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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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schleusen billige Waren in unseren Markt ein und unterlaufen damit die Ostindienkompanie …«
    Dieser Handel war Englands Hauptschlagader. Er deckte die Kosten für die Handelsmarine, bei der ihre Seeleute und Schiffsbauer ausgebildet wurden, und er brachte das Gold und Silber, das die Alliierten
finanzierte; darüber hinaus sorgte er für die Armeen auf dem Kontinent, die sich Bonapartes Herrschaft in den Weg stellten. »Wenn die Preise dramatisch genug fallen würden, könnte das für Panik an der Börse sorgen«, sagte Laurence. »Aber warum sollte irgendjemand in China das Risiko eingehen und Lien so entgegenkommen ?«
    Nach dem Tod ihres vorherigen Gefährten, Prinz Yongxing, war sie in China in Ungnade gefallen: Er war der Kopf jener konservativen Splittergruppe gewesen, die lieber nichts mit den westlichen Nationen zu tun haben wollte, weder in Handelsfragen noch in politischer Hinsicht. Sie hatten den Plan ausgeheckt, den Kronprinzen Mianning zu Fall zu bringen, der insgeheim mit den liberaleren Bestrebungen seines Hofes sympathisierte. Ihr Vorhaben wurde entdeckt und vereitelt, Yongxing selbst getötet, und Lien hatte sich entschlossen, in Frankreich ins Exil zu gehen. Sie hatte sich von ihrer früheren Heimat losgesagt in der Hoffnung, in Napoleon ein geeignetes Instrument zur Rache zu finden.
    Tharkay zuckte mit den Schultern. »Du weißt so gut wie ich, welche Verehrung den Himmelsdrachen zuteilwird, und Yongxings politische Verbündete wurden besiegt, aber nicht ausgerottet. In den dazwischenliegenden Jahren könnten sie sich wieder neu formiert haben.«
     
    »Klingt genau nach Lien«, knurrte Temeraire und schüttelte das Wasser aus seinen Barthaaren; er hatte seinen Durst gestillt und genoss nun das Gefühl rechtschaffener Verachtung. »Sie und Yongxing waren außerordentlich zornig darüber, dass China irgendwelchen Handel mit dem Westen treiben wollte, und sie haben ganz viele schlimme Dinge versucht, nur um das zu verhindern. Und nun hat sie ihre Meinung geändert und versucht, den Handel auszubauen.«
    Laurence stockte kurz und sagte dann zweifelnd: »Ich hatte nicht
mehr daran gedacht, dass sie so grundsätzlich dagegen war, die Grenzen Chinas für den Handel zu öffnen; es ist ein bisschen inkonsequent.« Dann schwieg er.
    »Das ist genau, was ich meine«, sagte Temeraire. »Sie ist völlig zufrieden damit, alle Prinzipien über den Haufen zu werfen, wenn es uns nur schadet; und das ist genau das, was sie so unangenehm macht. Laurence, ich will mich ja nicht beklagen«, fügte er hinzu, »denn dieses Wasser ist wirklich sehr angenehm – so frisch und klar! –, aber ich bin doch ganz schön hungrig.«
     
    Tharkays kleiner Bach hatte sie in nur einer halben Flugstunde an den Fluss geführt, in den er mündete: Er war breit und sauber und an beiden Ufern von riesigen Bäumen gesäumt. Das Gewässer floss für ihr Vorhaben in die falsche Richtung, nämlich in Richtung Sydney statt davon fort, und er war auch voller Steine und an einigen Stellen sehr seicht. Aber man konnte an seinen Ufern entlanggehen, und Tharkay war der Meinung, man solle dem Fluss stromaufwärts folgen und könne so feststellen, ob er irgendwo in einem Pass auf der anderen Seite der Berge entspringen würde. Temeraire hielt es für eine ausgezeichnete Idee, sicherheitshalber in der Nähe des Flusses zu bleiben. Man trocknete so schnell aus, viel rascher, als man das erwarten würde. Und dann war da ja natürlich auch noch Caesar …
    Temeraire warf ihm einen angewiderten Blick zu. Auch nachdem ihm zwei Kanister voll Wasser gebracht worden waren und man ihm gesagt hatte, er könne noch mehr bekommen, sogar noch kühler und erfrischender, hatte man ihn zum Fluss tragen müssen. Er hatte sich nicht gerührt oder irgendwelche Anstrengungen diesbezüglich unternommen. Seine einzige, ausgesprochen beiläufige Bemerkung war: »Ich will jetzt noch nicht fliegen. Temeraire kann mich dort hinbringen.« Selbst als man ihn bat, auf Temeraires Rücken zu klettern, seufzte er tief und vorwurfsvoll. Und als sie dann schließlich am Fluss angekommen waren, war er hinuntergeklettert, ehe irgendjemand
ihn aufhalten konnte, war geradewegs zum Ufer marschiert und im kühlen Nass verschwunden. Jeder andere, der nun noch etwas trinken oder seinen Kanister füllen wollte, musste mit einem ungünstigeren Platz weiter oben am Flusslauf vorliebnehmen.
    Selbst der arme, kranke Strafgefangene Jonas Green hatte sich besser verhalten. Heldenhaft hatte

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