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Drachenfedern I - Schicksalhafte Begegnung

Drachenfedern I - Schicksalhafte Begegnung

Titel: Drachenfedern I - Schicksalhafte Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ashan Delon
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Kindergarten mit Hilfe von Luftballon und Pappmaché gebastelt hatte, hatte er zahlreiche Schlachten gegen sein Steckenpferd gefochten. Beinahe bis ins Jugendalter, bis es ihm irgendwann zu peinlich geworden war, war stets der Drache sein bevorzugtes Faschingskostüm gewesen.
    Welches Kind träumte nicht davon.
    Als Erwachsener wurde nun dieser Traum wahr.
    Als sich der Drache vorsichtig erhob, ging ein weiterer lodernder Schub Angst durch seinen Körper und er wäre am liebsten sofort heruntergesprungen. Unwissend, welche Nöte Jonas auf dessen Rücken durchstand, richtete sich der Drache auf, breitete die gewaltigen, mehr als zehn Meter Spannweite umfassenden Schwingen aus und streckte sie. Es war ein beeindruckendes Tier, beachtlich und gefährlich. Sein Besitzer, dieser Elbenkerl, musste unendlich stolz auf ihn sein.
    Schließlich ging er langsam in die Knie, oder wie auch immer es bei einem Tier hieß und stieß sich so kraftvoll ab, dass Jonas' Kinn auf die harten Schuppen knallte. Verzweifelt und krampfhaft krallte er sich an den Schuppen fest, spürte die beachtliche Kraft der Muskeln, die zwischen seinen Beinen ihre Arbeit begonnen, hörte den rasselnden Atem, das gewaltige Herz des Tieres schneller pumpen, als es sich kraftvoll und mit sirrenden Schwingenschlägen in die Höhe kämpfte. Mit jedem Schlag machte der Drache einen gewaltigen Satz höher in die Luft und bald befanden sie sich weit oberhalb der Häuser, die an den Park angrenzten.
    Jonas krampfte sich gelähmt vor Angst an die Schuppen, drückte sein Gesicht in den Panzer, klammerte sich wie ein Affenbaby an ihm fest. Höher und höher schraubte sich der Drache in den Nachthimmel. Seine Schwingen sirrten durch die Luft. Gewaltige Kraftpakete von Muskeln trieben sie an. Höher und höher, bis München unter ihm zu einem Gewirr aus blinkenden Lichtern zusammenschmolz. Höher und höher, bis sie in die Wolken stießen und die Sterne so nahe kamen wie sonst nur bei einem Überlandflug. Jonas wagte es kaum, seinen Kopf zu heben.
    Relativ rasch gewann er an Sicherheit und er wagte es, den Kopf leicht zu heben und sich umzusehen. Er war so hoch, dass die Welt unter ihm zu einer Spielzeugwelt verkam, mit Straßen, Häusern, Wäldern, die lediglich noch kleine Punkte darstellten, breite, reißende Flüsse, die aus dieser Höhe einzig als dünne, silbergraue, im Mondlicht schimmernde Fäden zu erkennen waren, vom Mond aus dem Nachthimmel herausgeschälte Berge, die in der Ferne wirkten, wie die Reklame einer Schokolade.
    Er sah sich um, war fasziniert von der neuen Perspektive, war gefangen in dem Gedanken, dass die Welt, so wie er sie kannte, zu einem unbedeutenden, winzigen Staubkörnchen in der unendlichen Weite des Universums schrumpfte. Er sah nach oben. Die Wolken schienen zum Greifen nah. Er wagte es jedoch nicht, seine Hände von den Schuppen zu nehmen, aus Angst, er könnte abrutschen und herunterfallen. Ob ihn der Drache auffing, oder ob er überhaupt bemerkte, wenn er seinen Passagier verlor, darauf mochte Jonas nicht vertrauen.
    Nach anfänglicher Angst genoss er nun förmlich den Höhenflug. Höher und höher ging es hinauf, die Wolken wie Watteflöckchen in greifbarer Nähe, über ihm nur noch die Weite des unendlichen Weltalls. Er fühlte sich frei, ungezwungen, als könne er die Welt beherrschen. In diesem Moment, auf dem Rücken eines gewaltigen Tieres, glaubte er unbesiegbar zu sein, alles zu können, beinahe schon Gott zu sein.
    Die Luft sirrte an ihm vorbei, zerrte an ihm, zupfte und rüttelte an ihm, verfing sich in seinem dünnen Hemd und in seiner Jeans. Ihm wurde kalt, sodass sich Jonas schalt, seine Jacke vergessen zu haben. Er klammerte sich an das Tier, suchte Schutz vor der zerrenden Kälte, die ihn mehr und mehr umgab, je höher das Tier stieg.
    Auf einmal schoss abermals gleißende Hitze durch seinen Körper. Wenn das Tier noch höher stieg, würde er nicht nur erfrieren, sondern ihm bald auch noch die Luft ausgehen, erkannte er hysterisch und begann zu schreien. Er würde ohnmächtig werden, loslassen und herunterfallen. Von ihm würde nicht einmal mehr ein Fleck übrig bleiben, nichts was seine Mutter in einen Sarg packen und begraben könnte. Er schrie lauter, zog und zerrte an den Schuppen, als ihm jedoch klar wurde, dass er dadurch den Drachen womöglich erschreckte und er ihn abwarf, ließ er es tunlichst bleiben. So schrie er lediglich, gegen das ohrenbetäubende Sirren des Windes, gegen den Druck, den der rasante

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