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Drachenei

Drachenei

Titel: Drachenei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert L. Forward
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sich die Menschen dem Neutronenstern näherten, wurden die Wächtersonden aktiver. Sie schoben, zogen und drängten die beiden größeren Asteroiden, bis sie sich einander genähert hatten. Sobald sich die ultrastarken Gravitationsfelder der beiden Asteroiden berührten, flogen sie in wahnsinniger Geschwindigkeit aneinander vorbei und dann auf stark elliptischen Umlaufbahnen in entgegengesetzten Richtungen davon. Monate später würden sie sich an einem Punkt, der sehr viel näher an dem Neutronenstern lag, wieder treffen.

Vulkan
    Zeit: 14:44:01 Mittlere Greenwich-Zeit, Sonntag, 22. Mai 2050
    Gebrochenes Blatt ließ seinen lang gezogenen Körper durch die unregelmäßigen Reihen der Pflanzen fließen und tastete dabei mit seinen Fühlern vorsichtig die Schwellungen der reifenden Samenschoten an den Unterseiten jeder Pflanze ab. In seinem Unterbewusstsein zählte er die Schoten, aber nicht in Zahlenbegriffen, denn seine gesamten mathematischen Kenntnisse bestanden aus: eins, zwei, drei – viele.
    Aber auch wenn Gebrochenes Blatt nicht zählen konnte, war er doch sehr wohl in der Lage, Mengen miteinander gleichzusetzen. Er wusste zum Beispiel, dass eine Menge, die viele Schoten zu sein schien, nicht genug war, um den Clan zu ernähren, denn der Clan hatte viele Mitglieder, und alle waren immer hungrig. Während er sich dahinbewegte und tastete, wuchs die Schotenmenge in seiner Vorstellung, und dabei wurde seine Sorge um die vielen Mitglieder des Clans immer geringer. Am Ende der letzten Reihe angelangt, ertappte er sich dabei, dass seine Sohle der glatten, gleitenden Bewegung ein jugendliches Trommeln hinzufügte. Er ließ seinen opalisierenden Körper wieder die normale flache ellipsenförmige Gestalt annehmen und sah mit Stolz auf die Ernte. Die Blattpflanzen standen hoch. Zu gern hätte er sie alle überblickt, aber er gab sich damit zufrieden, an einem Ende anzuhalten und mit nur drei oder vier seiner zwölf dunkelroten Augen in die Reihen hineinzusehen. Es hatte ihn große Mühe gekostet, bis er den Clan so weit hatte, dass er diese Reihen grub.
    Gebrochenes Blatt erinnerte sich an die Zeit – es war viele Umdrehungen des Sterns her –, als er der stolzen alten Drachenblume mit einem abgebrochenen Drachenkristall in ihrem Manipulator begegnet war.
    » Was tust du da, alte Frau?«, fragte Gebrochenes Blatt.
    » Ich habe es satt, in der Wildnis umherzuwandern, um eine Pflanze zu finden, an der noch nicht alle Samenschoten abgepflückt sind«, antwortete sie. » Ich will meine eigenen Pflanzen haben, gleich hier vor meiner Tür.« Sie ließ den Drachenkristall in der Kruste stecken und floss zurück, sodass er sehen konnte, was sie gemacht hatte. Dabei lösten sich die starken kristallinen Knochen in ihrem Manipulator auf, und Muskeln und Haut, die den dicken, hervorspringenden Fortsatz bedeckt hatten, zogen sich in ihren Körper zurück, bis ihre Oberfläche wieder glatt war.
    » Warum gräbst du diese Löcher, alte Frau? Wie soll dir das deine eigenen Pflanzen bringen?«
    Sie erwiderte: » Ich mag alt sein, aber ich sehe immer noch gut, und mein Gedächtnis ist immer noch gut. Das letzte Mal, als die jungen Leute von einer Jagd zurückkamen, waren sie so weit gereist, dass sie Blattpflanzen fanden, die niemals abgeerntet worden waren. Sie brachten so viele Schoten mit nach Hause, wie sie tragen konnten. Darunter waren viele köstlich reife und einige, die zwar gut aussahen, aber, wenn man sie öffnete, zerflossen. Die Samen in ihrem Inneren waren hart. Natürlich bekam ich, da ich alt bin, die überreifen Schoten. Ich aß alles, was noch essbar war – der Geschmack ist nicht schlecht, sobald man sich einmal daran gewöhnt hat –, aber die Samen im Inneren waren zu hart zum Aufknacken. Deshalb rollte ich sie nach draußen.«
    » Ich erinnere mich an diese Jagd«, sagte Gebrochenes Blatt. » Wir fanden keine Spur von einem Langsamgleiter und nicht einmal von einem Schleicher, aber wir wurden reichlich entschädigt, als wir die Stelle mit den unberührten Blattpflanzen entdeckten.«
    Drachenblume fuhr fort: » Eines Tages stellte ich fest, dass eines der Samenkörner in eine Ritze meiner Hauswand gerollt war. Ein kleines Blatt wuchs daraus hervor. Ich beobachtete es Tag für Tag, und es wurde größer und größer. Es wuchs zu einer Blattpflanze heran! Ich war glücklich. Ich würde meine eigene Blattpflanze direkt vor meiner Tür haben. Ich träumte schon davon, Schoten zu pflücken, wann immer ich wollte, ohne

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