Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DRACHENERDE - Die Trilogie

DRACHENERDE - Die Trilogie

Titel: DRACHENERDE - Die Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
sich seine spitzen Ohren leicht bewegten.
    „Mir war, als hätte ich ihn gehört ...“, murmelte er.
    „Wen?“, fragte Rajin.
    „Den Unsichtbaren Tod. Er nähert sich uns ...“
    Branagorn trat vor und umrundete Ghuurrhaan, dessen starrer Blick ihm folgte. Rajin wunderte sich darüber, wie unerschrocken der Bleiche Einsiedler gegenüber dem ehemaligen Wilddrachen war. Ein einziger unbedachter Feuerstoß aus dem halb geöffneten Maul hätte den spitzohrigen Blässling immerhin zu Asche zerblasen können. Monatelang ohne zu verhungern in einem Schmachtloch zu überleben, das mochte für eine bemerkenswerte Körperbeherrschung sprechen – aber es war kaum anzunehmen, dass ihn die auch vor dem Feuer eines Drachen bewahrte.
    Doch Ghuurrhaan verhielt sich überraschender Weise vollkommen ruhig. Selbst sein Schwanz, der eine grausame und tödliche Waffe sein konnte, wenn er peitschenartig zuschlug, rührte sich nicht. Gewöhnlichen Kriegsdrachen wurden sogar dazu trainiert, die Stacheln möglichst waagerecht in die Richtung zu halten, in die sie den Hieb führten, sodass gegnerische Kämpfer im Gefecht geradezu aufgespießt wurden. Selbst Dreiarmige mit ihrer widerstandsfähigen Natur und andere Veränderte hatten dieser Urgewalt nichts entgegenzusetzen.
    Branagorn berührte den Drachen sogar leicht mit der flachen Hand und murmelte ein paar Worte in einer fremdartigen Sprache, vielleicht eine Zauberformel, die möglicherweise dazu diente, innere Kraft zu sammeln. Allerdings konnte Rajin von dieser Kraft eigenartigerweise nichts bei dem Bleichen Einsiedler wahrnehmen. Sie schien überhaupt nicht vorhanden, so sehr sich der junge Kaiser auch darum bemühte, sie zu erfassen.
    „Er stammt von einer anderen Welt!“, meldete sich seine Metallhand, kaum dass ihm dieser Gedanke gekommen war. „Entweder ist er nie ganz Teil dieser Welt geworden, oder seine Art oder Kraft ist so fremdartig, dass wir sie nicht erfassen können.“
    Wir?, echote Rajin in Gedanken.
    Aber die Metallhand blieb ihm darauf die Antwort schuldig. Es war wohl der Hochmut Komrodors, der sie unterdrücke. In den gesammelten Seelenresten, die in der Hand wohnten, hatten sich überraschend viele Bruchstücke aus dem Charakter des ermordeten Großmeisters von Magus erhalten, was Rajin immer mehr beunruhigte – zumal diese Seelenreste bestrebt schienen, auch Rajins Geist zu einem Teil des Wesens zu machen, das sie gebildet hatten.
    Plötzlich herrschte fast absolute Stille. Selbst Ghuurrhaan schien den Atem anzuhalten, nachdem Branagorn ihn berührt und die vermeintliche Zauberformel gesprochen hatte. Sogar die Tiere des Waldes verstummten; ihr ansonsten immerwährendes vielstimmiges Konzert war wie abgeschnitten.
    Branagorns Nasenflügel bebten, und die spitzen Ohren bewegten sich leicht – Rajin sah es jetzt ganz genau -, so als würde er besonders intensiv nach allem lauschen, was sich im Wald tat.
    Im Unterholz knackte es. Ein Strauch verdorrte plötzlich und wurde aschgrau, obwohl er nichts von dem sengenden Drachenfeuer abbekommen hatte, mit dem sich Ghuurrhaan den Landeplatz geschaffen hatte. Schritte waren auf dem Untergrund zu sehen, wo sich Gras und Moose verfärbten, doch die Spur des Verderbens verlor sich, als sie den verbrannten Boden erreichte.
    „Komm her, Unsichtbarer Tod!“, rief Branagorn. „Ich weiß, was mit dir los ist, und ich kann dir helfen!“
    „Niemand kann mir helfen!“, widersprach eine Stimme aus dem Nichts. „Ich bin ein Verdammter und von einer Hölle in die andere geraten. Aber das heißt nicht, dass ich mich gegen die Kreaturen des Höllenschlundes und die Lindwürmer des Orkus nicht tapfer zur Wehr setzen werde, solange ich kann.“
    Ghuurrhaan wurde wieder unruhig. Rajin versuchte, ihn davon abzuhalten, mit einem Feuerstrahl gegen den Unsichtbaren Tod vorzugehen, denn das wäre nicht nur wirkungslos gewesen, sondern hätte dieses rätselhafte Wesen außerdem nur unnötig gereizt.
    Branagorn trat ein paar Schritte vor. „Ich kann dich nicht sehen, aber ich höre deinen Atem und deinen Herzschlag, Unsichtbarer Tod!“ Mit diesen Worten zog er sein Schwert, ließ den Wanderstab zu Boden fallen und fasste den Griff des Schwerts mit beiden Händen. „Ich kann dir helfen, Unheilbringer! Aber dazu musst du dir helfen lassen, statt blindwütig alles zu vernichten, was dir begegnet!“
    „Ich habe gesündigt“, sagte die Stimme. „Doch obwohl mich die Sünde schwer belastet, werde ich nicht auf die Verlockungen

Weitere Kostenlose Bücher