Drachenelfen
wichtig«, sagte Haplo schroff. »Was habt ihr ihnen getan? Wie habt ihr
sie vertrieben?«
»Wir boten ihnen die Stirn«, erwiderte Bruder
Seele ernst. »Wir traten ihnen entgegen ohne Furcht. Unsere Waffen sind Mut,
Ehre, die Entschlossenheit, dafür zu kämpfen, was Recht ist. Spät entdeckt,
vielleicht«, fügte er mit einem Seufzer hinzu, »aber sie ließen uns nicht im
Stich, als wir ihrer bedurften.«
Iridal stieß die Kenkari beiseite. Sie hatte
jetzt Kraft genug, um zu stehen, schwankend zwar, aber sie konnte sich
aufrecht halten. Welche Drogen ihr die Elfen auch verabreicht hatten, ihre
Wirkung ließ rapide nach, ausgemerzt von der Angst, Haplo könnte sie finden –
sie und Gram. Sie trat an die Zellentür und lugte hinaus. Sofort zuckte sie
wieder zurück und barg sich in den Schatten.
Haplo lehnte an der Wand, keine vier Schritte
von ihr entfernt. Er sah hager aus, blaß, als hätte er Furchtbares erduldet,
aber Iridal erinnerte sich gut an seine magischen Kräfte, die ihren um ein
Vielfaches überlegen waren. Er durfte sie nicht finden.
»Vielen Dank für – was immer«, sagte er widerwillig
zu den Elfen. »Wie lange bin ich bewußtlos gewesen?«
»Es ist Morgen«, antwortete Bruder Pforte.
Der Patryn fluchte. »Ihr habt nicht zufällig
einen Elfenhauptmann gesehen. Mit einer Zwergin im Schlepptau?«
»Wir wissen, von wem Ihr sprecht, aber gesehen
haben wir die beiden nicht. Graf Tretars Weesham hat uns informiert. Sie sind
bei Tagesanbruch auf einem Drachenschiff nach Drevlin ausgelaufen.«
Haplo fluchte wieder, dann schob er sich mit
einer gemurmelten Entschuldigung an den Nichtigen vorbei. Er war hinter einer
Zwergin und hinter einem Elfenhauptmann her. Von Gram hatte er nicht ein Wort
gesagt. Iridal drückte erleichtert die Hand auf ihr Herz.
Geh! drängte sie ihn stumm. Laßt ihn
gehen! beschwor sie stumm die Kenkari. Aber zu ihrer Enttäuschung legte
einer von ihnen die Hand auf Haplos Schulter, der zweite trat ihm in den Weg.
»Wie wollt Ihr ihnen folgen?« fragte Bruder
Seele.
»Laßt das meine Sorge sein«, entgegnete der
Patryn ungeduldig. »Euch Elfen mag das egal sein, aber man wird die Zwergin
ermorden, wenn ich nicht…«
»Ihr tadelt uns.« Bruder Seele schloß die Augen
und neigte den Kopf. »Zu Recht. Wir sind uns bewußt, was wir getan haben oder
versäumt haben zu tun und möchten Wiedergutmachung leisten, soweit es möglich
ist. Ruht Euch aus. Ihr habt Zeit – Zeit, Eure Verletzungen zu heilen, denn
ich glaube, Ihr habt die Macht dazu. Schont Eure Kräfte. Wir müssen die
Mysteriarchin befreien.«
»Mysteriarchin?« Haplo blieb tatsächlich stehen.
»Was für eine Mysteriarchin?«
Iridal beschwor ihre Magie, um ihr einen
Fluchtweg durch die Mauern zu bahnen. Sie wollte den Kenkari kein Leid zufügen,
nach aller Hilfe, die ihr zuteil geworden war, aber sie standen im Begriff,
Haplo ihre Anwesenheit zu verraten, und das konnte sie nicht zulassen…
Eine Hand legte sich über die ihre. »Nein,
Mylady«, sagte Schwester Buch sanft. »Laßt ab. Wartet.«
»Lady Iridal«, antwortete Bruder Seele, wandte
den Kopf und sah zu ihr hin.
»Gram – Grams Mutter. Sie ist hier?« Haplo
folgte dem Blick des Kenkari.
»Schwester Buch«, rief Bruder Seele. »Ist die
Lady Iridal wohl genug, um uns begleiten zu können?«
Iridal funkelte Schwester Buch zornig an und riß
sich von ihr los. »Was ist die – eine Falle? Ihr Kenkari habt versprochen, mir
bei der Suche nach meinem Sohn zu helfen! Und nun finde ich Euch mit diesem
Mann, einem Patryn – demjenigen, der mir meinen Sohn weggenommen hat! Ich
werde nicht…«
»Doch, Ihr werdet.« Haplo trat auf sie zu. »Ihr
habt recht, dies ist eine Falle, aber Ihr seid es, die hineingetappt ist. Und
gestellt hat sie Euer lieber Sohn.«
»Ich glaube Euch nicht!« Iridal umklammerte das
Federamulett. Die drei Kenkari standen beisammen, wechselten beredte Blicke,
schwiegen aber.
»Natürlich, das Amulett.« Haplo nickte grimmig.
»Genau wie das, welches er trug, wenn er mit Sinistrad kommunizierte. Daher
hat Gram gewußt, daß Ihr kommt. Ihr habt es ihm gesagt. Ihr habt ihm gesagt,
daß Hugh Mordhand bei Euch ist. Gram hat euch beide in eine Falle gelockt. Er
und der Assassine sind zur Zeit unterwegs, um König Stephen und Königin Anne zu
ermorden. Hugh hat in den Plan eingewilligt, weil er glaubt, daß man Euch sonst
töten wird.«
Iridal hielt das Federamulett an ihre
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