Drachenelfen
kniete er nieder und löste die Räder von der Achse. Als dies getan war, wandte er sich wieder an die aufsässigen Truppen. »Wisst ihr, was sehe ich, wenn ich schaue euch? Von Hals Abschneider seid ihr. Räuber seid ihr. Ist sich hier keiner, der unter Augen von sein Mama treten kann mit Stolz in Herzen. Keiner! Ich auch nicht.« Er deutete zu dem engen Saumpfad. »Der Weg da ist sich eng wie junges Mädchen, das macht erstes Mal Liebe. Der Weg ist sich gefährlich wie erstes Mal Liebe. Junge Mädchen nix wissen. Glauben sie noch an schöne Augen und schöne Worte. Können sich nicht unterscheiden zwischen Männer mit Ehre und Männer wie uns. Dieses Stück Weg ist sich gemacht, uns zu ändern. Braucht man Mut zu gehen. Hier wir stehen als Halunken. Wer auf andere Seite geht, wird sich gemacht haben zu Held. Werden sich sicher ein paar fallen hinunter. Das ist Preis. Jetzt ich zeigen, was tun.« Er kniete erneut neben dem Streitwagen nieder.
Juba war sich nicht sicher, was er von dieser Rede halten sollte. Volodi hatte es nicht geschafft, die Herzen der Männer zu gewinnen, aber immerhin waren sie ruhig. Schweigend sahen sie zu, was der Drusnier tat.
Volodi stemmte den Streitwagen hoch und setzte ihn sich auf die Schultern, sodass die Deichsel weit zur linken Seite ragte. »Hat sich unsterblicher Aaron tief gedacht, als hat uns geschickt mit diese Wagen. Wagen von Aram sind leicht! Kann sich ein Mann auf Rücken tragen. So kann Wagen überall hinkommen. Auch über Berge! Ihr faul seid, aber nicht schwach. Nehmt Wagen! Folgt mir. Und redet nicht!« Mit diesen Worten trat der Drusnier auf den gefährlichen Saumpfad. Die Deichsel ragte weit über den Abgrund und man konnte sehen, wie der Wind an den Seitenwänden aus Rohleder zerrte.
Juba musste sich eingestehen, dass er den Söldner falsch eingeschätzt hatte. Vielleicht lag es an der Art, wie er sprach. Vielleicht auch einfach daran, dass für Volodi Loyalität eine Frage des Geldes war. Aber ganz ohne Zweifel war er weder dumm noch feige.
Einige der Männer schlossen Wetten ab, ob Volodi in den Abgrund stürzen würde. Noch immer war die Sache in der Schwebe. Würden die Truppen meutern?
»Ich weià nicht, was ihr denkt«, rief Juba. »Aber ich weiÃ, dass ich mir nicht nachsagen lassen will, dass dieser Hinterwäldler mehr Mut hat als ich. Ich bin an der Küste aufgewachsen«, log er. »Ich bin allein aufs Meer hinaus, da war ich nicht einmal zehn. Das erfordert Mut!« Er wies seinen Wagenlenker an, die Hengste auszuschirren und die Räder abzunehmen. »Was Volodi macht, erfordert nur Kraft. Folgen wir ihm und erinnern ihn daran.«
Seine Worte waren kein groÃer Erfolg. Reden zu halten war nie eine seiner Stärken gewesen. Und Ruhm und Ehre waren diesen Männern egal. Er hatte einen Fehler gemacht, als er daran appellierte. Noch ein Fehler, und diese Lumpen schlugen sich vielleicht wieder auf die Seite der Luwier.
Juba kletterte auf den Fels, auf dem Volodi eben gestanden hatte. Er blickte zum Saumpfad. Der Drusnier ging tief gebeugt. Schwankend, aber stetig kämpfte er sich Schritt um Schritt voran. Ein Stück tiefer, nah am Steilhang, zog ein groÃer, brauner Raubvogel seine Kreise. War es ein Zeichen der Götter, ja vielleicht einer der
Götter selbst, der in Vogelgestalt erschienen war, um diesem dramatischen Augenblick beizuwohnen? Würde Volodi es schaffen? Solange sein Gefährte sich vorankämpfte, sollte er die Truppen bei Laune halten. Zweifelnd blickte er auf die Halunken, die unter seinem Befehl standen.
»Ich will euch nichts vormachen, Männer. Ihr seid eine üble Bande von Halsabschneidern. Euch will man nicht im Dunklen begegnen. Ihr habt wenig zu verlieren.«
»Und wir nix lassen sagen uns von Sack von Dreck, der hat Macht nur von Namen von Familie!«
Das war schon wieder Kolja. Verdammter Aufwiegler. Der Drusnier war ein Hüne von einem Mann. Zwei Schritt groÃ, mit einem Kreuz wie ein Stier und einem Gesicht, vor dem sich gewiss seine eigene Mutter fürchtete. Er war von Narben entstellt. Den Narben eines Faustkämpfers, dem Hunderte Male Fäuste ins Gesicht geschlagen hatten, um die mit Bronzescheiben beschlagene Lederriemen geschlungen waren. Seine Nase war nur noch ein formloser Klumpen, ebenso eines seiner Ohren. Kolja bot ihm offen die Stirn. Vielleicht war es ganz gut, wenn er sich nur auf
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