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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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entschließen, wo wir uns doch so weit entfernt von jedem Anzeichen von Zivilisation befinden. Es ist viel wahrscheinlicher, dass er durch die große Hitze oder weil er flugkrank geworden ist, die Orientierung verloren hat, in die Büsche gelaufen ist und den Rückweg nicht mehr gefunden hat.«
    »Ich wüsste nicht, was es uns kümmern sollte, wenn er dumm genug ist, in der Wildnis herumzustreunen und nicht wiederzukommen«, sagte Iskierka. »Er ist doch kein Ei, das überall hingeschleppt wird, wo es derjenige, der sich gerade darum kümmert, haben will, und das außerstande ist, für sich selbst zu sorgen.«
    Temeraire wollte natürlich nicht mit Laurence streiten, aber er
neigte dazu, Iskierka und ihrer Sicht der Dinge zuzustimmen, vor allem nachdem er gehört hatte, wie einige der Gefangenen sich zuraunten: »Wenn du mich fragst, dann ist der schon über alle Berge und auf halbem Wege nach China. Und wir hängen hier wie die Zitzen einer Sixpence-Hure aus den Hintergassen Sydneys unter dem Bauch dieses Monsters«, obwohl sie eigentlich angewiesen worden waren, »Jack, Jack«, zu rufen, während Temeraire seine Kreise zog. Jack schien ihre Erklärung zu bestätigen. Zumindest antwortete er nicht und trat auch nicht hinter einem Busch hervor und winkte mit seinem Arm.
    »Er muss beschlossen haben, sich zu verstecken«, sagte Temeraire. »Ganz bestimmt, Laurence. Wir haben so einen beeindruckenden Lärm gemacht, dass es niemand irgendwo in der Nähe überhört haben könnte. Ich hoffe«, fügte er ein wenig vorwurfsvoll hinzu, »dass das nicht für die Diebe gilt, denn sonst dürften sie gewarnt sein.«
    Auch wenn er es hätte anführen können, erwähnte Temeraire nicht, dass Telly eine ständige Plage gewesen war, seitdem sie Sydney verlassen hatten: Er hatte sich unablässig beklagt. Temeraire fand nicht, dass es ein großer Verlust wäre, wenn er nicht weiter mit ihnen mitfliegen wollte.
    »Mir lässt das keine Ruhe«, sagte Laurence. »Bitte, Demane, klettere doch nach unten und frage die Männer, zu was für einer Strafe Telly verurteilt wurde und was sein Beruf war.«
    Demane kletterte an Temeraires Flanke zum Bauchnetz hinunter, um dort mit den Gefangenen zu sprechen, dann kam er wieder hoch, um Bericht zu erstatten. Telly war früher ein ausgebildeter Zimmermann gewesen und hatte sich selbst auch immer so bezeichnet, doch er war verurteilt worden, weil er im Alter von sechzehn Jahren in London durch ein Fenster geklettert war, um einige Dinge zu stehlen, die es ihm ermöglichen sollten, Schulden in Höhe von rund fünfundzwanzig Pfund zurückzuzahlen. Er hatte dann beschlossen, dies sei ein einträglicherer Beruf, und sich von jeder Hoffnung
auf ein ehrbares Leben verabschiedet. Kurz gesagt: Er war ein gewöhnlicher Dieb, ein Mann, dessen Leben eine ungute Wendung genommen hatte und der zu zwanzig Jahren Deportation und harter Arbeit verurteilt worden war.
    »Was hat ein solcher Mann in der Wildnis verloren, und warum sollte er freiwillig dort hineinlaufen?«, fragte Laurence.
    »Ich verstehe nicht, warum Sie einem solchen Mann so viel Verstand anstelle von reiner Triebhaftigkeit zutrauen«, sagte Rankin. »Ich bin mir sicher, er hat sich das alles ganz einfach vorgestellt: Bei einem Mann mit guten Aussichten auf einen anständigen Beruf, der sich selbst in absurd hohe Schulden stürzt, zum Dieb wird und London unsicher macht, bis man ihn aufgreift und deportiert, kann man wohl nicht davon ausgehen, dass er auch nur die geringste Fähigkeit besitzt, klar zu denken.« Dann fügte er mit schneidender Stimme hinzu: »Und man kann auch nicht erwarten, dass er im Sinne der Gemeinschaft denkt. Und währenddessen wird ein Tier, das in unserer augenblicklichen Lage unbezahlbar ist, weggeschafft. Ich habe Ihren Freund, den Chinamann, vermuten hören, dass eine Gruppe französischer Spione dafür verantwortlich sein könnte. Wenn Sie also weiter darauf beharren, dass wir den Vorfall mit dem Burschen Telly verfolgen, werden wir ganz sicher die Spur des Eis verlieren. Sie können versichert sein, dass ich nicht davor zurückschrecken werde, dieses Thema in meinem nächsten Bericht an die Lordschaften offen anzusprechen, ebenso wie Granbys Fehlentscheidung, Ihren Wünschen nachzugeben.«
    Es war sehr unangenehm, der gleichen Meinung wie Rankin zu sein, vor allem, wenn er in so beleidigender Art und Weise sprach, und Temeraire dachte, dass er selbst auch nicht eben im Sinne der Gemeinschaft dachte. Aber das Ei war von

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