brüllend und wild um sich hackend,
versetzte Thorkel dem gefallenen Reiter eine Reihe weiterer Hiebe, von denen eine ganze Anzahl abprallten weil er in seiner wilden Wut sowohl mit der flachen Klinge wie mit der Schneide zuschlug.
    »Hier rein, Jarl Orm«, rief Olaf und zog mich am Bein. »Hier rein!«
    Er hatte den Schnee unter dem Schlitten ausgegraben, wie die versenkte Tür eines isländischen Toft, und während ich mich in Bewegung setzte, hatte Thorkel es gesehen und kam auf mich zu, von Pfeilen gespickt, die ihm bisher anscheinend nichts hatten anhaben können.
    Doch dann war Thorkels Glück zu Ende, wie immer. Er war drei Schritte von mir entfernt, als der letzte Pfeil aus dem Schneesturm gepfiffen kam, offenbar aufs Geratewohl von den bereits abziehenden Reitern geschossen. Er traf ihn im linken Auge und trat über seinem rechten Ohr wieder heraus, zusammen mit Knochensplittern und schwarzem Blut. Die Wucht riss ihn herum, und er fiel, mit einem letzten verzweifelten Schrei, der das Unglück verfluchte, das ihn sein Leben lang verfolgt hatte.
    Ich robbte verzweifelt durch den Schnee, während die Dämmerung in schwarze Mitternacht überging, und wurde von Olaf förmlich in den Schutz unter dem Schlitten gezerrt. Hier lag ich lange Zeit im Dunkeln, keuchend und vor Schmerz jammernd, während der Sturm mit einer Macht durch die Ritzen pfiff, die den Schlitten erzittern ließ.
    Eine ganze Weile sagten wir nichts. Ich schlief ein, oder vielleicht verlor ich auch das Bewusstsein, denn als ich wieder aufwachte, merkte ich, dass Krähenbein nicht untätig gewesen war, nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit hier unten gewöhnt hatten. Der Wind heulte noch immer, und der Schnee drang durch die Ritzen, doch nicht
mehr so stark wie vorher, denn jetzt hatte er sich draußen angehäuft.
    Krähenbein hatte drei Bündel vor die Öffnung gelegt, die er ausgeschaufelt hatte, damit wurde der Wind etwas abgehalten. Als sich meine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten, sah ich, dass einer der Säcke geplatzt war und Roggen herauslief.
    »Na also«, sagte ich mühsam, »wir haben Korn, und mit dem Schnee haben wir auch Wasser. Wenn wir ein Feuer hätten, könnten wir Fladenbrot backen.«
    »Wenn wir Fleisch und Soße hätten, könnten wir ein Festmahl halten«, erwiderte er. Dann grinste er. »Aber wir haben noch etwas altes Brot und sogar noch ein paar Streifen getrocknetes Fleisch, also werden wir nicht verhungern. Dauern diese Stürme lange, Jarl Orm?«
    Ich machte eine vage Geste. Ich wusste es nicht, doch hielt ich es für besser, es nicht zuzugeben – denn trotz seiner erstaunlichen Talente war Olaf doch erst neun Jahre alt, und seine Stimme hatte sehr zaghaft geklungen.
    Ich kaute Brot und aß Schnee dazu, dann legte ich etwas Schnee auf mein schmerzendes Schienbein und wünschte mir, ich könnte sehen, wie schlimm es war. Martin, dieser elende Schuft, hatte mich getreten – aber er hatte dabei seinen Schuh verloren. Er war irgendwo dort draußen und höchstwahrscheinlich schon tot. Ich hoffte, dass er langsam erfroren war, angefangen mit seinem nackten Fuß, mit dem er die Haut von meinem Schienbein abgeschürft hatte.
    Jetzt erinnerte ich mich wieder an mein Bündel und zog es herüber. Der Schwerthieb, den ich damit abgewehrt hatte, hatte die Riemen durchschlagen und das Vadmaltuch zerfetzt, also wickelte ich es aus. Fast erwartete ich, Martins heilige Lanze darin zu finden, aber es war mein Runenschwert,
und mir wurde klar, dass der Mönch es ebenfalls gestohlen hatte. Es stellte einen Teil des Pakets für Sveinald dar – ich und das Runenschwert, das Geheimnis des Silberschatzes.
    Ich staunte über das Odin-Wunder, dass ich es zurückbekommen hatte.
    »Das ist das Schwert, das du aus Attilas Grabhügel mitgebracht hast«, sagte Krähenbein und sah es neugierig an. Ich drehte es in der Hand, betrachtete den wunderschön gearbeiteten Griff mit den eingeritzten Runen und staunte, wie die Klinge selbst in diesem schwachen Licht glänzte, es sah aus wie ein Regenbogen, wie geölt mit der Runenschlange, die sich die Klinge entlangzog.
    »Hat es Zauberkräfte?«, fragte er und streckte die Hand aus. Doch auf halbem Weg hielt er inne, dann zog er seine Hand zurück. Er sah mich

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