DRACHENERDE - Die Trilogie
Drachenmeister, wie der oberste Befehlshaber der Kriegsdrachen-Armada genannt wurde, und sein Name war Tarejo Ko Joma, wobei „Ko“ einfach nur das alt-drachenische Wort für „Haus“ und „Joma“ der Name der Adelsfamilie war, der er entstammte. Kaiser Kojan hatte das Haus Joma einst enteignet und die Ländereien und Burgen der Familie in seinen Besitz gebracht, weil mehreren Mitgliedern des Hauses Untreue und Missachtung der kaiserlichen Gesetze sowie die Erhebung nicht genehmigter Steuern vorgeworfen worden war. Diese Familienschmach war der Hauptgrund für Tarejo gewesen, sich Katagi anzuschließen.
Der neue Kaiser hatte ihn dann auch umgehend zum Lord Drachenmeister ernannt, doch es hatte eine ganze Weile gedauert, bis sich der zuvor einfache Drachenreiter-Samurai Tarejo den Respekt der altgedienten Offiziere in der kaiserlichen Kriegsdrachen-Armada erworben hatte. Ein Respekt, den der Kaiser mit purer Grausamkeit gefördert hatte. In den ersten Jahren seiner Herrschaft waren zahllose Köpfe gerollt, und manche Spötter behaupteten, dass in dieser Zeit mehr Samurai durch den Henker umgekommen waren als in allen Kämpfen zusammengenommen, die die Kriegsdrachen-Armada in den letzten Jahrhunderten zu bestehen gehabt hatte.
Dass Tarejo sich die Narbe in seinem Gesicht zugezogen hatte, lag etwa achtzehn Jahre zurück. Einer der kaiserlichen Wachen hatte sie ihm beigebracht, als er zusammen mit Katagi und dessen zu allem entschlossenen Getreuen in den Palast eingedrungen war. Schützend hatte sich der Wachmann vor seinen Kaiser und dessen Gemahlin gestellt und wie ein Löwe gekämpft.
Der Schwertstreich, den ihm der Wachmann beibrachte, hatte Tarejo wie rasend gemacht. Während ihm das Blut über das Gesicht gelaufen war, hatte er mit einer raschen Folge von Schwertschlägen auf seinen Gegner eingedroschen und ihn regelrecht zerteilt. Die scharfe Klinge seines drachenischen Schwertes drang ohne großen Widerstand durch Fleisch und Knochen. Während Katagi bereits mit seinem Speer des Kaisers Brust durchbohrt hatte und das blutige Haupt seiner Gemahlin in der Linken hielt, ließ Tarejo noch immer seine Klinge durch den bereits völlig zerstückelten Körper des Wachsoldaten fahren, wobei er tierhafte Laute ausstieß.
Selbst einen Mann wie Katagi hatte dieser Anblick erbleichen lassen. „Es ist gut, einen Mann mit Euren düsteren Leidenschaften nicht gegen sich zu haben, Tarejo!“, so waren die Worte des Usurpators gewesen.
„So macht mich zum Lord Drachenmeister!“, hatte Tarejos Vorschlag gelautet.
„Und ich hatte gedacht, die Folterkammer zu leiten wäre eher nach Eurem Geschmack – oder scheut Ihr die viele Arbeit, die in nächster Zeit auf Euch zukäme?“ Katagi grinste breit. „Andererseits soll man das Angenehme nicht mit dem Notwendigen vermischen, denn dann tritt bald der Schlendrian ein. Also seid Ihr ab jetzt Lord Drachenmeister und befehligt die Kriegsdrachen-Armada!“
Katagi hatte diese Entscheidung nicht bereut. Mit unerbittlicher Härte hatte Tarejo dafür gesorgt, dass die wichtigste Säule der kaiserlichen Macht stabil blieb – und was seine finsteren Leidenschaften anging, so hatte er oft genug Gelegenheit, die Folterkeller aufzusuchen und ihnen zu frönen.
Von Katagis Mitverschwörern war Tarejo inzwischen der Einzige, der noch am leben war. Alle anderen waren nach und nach Opfer jener Schreckensherrschaft geworden, die sie selbst mit herbeigeführt hatten.
Der dritte Mann in der Passagierkabine des Kaisers war Ubranos aus Capana, ein Magier. Äußerlich sprachen die tiefschwarzen buschigen und nach oben gebogenen Augenbrauen für seine Herkunft und dass ihm an der Oberlippe der Bartwuchs fehlte. Wenn er seine Kräfte sehr stark konzentrierte, zeigten seine Augen zeitweilig nur noch ein leuchtendes Grün; das konnte nur Momente dauern, manchmal aber auch über Tagen oder sogar Wochen anhalten. Wie alt Ubranos genau war, wusste nicht einmal der Kaiser genau zu sagen.
Er trug ein schwarzes Gewand, aus dessen weiten Ärmeln sehr dürre und knochige Finger ragten. Die Adern an seinen Händen traten deutlich hervor. Katagi schloss daraus, dass Ubranos wesentlich älter war, als es auf den ersten Blick schien.
Der Großmeister von Magus und der Hohe Rat der Magier in Magussa hatten ihn verstoßen, da man ihm unerlaubte Anwendung von »Unaussprechlicher Magie« vorwarf. Darunter verstand man in Magus all die Praktiken, die weder der erlaubten Weißen noch der erlaubten Schwarzen
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