Drachenelfen
stieß die Seesonne aus der Bahn, die die Wasser von
Chelestra erwärmt. Schneller, als wir fliehen konnten, hatte das Eis uns
eingeholt. Unsere Körpertemperatur sank, die Kältestarre lahmte uns. Mit
letzter Kraft gelang es uns, unseren Meermond zu erreichen und in den Höhlen
dort Zuflucht zu finden. Das Eis schloß uns ein, wir sanken in einen
Winterschlaf, der Jahrhunderte 12 währte.
Endlich kehrte die Seesonne wieder und brachte mit
sich Wärme und neues Leben für uns. In ihrem Gefolge tauchte ein Sartan auf,
man nennt ihn den Drachenmagier, ein mächtiger Zauberer, der das Todestor bezwungen
hatte. Er weckte die Sartan aus ihrem tiefen Schlaf. Inzwischen hattet auch
Ihr, Fürst, und einige Angehörige Eures Volkes die Freiheit wiedergewonnen. Wir
spürten es, trotz der weiten Entfernung. Das Licht eurer Hoffnung wärmte uns
mehr als die Sonne. Dann kam Haplo; wir neigten uns vor ihm und schworen, ihm
zu helfen, die Sartan zu besiegen. Samah zu besiegen, unser aller
Feind.«
Der Fremde senkte die Stimme. »Wir verehrten
Haplo, vertrauten ihm. Samahs Niederlage schien zum Greifen nahe zu sein. Es
war unsere Absicht, den Archonten der Sartan zu Euch zu bringen, Fürst, als Beweis
unserer Hingabe an Eure Sache. Jedoch – Haplo verriet uns, verriet Euch. Samah
konnte fliehen, wie auch der Drachenmagier, welcher mit seinen Einflüsterungen
Haplos Herz und Sinn vergiftet hat. Diese beiden Sartan entkamen, doch erst,
nachdem Samah – getrieben von seiner Angst vor uns und seiner Angst vor Euch,
großer Xar – das Todestor geöffnet hatte!
Die Sartan können uns nicht länger daran
hindern. Euch zur Hilfe zu eilen. Wir haben das Todestor durchschritten und
sind bereit, in Eure Dienste zu treten. Erlaubt mir, Euch Gebieter zu nennen.«
Der Fremde verneigte sich.
»Und wie lautet der Name dieses ›mächtigen‹ Sartan,
von dem Ihr sprecht?« fragte Xar.
»Er trägt den Nichtigennamen ›Alfred‹.«
»Alfred!« Xar verlor einen Moment lang die
Fassung. Verborgen in dem langen Ärmel ballte seine Hand sich zur Faust.
»Alfred!« wiederholte er flüsternd. Er blickte auf, in die von roter Glut
erfüllten Augen des Abgesandten seiner ungebetenen neuen Verbündeten. Rasch
faßte er sich wieder.
»Haplo war mit diesem Alfred zusammen?«
»Ja.«
»Dann wird Haplo ihn zu mir bringen. Ihr habt
offenbar Haplos Beweggründe mißverstanden. Er ist klug, und er weiß, was er
tut. Mag sein, er ist kein Gegner für Samah – falls es tatsächlich derselbe
Samah ist, was ich sehr bezweifle –, aber ganz gewiß für diesen Sartan mit dem
Nichtigennamen. Er wird mit Alfred kommen. Ihr werdet sehen. Und dann wird sich
alles aufklären.«
»Vorläufig aber«, Xar schnitt mit einer
Handbewegung dem Gesandten, der etwas sagen wollte, das Wort ab, »bin ich sehr
müde. Alte Männer, wie ich einer bin, brauchen ihre Ruhe. Ich würde Euch in
mein Haus einladen, doch es wohnt ein Kind bei mir. Ein sehr aufgeweckter
Knabe, überaus intelligent für einen Nichtigen. Er würde Fragen stellen, die
ich lieber nicht beantworten möchte. Haltet Euch im Wald verborgen. Geht jeder
Bewegung aus dem Weg, denn meine Untertanen werden in Euch einen Feind sehen.
Wie ich.« Der Fürst des Nexus streckte die Hand aus und zeigte die leuchtend
blau schimmernden Tätowierungen. »Und sie sind vielleicht nicht so geduldig,
wie ich es gewesen bin.«
»Eure Sorge um mein Wohlergehen ehrt mich,
Fürst. Ich werde tun, was Ihr befehlt.«
Der Gesandte verneigte sich nochmals. Xar wandte
sich erleichtert zum Gehen, aber nach wenigen Schritten holte ihn die samtene
Stimme des Fremden ein.
»Ich hoffe, dieser Haplo, in den mein Gebieter
solches Vertrauen setzt, wird sich dessen würdig erweisen.« Aber ich habe
große Zweifel!
Unausgesprochen raunten die Worte in den
Schatten unter dem Laubdach der Bäume. Xar hörte sie deutlich – oder glaubte
sie zu hören, als Echo seiner eigenen Gedanken. Er warf einen ärgerlichen Blick
über die Schulter, aber der Fremde war verschwunden, lautlos, ohne ein
Blätterrascheln oder das Knacken von Zweigen. Xars Ärger wuchs, schlug um in
Zorn auf sich selbst, weil es der zweifelhaften Kreatur gelungen war, ihn
wankend zu machen.
»Mangel an Vertrauen zu Haplo ist Mangel an Vertrauen
zu mir selbst. Ich habe ihm das Leben gerettet. Ich holte ihn aus dem
Labyrinth. Ich habe ihn unterrichtet, geschult, ihm seinen wichtigsten,
ehrenvollen Auftrag gegeben: für
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