DRACHENERDE - Die Trilogie
jedoch so schroff und steil, dass dort kein Boden und keine Wurzeln Halt finden konnten.
„Wenn du einen Landeplatz suchst, wirst du ihn erst selbst schaffen müssen“, richtete sich Koraxxon an den jungen Kaiser. „Es sei denn, du ziehst es vor, auf dem Gipfel niederzugehen. Allerdings dürfte dort kaum etwas Interessantes zu finden sein.“ Der Dreiarmige warf einen kurzen Blick hinab, zuckte jedoch gleich wieder zurück. „Ich hätte meine Neugier zügeln sollen“, bekannte er und hielt sich mit der von Schuppenhaut überzogenen Pranke des Axtarms den grummelnden Bauch.
„Ein begeisterter Drachenflieger wirst du in diesem Leben wohl nicht mehr“, kommentierte Ganjon spöttisch.
Rajin betrachtete sich die Gipfelregion genauer. Er sammelte dabei die innere Kraft, damit ihn nicht weitere Trugbilder in die Irre leiteten, so wie es ihm die Gedankenstimme der Metallhand geraten hatte.
„Halte dich mit dem Gipfel nicht auf. Dort ist nichts – aber auch wirklich gar nichts!“, meldete sich die Geisterstimme auch prompt wieder in seinen Gedanken, wobei der Hohn, der für Komrodor so charakteristisch gewesen war, deutlich zwischen den Worten mitschwang.
Du hättest mich früher darauf hinweisen können, erwiderte Rajin verärgert.
„Ich wollte dir die Möglichkeit geben, deine Wahrnehmung zu schulen. Aber offensichtlich ist das magische Blut in deinen Adern zu schwach, als dass du einer solchen Aufgabe schon gewachsen wärst.“
Und wo sollte ich deiner Meinung nach suchen?, fragte Rajin, der den Ärger in seinen Gedanken erst gar nicht zu verbergen versuchte. Ich weiß nicht mal, wonach ich suche.
„Der, den du suchst, ist hier irgendwo. Ich spüre eine schwache Magie - wenn man es denn so nennen mag, denn was ich erfasse, scheint mir weder mit der Magie des Magiervolks noch mit der unter Menschen üblichen Zauberei vergleichbar. Flieg dorthin, wo der Pfad vorgeblich endet!“
Darauf wäre ich auch selbst gekommen, antwortete Rajin unwirsch.
Ghuurrhaan hatte sich indessen merklich beruhigt, auch wenn Rajin annahm, dass ihn der Tod Ayyaams noch immer bestürzte. Die Frage beantworten zu können, ob Drachen so etwas wie Trauer um Gefährten kannten, maßte sich Rajin nicht an. Je mehr er diese urtümlichen Riesen kennenlernte, desto fremder wurden sie ihm. Vielleicht empfand Ghuurrhaan eher Wut darüber, dass jemand Ayyaam getötet hatte, aber nicht einmal das ließ sich sagen. Fest stand nur, dass Ghuurrhaan vom Schicksal Ayyaams so aufgewühlt war, wie Rajin es noch nie bei ihm erlebt hatte, seitdem er ihn aus einer Herde von Wilddrachen am Weststrand der Insel der Vergessenen Schatten ausgewählt hatte. Doch mittlerweile ließ sich Ghuurrhaan immerhin wieder ohne jegliche Einschränkung lenken.
Rajin ließ ihn zurück zu jener Stelle am Fuß der felsigen Anhöhe fliegen, wo der Pfad so abrupt endete. Da es aufgrund des dichten Bewuchses nicht möglich war, dort mit dem riesigen Reptilwesen zu landen, kam Rajin auf Koraxxons Vorschlag zurück und ließ Ghuurrhaan mit einem Feuerstrahl auf eine Drachenlänge alles niedersengen. Die mächtige Kreatur ließ ihr Feuer mit besonderer Heftigkeit über den Boden züngeln, während sie sich mit schnellem Flügelschlag in der Luft hielt; sie schien auf diese Weise wenigstens etwas von den aufgestauten Gefühlen loszuwerden, die seit Ayyaams Tod in ihr tobten.
Dann landete der Drache auf dem verkohlten Untergrund. Hier und dort glommen noch ein paar Holzreste, aber ansonsten war auf einer Fläche von hundert mal fünfzig Schritten alles zu Asche verbrannt. In heller Panik waren die Reißzahnaffen aus den umliegenden Bäumen geflohen, und Ghuurrhaan sandte ihnen ein halb triumphierendes, halb wütendes Gebrüll hinterher.
Das sind doch keine Gegner für dich!, sandte Rajin ihm einen Gedanken, der den ehemaligen Wilddrachen wieder etwas zähmen sollte. Ein gurgelnder, glucksender Laut drang daraufhin aus Ghuurrhaans Maul, und eine übel riechende Wolke aus undefinierbaren Gasen stieg auf und raubte Rajin und Ganjon für einige Augenblicke den Atem. Nur Koraxxon schien in dieser Hinsicht recht unempfindlich zu sein, aber die Dreiarmigen waren ja für ihre äußerst robuste Konstitution bekannt.
Bleib hier und rühr dich nicht vom Fleck!, befahl Rajin seinem Drachen, bevor er sich anschickte, von dessen Rücken zu klettern. Koraxxon und Ganjon folgten seinem Beispiel.
Vor ihnen befand sich nichts als eine schroff aufragende Felswand, etwa so hoch wie ein
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