Drachenelfen
fleischiger Mund klaffte plötzlich dort, wo eben nur schleimbedeckte Haut gewesen war. Dutzende kleinerer Fangarme wogten um die Ãffnung, als tanzten sie nach einer für Menschen unhörbaren Melodie. Was bei den Göttern geschah dort?
Tarkon wurde zu dem Mund emporgehoben. Ein geisterhaft grünes Licht umfing ihn, als er in den Schlund geschoben wurde. Es war kein gieriges Schlingen. So befremdlich die Szenerie auch war, wirkte sie feierlich, friedlich. Artax hatte das Gefühl, Zeuge zu sein, wie ein toter Herrscher bestattet wurde.
Ein Tentakel, der sich kaum einen Schritt entfernt um den
Mast schlang, schreckte ihn auf. Das Holz erzitterte unter der Zugkraft des Fangarms.
Ja, geh hin, bekämpfe ihn, raunte die Stimme in seinen Gedanken und Artax wusste, dass es kein guter Rat war. Dennoch hob er sein Schwert. Seine Linke umklammerte die Sicherungsleine. Zoll um Zoll schob er sich auf dem nassen Holz vorwärts. Der Mast unter ihm knirschte immer bedrohlicher. Kurz dachte er an einen Bogen, der gespannt wurde.
Mit aller Kraft stieà er zu. Die magische Klinge durchdrang den Fangarm und stieà bis ins Mastholz hinab. Der Tentakel zuckte und wand sich, sodass die Wunde noch gröÃer wurde. Das Fleisch des Wolkensammlers warf Blasen, als würde es mit einem glühenden Eisen verbrannt. Zäher schwarzer Rauch strömte aus der Wunde. SchlieÃlich kam der Fangarm frei. Er schnellte zurück. Der Wolkensammler zog all seine Tentakel zurück. Dabei stieà er ein leises, aber durchdringendes Zischen aus.
Das Himmelsschiff der Piraten sackte tiefer, als gäbe der Wolkensammler sich gröÃte Mühe, aus Artaxâ Reichweite zu gelangen. War es die Magie seiner Waffe, die dieses gewaltige Ungeheuer bezwungen hatte? Sprachlos blickte Artax dem schwindenden Wolkenschiff nach.
Shayas Schiff war immer noch in einen verzweifelten Kampf verwickelt. Die meisten der kleinen Wolkensammler, die Krieger zum Entermanöver getragen hatten, waren eingeholt worden. Einige klammerten sich seitlich an den Leib der riesigen Kreatur, die das Schiff trug. Etliche Fangarme des Piratenschiffes griffen in die offenen Frachträume, aus denen die kleinen Flieger aufgestiegen waren, und Artax sah, wie Wolkenschiffer in die Tiefe geschleudert wurden. Nirgends vermochte er Shaya zu entdecken. Die Takelage ihres Schiffes hing in Fetzen. Von den acht Hauptmasten waren drei zersplittert. Ihr Schiff würde vollständig zerstört werden, wenn er nichts unternahm.
Ein verzweifelter Gedanke keimte in ihm. Vielleicht könnte er ja auch das zweite Schiff vertreiben, wenn es ihm nur gelingen
würde, einen der Tentakel anzugreifen? Er kletterte weiter den Mast entlang, duckte sich unter schlagenden Segelfetzen hinweg und lieà dabei keinen Herzschlag lang Shayas Schiff aus den Augen. Es glitt unter seinem Wolkenschiff hinweg, während sein Schiff immer höher stieg. Artax schob sein Schwert in die Scheide. Es war nicht gut hinabzublicken. Es war so entsetzlich tief. Sein Mut sank. Er dachte an all die wunderbaren Stunden, die er mit Shaya verbracht hatte. An seine Träume, sie eines Tages in seinen Palast zu holen.
Genau, wir finden auch, wenn du ihr nicht zu Hilfe eilst, verrätst du all deine Ideale.
Auf diese innere Stimme zu hören war falsch. Artax wusste das genau. Aaron und die anderen hofften auf seinen Tod. Sie wollten ihn dazu aufstacheln, eine Dummheit zu begehen. Doch dieses eine Mal hatten sie fast recht. Er würde zwar nicht seine Ideale, dafür aber seine Träume verraten, wenn er nicht alles wagte. Er musste Shaya finden! Vielleicht lag sie längst zerschmettert im Urwald tausend Schritt unter ihnen, doch auch wenn die Hoffnung noch so gering war â er musste es wagen, es zumindest versuchen. Oder er würde nie mehr in seinem Leben Frieden finden. Jetzt!, dachte er.
Mit einem verzweifelten Schrei sprang Artax in die Tiefe.
Sein Sturz schien endlos zu währen. Waren es fünfzig Schritt? Oder mehr? Er schlug auf die Oberseite des Wolkensammlers auf. Das aufgedunsene Gewebe gab unter ihm nach. Es war, als schlage man mit der Faust auf einen halb vollen Weinschlauch, nur dass die Haut des Wolkensammlers viel weicher und nachgiebiger als Leder war.
Bitterer Schleim drang ihm in Mund und Nase. Er prustete und spuckte. Benommen kämpfte Artax sich hoch. Ihm zitterten die Knie, doch die Sorge um Shaya peitschte ihn voran. Er tastete nach einer der
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