DRACHENERDE - Die Trilogie
Anstrengung abverlangte, wieder einige Mastlängen in die Höhe kämpfen.
Branagorn hing ebenso am Seil wie Koraxxon. Branagorn hatte das freie Seilende einfach an dem breiten Waffengürtel des Dreiarmigen befestigt, an dem der mächtige Krieger nun baumelte.
„Zum Land!“, rief Branagorn.
„Ihr seid gut – hier gibt es in einer Entfernung von mehr als hundert Meilen kein Land!“, rief Rajin zurück. „Bis zur Küste dauert es viele Stunden!“
„Es gibt nichts, was so dünn und gleichzeitig so reißfest wäre wie die Seile der Ninjas“, erinnerte ihn Ganjon. „Auch wenn Koraxxon sicherlich viel zu schwer ist, als dass wir ihn hochziehen könnten, ich glaube nicht, dass es reißen wird, bis wir die Küste erreichen!“
„Behandelt Ihr diese Seile mit einem Höllenzauber?“, fragte Erich von Belden erstaunt.
„Nein, wir verwenden die Seide der Rotbeinigen Spinne, um sie zu verstärken. Ich habe schon gesehen, wie solche Seile, die nicht dicker waren als Wollfäden, Drachengondeln trugen, was den Eindruck erweckte, sie würden frei in der Luft schweben.“
„Seit wann verwenden die Ninjas des Südflusslandes Drachengondeln?“, fragte Rajin.
„Ich gebe zu, dass dies ein Gaukler und Schausteller war, der auf irgendeine unlautere Weise an das Geheimnis unserer Seile gelangte“, erläuterte Ganjon. „Dafür wurde er durch den weisen Ratschluss des Fürsten Payu mit der Beschlagnahmung seiner Seile, seines Lastdrachens und seiner Gondel bestraft.“
„Trotzdem – die können dort nicht ewig so hängen!“, war Erich von Belden überzeugt.
Der Dreiarmige Koraxxon regte sich kaum noch. Er hatte bei seinem Absturz den Schild verloren, aber Schwert und Axt steckten noch an seinem Waffengürtel. Wahrscheinlich waren diese schweren Waffen auch der Grund dafür, dass er untergegangen war und nicht an der Oberfläche getrieben hatte.
Wieso er sich nicht einfach von ihnen getrennt hatte, war Rajin ein Rätsel.
8. Kapitel
Eine Drachenwasserung
Ein verzweifelter Drachenschrei dröhnte über die noch immer aufgepeitschte See. Der Blutmond war bereits hinter dem Horizont versunken, der Meermond schickte sich gerade an, es ihm gleich zu tun. Seine gewaltige weiße Scheibe schien sich wieder von der Drachenerde entfernt zu haben, aber inwiefern dies der Wirklichkeit entsprach oder sich das menschliche Auge darin nur täuschte, vermochte Rajin nicht zu beurteilen.
Vielleicht sollte er den Bleichen Einsiedler in einer anderen Nacht danach fragen, ging es ihm durch den Kopf. Die Schärfe von Branagorns Augen überstieg ebenso wie die Empfindsamkeit seines Gehörs jedes menschliche Maß. Ohne diese besonderen Fähigkeiten wäre Koraxxons Rettung kaum möglich gewesen.
Ein weiterer Drachenschrei ertönte, jämmerlicher noch als der erste. Welch ein Unterschied zu dem kraftvollen Dröhnen, das der ehemalige Wilddrache ansonsten auszustoßen pflegt und dessen Klang allein schon geeignet war, mögliche Angreifer in die Flucht zu schlagen, sofern es sich nicht gerade um jene Schatten handelte, die es seit kurzem auf den neuen Kaiser Drachenias abgesehen hatten.
Ghuurrhaans Schwäche war nicht zu übersehen. Mühsam bewegte er die Flügel und sank immer tiefer. Manchmal schwebte er kaum zwei Mastlängen über dem Meer.
Dass es der Drache unmöglich bis zum ostmeerländischen Festland schaffen konnte, stand außer Frage.
„Komrodor!“, rief Rajin daraufhin laut, und die Metallhand, mit der er den nächstgelegenen Rückenstachel umfasste, glühte hell auf. Die Gedankenstimme hatte sich nicht mehr gemeldet, seit der Schneemond seine zerstörerischen Kräfte unter Beweis gestellt hatte. Aber gerade jetzt brauche ich deine Kraft!
Ein Chor von wirr durcheinander redenden Geisterstimmen erklang daraufhin in seinem Kopf, dröhnte auf beinahe unerträgliche Weise zwischen seinen Schläfen.
Rajin merkte erst, dass er laut schrie, als Ganjon ihn ansprach.
„Was ist mit Euch, mein Kaiser?“, fragte der Ninja-Hauptmann besorgt.
Die Metallhand glühte nicht nur, Blitze knisterten aus ihr hervor und zuckten den Rückenstachel entlang in die Schuppenhaut des Drachen, der dies mit dumpfem Grunzen quittierte.
„Satan selbst scheint von ihm Besitz ergriffen zu haben“, befürchtete Erich von Beldens.
Rajin war unfähig, etwas zu erwidern. Er fühlte einen Kraftstrom aus der Metallhand in den Drachen übergehen. Die Flügelschläge wurden wieder ein wenig kräftiger, und die Flughöhe nahm etwas
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