Drachenelfen
ist
eine Angelegenheit, die euch nicht betrifft. Die Frau ist ein Mensch, euer
Todfeind. Die Patryn haben vor, euch und euer ganzes Volk zu unterjochen. Kehrt
um. Geht zurück und lebt weiter in Frieden.«
»Ich höre und sehe euch jetzt zum erstenmal«,
erwiderte der Hüter der Seelen mit bebender Stimme, »und ich fühle große
Scham. Ja, ich habe euch gedient – aus Furcht, Unwissenheit, Haß. Nachdem ich
euch als das gesehen habe, was ihr seid, nachdem ich mich selbst erkannt habe,
sage ich mich von euch los. Ich diene euch nicht länger.«
Der schwarze Samt seiner Kutte begann zu schimmern,
das Farbenspiel der Schmetterlingsflügel leuchtete strahlend auf. Der Hüter
breitete die Arme aus, die schillernde Seide umwallte seinen hageren Leib. Er
trat dem Bösen entgegen, beschwor seine Magie, beschwor die Magie der Toten, rief
Krenka-Anris um Beistand an.
Die Finsternis bäumte sich hoch über ihm auf,
einschüchternd, gewaltig.
Der Kenkari sah ihr entgegen, unerschrocken, mit
festem Mut.
Die Finsternis brodelte und zischte, sank zu
Boden und glitt davon wie Rauch. Schwester Buch und Bruder Pforte waren
fassungslos.
»Ihr habt sie vertrieben!«
»Weil ich keine Angst mehr hatte«, sagte der
Hüter der Seelen.
Er senkte den Blick auf den bewußtlosen Patryn,
der kein Lebenszeichen mehr von sich gab. »Aber ich fürchte, es ist zu spät.«
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Kapitel 27
Imperanon,
Aristagon,
Mittelreich
Hugh Mordhand wurde bei Tagesanbruch von dem Gefühl
geweckt, daß jemand neben ihm stand. Er richtete sich auf und entdeckte Graf
Tretar.
»Bemerkenswert«, meinte der Graf. »Was man von
Euch erzählt, ist nicht übertrieben. Gefühllos, kaltblütig, abgebrüht. Ich
könnte mir vorstellen, nicht viele Männer würden ruhig schlafen in der Nacht
vor dem Mord an einem König.«
Hugh streckte sich ausgiebig. »Mehr als Ihr
glaubt. Übrigens, wie habt Ihr geschlafen?«
Tretar lächelte. »Schlecht. Doch ich rechne
damit, daß mir ab morgen eine erholsamere Nachtruhe beschieden sein wird. Es
freut mich, Euch berichten zu können, daß ein Drache zur Verfügung steht.
Sang-drax hat einen Verbindungsmann bei den Menschen, der in solchen Dingen
hilfreich ist…«
»Er heißt nicht zufällig Ernest Twist?«
»Ja, das ist sein Name.«
Hugh nickte. Er durchschaute das Netz der
Intrigen immer noch nicht ganz, aber zu erfahren, daß Ernest Twist seine Finger
im Spiel hatte, überraschte ihn nicht.
»Der Drache befindet sich allerdings nicht hier,
sondern oben in den Bergen. Es ging nicht anders. Der Kaiser würde eine Woche
mit nervösen Anwandlungen darniederliegen, sollten wir ihm zumuten, mit einem
Drachen dieselbe Luft zu atmen. Ich werde Euch und den Jungen persönlich
hinbegleiten. Der Prinz kann es kaum erwarten.«
Tretar schaute zu Gram, der bereits reisefertig
war und vor Ungeduld fast zu platzen schien. Der Hund lag neben ihm. Hugh
betrachtete das Tier und fragte sich, was mit ihm nicht stimmte. Es machte
einen traurigen Eindruck. Plötzlich hob es den Kopf und schaute hoffnungsvoll
zur Tür, als erwartete es einen Ruf, doch als nichts geschah, ließ es
schnaufend den Kopf wieder auf die Vorderpfoten sinken. Kein Zweifel, der Hund
wartete auf seinen Herrn.
Er könnte, dachte Hugh, unter Umständen lange
warten.
»Hier sind die Kleider, die Ihr gewünscht habt«,
sagte Tretar. »Wir haben sie einem der Sklaven abgenommen.«
»Und meine Waffen?« Hugh musterte die lederne Hose,
die weichen Stiefel, den geflickten Kittel und abgetragenen Umhang.
Schließlich nickte er zufrieden und zog sich an.
Tretar schaute ihm mit hochgezogenen Brauen und
naserümpfend zu.
»Eure Waffen erwarten Euch bei dem übrigen
Gepäck, und das befindet sich dort, wo der Drache ist.«
Hugh ließ sich seine Enttäuschung nicht
anmerken. Es war ein Hoffnungsschimmer gewesen, ein unausgegorener Plan,
entstanden, bevor die Erschöpfung ihn übermannte. Er hatte nicht wirklich
damit gerechnet, daß die Elfen ihm einfach seine Dolche in die Hand drückten,
aber wenn…
Zum Henker, es war nichts draus geworden.
Er zuckte unwillig mit den Schultern. Einen
Ausweg hast du, sagte er sich. Besser als nichts.
In der Nacht hatte er die Elfen noch überredet,
ihm etwas Stregno zu bringen. Er nahm seine Pfeife vom Tisch neben der Liege,
auf der er geschlafen hatte, steckte sie zu sich und gab zu verstehen, er sei
bereit.
»Etwas zu essen?« Tretar deutete einladend auf
Honigkuchen und
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