Drachenflamme: Roman (German Edition)
nicht genießen: Seine Kehle schmerzte unangenehm, wenn er versuchte, irgendetwas zu essen, das nicht ganz weich war, und das Wasser schmeckte noch immer bitter und nach Asche, auch wenn er das gefilterte aus der kleinen Grube trank. Alles, was Gong Su für ihn zerkleinert hatte, war von diesem Geschmack durchsetzt. Er aß so viel, wie er schlucken konnte und bis der allerschlimmste Hunger gestillt war, aber traurigerweise war hinterher noch immer viel Platz in seinem Magen. Er wäre froh gewesen, wenn er sich auf etwas Besseres hätte freuen können, das in der Zeit, wenn er erst wieder normal Nahrung würde zu sich nehmen können, auf ihn warten würde. Doch bei diesem Tempo dürfte Kulingile auch das Pökelfleisch aufgegessen haben, ehe irgendjemand sonst einen Bissen davon zwischen die Zähne bekommen hätte.
»Natürlich können wir weiterfliegen«, sagte Temeraire trotzig, als Laurence ihn danach fragte. Temeraire kam nicht gegen das Gefühl an, dass man das Ei schnell würde entdecken müssen, oder man würde es nie mehr finden. Nun, wo man sich um nichts anderes mehr Sorgen machen musste, war seine Aufgabe klar. Und ja, er wünschte es sich so sehr, von den Schuldgefühlen befreit zu werden – denn als Laurence davon gesprochen hatte, den Schlüpfling zu füttern, da hatte er für einen kurzen Augenblick beinahe geglaubt, dass …
Nein, er ertrug es nicht, den Gedanken zu Ende zu führen. Laurence hatte ihm das Gegenteil versichert, und am Ende hatte er es ja auch nicht getan, und seine Erklärungen hatten durchaus einen Sinn ergeben. Schließlich konnte Temeraire es nicht wirklich glauben, dass irgendjemand den Schlüpfling ihm vorziehen würde. Kulingile war sehr klein, selbst wenn er nicht sterben sollte. Aber gegen sein schlechtes Gewissen kam Temeraire einfach nicht an. Er war schon dafür verantwortlich, dass Laurence sein Vermögen verloren hatte und seinen Rang und sein Zuhause. Und diese Reihe nun auch noch mit dem Verlust eines Eis fortzusetzen …
»Ich fühle mich wieder ganz gesund, Laurence«, sagte er entschlossen. »Ich weiß, ich klinge noch nicht wieder wie früher, aber das liegt nur daran, dass mir noch immer ein Rest Rauch in der Kehle festsitzt. Lass uns sofort aufbrechen.«
Temeraire klang in der Tat noch nicht wieder wie er selbst, und die Geschwindigkeit, mit der er flog, unterschied sich auffällig von dem Tempo, das er bislang immer vorzulegen versucht hatte. Laurence hatte ihn ein Dutzend Mal pro Stunde bitten müssen, sich doch ein wenig zurückzuhalten, damit Caesar mithalten konnte. Davon konnte jetzt nicht mehr die Rede sein. Kulingile klammerte sich, flach ausgestreckt und mit Gurten gesichert, auf Temeraires Rücken fest, Demane saß dahinter und ertrug die kalte Missbilligung, die in den Blicken aller Flieger lag, die zu ihm herüberschauten. Der Junge hielt seinen Kopf trotzig hoch erhoben, und Laurence sagte: »Mr. Blincoln, wir wollen dem Schlüpfling etwas getrocknetes Fleisch bringen lassen«, was wie ein Tadel klang, der an die anderen gerichtet war.
Kulingile verschlang alles, was ihm angeboten wurde, beinahe sofort und wartete seufzend auf Nachschub, auch wenn sie gerade erst wieder seit einer halben Stunde in der Luft waren. Noch zwei weitere Male mussten sie ihn während des Fluges füttern, ehe sie unter sich ein Wasserloch entdeckten und Temeraire für eine Pause landete – wozu er nicht lange überredet werden musste, wie Laurence besorgt zur Kenntnis nahm.
Die Landschaft war in alle Richtungen hin verbrannt, außer an den Stellen, wo dicke, grüne Büsche wie eine Art Feuerbarriere gewirkt hatten oder ein verödetes Stück Erdboden den Flammen keine Nahrung geboten hatte. Das Wasserloch war durch diese beiden Bedingungen geschützt worden, und nur ein dünner Aschefilm schwamm auf der Oberfläche, den sie jedoch mit ihren Bechern und Eimern leicht abschöpfen konnten. Die Wasserstelle war allerdings
an den meisten Stellen nicht tief, und sie mussten den Großteil des Vorrats, den sie am Bach in ihre Behälter und Kanister gefüllt hatten, aufheben. Dieses Wasser hier, das besser und frischer war, benutzten sie nur dazu, um ihren unmittelbaren Durst zu stillen.
Temeraire trank und trank, als die anderen fertig waren, bis das Loch beinahe nur noch eine feuchte Senke in der Erde war. Zum Glück begann das Wasser aber schon wieder nachzusickern, als Temeraire genug hatte und sich zurückzog, sodass den anderen die Aussicht auf mehr blieb, wenn sie
Weitere Kostenlose Bücher