Drachenfutter
wie er seinen gelangweilten Gesichtsausdruck aufgab und sich zu einem Lächeln zwang.
»Tut mir leid, Leute«, rief er mit wohlgeübter Autorität. »Ihr werdet hier abziehen müssen. Wir rücken bald weiter, und ihr steht mitten im Weg.«
»Ruf deinen diensthabenden Offizier!« herrschte Aahz ihn an.
»Meinen was?« Der Soldat runzelte die Stirn.
»Deinen diensthabenden Offizier, Kommandeur, oder wie immer ihr den nennt, der im Augenblick für euren Truppenteil verantwortlich ist«, erklärte Aahz. »Irgendeiner muß die Sache doch schließlich in der Hand haben, und wenn du ein Offizier bist, bin ich die Maikönigin.«
Ob der Soldat nun Aahz Anspielung verstand oder nicht (ich verstand sie nicht), jedenfalls bekam er den groben Sinn mit.
»Ja, wir haben schon einen Verantwortlichen«, knurrte er, und seine Miene verdüsterte sich etwas. »Aber der hat im Augenblick eine Menge zu tun, zu viel, um herumzustehen und sich mit Zivilisten zu unterhalten. Wir machen unsere Truppen zum Abmarsch bereit, Mister, also schnappt Euren Sohn und haut ab. Wenn ihr den Soldaten zusehen wollt, müßt ihr mitziehen und zusehen, wenn wir heute Abend das Lager aufschlagen.«
»Hast du die geringste Vorstellung, mit wem du sprichst?« fragte ich mit überraschend sanfter Stimme.
»Es ist mir völlig egal, wer dein Vater ist, Jungchen«, gab der Soldat zurück. »Wir versuchen ...«
»Ich heiße nicht Jungchen sondern Skeeve!« zischte ich und richtete mich auf. »Hofzauberer am Hofe von Possiltum, bestellt zur Verteidigung des Königreiches. Nun rate ich dir, deinen Offizier zu holen, oder willst du morgen in einem Lilienbusch aufwachen?«
Der Soldat trat einen Schritt zurück und musterte mich mißtrauisch.
»Meint er das ernst?« fragte er Aahz skeptisch.
»Was hältst du denn vom Fliegen?« Aahz lächelte,
»Sie meinen, er kann wirklich ...«
»Hör zu«, fiel Aahz ihm ins Wort. »Ich spiele ja nicht den Diener eines Halbwüchsigen, weil er so eine tolle Persönlichkeit ist, wenn du verstehst, was ich sagen will.«
»Ich verstehe ... hm ...« Der Soldat schob sich vorsichtig zum Lager zurück. »Ich... äh ... werde meinen Offizier holen.«
»Wir warten hier«, versicherte ihm Aahz.
»Was stimmt denn nicht mit meiner Persönlichkeit?« fragte ich platt heraus.
Aahz seufzte.
»Später, Kerlchen. Konzentriere dich im Augenblick nur darauf, distanziert und würdevoll auszusehen, okay?«
Okay oder nicht, es blieb mir nicht viel anderes zu tun, während wir warteten, daß der Offizier auftauchte.
Offensichtlich hatte sich die Nachricht von unserer Anwesenheit im Lager in Rekordzeit herumgesprochen, denn eine Menge Soldaten scharten sich am Rande des Lagers zusammen, lange ehe wir das geringste Zeichen des Offiziers zu sehen bekamen. Es sah so aus, als seien alle Aufbruchsvorbereitungen zumindest für den Augenblick lahmgelegt, während die Soldaten sich aufstellten und die Hälse reckten, um uns zu begaffen.
Es war schon ein ganz nettes Gefühl, eine solche Sensation ausgelöst zu haben, bis ich bemerkte, daß einige Soldaten sich die Zeit nahmen, Waffen und Rüstungen anzulegen, bevor sie sich der Menge anschlössen.
»Aahz!« flüsterte ich.
»Ja, Kerlchen?«
»Ich dachte, das soll eine friedliche Unterredung werden.«
»Wird es auch«, versicherte er mir.
»Aber sie bewaffnen sich!« erklärte ich.
»Immer mit der Ruhe, Kind«, wisperte er zurück. »Vergiß nicht, daß Ajax uns Deckung gibt.«
Ich versuchte, mich auf diesen Gedanken zu konzentrieren. Dann sah ich einen, bei dem es sich vermutlich um den Offizier handelte, von zwei Soldaten flankiert auf uns zukommen, und mein Blick fiel auf die Schwerter, die sie alle trugen.
»Aahz!« zischte ich.
»Ganz ruhig, Kerlchen«, riet mir Aahz. »Denk an Ajax!«
Ich dachte an ihn. Und ich dachte auch daran, daß wir zahlenmäßig weit unterlegen waren.
»Wenn ich recht verstehe, sind die Herren die Botschafter von Possiltum?« erkundigte sich der Offizier, als er vor uns stehen blieb.
Ich nickte steif, und hoffte, daß man meine abrupte Bewegung als Zeichen der Verärgerung und nicht der Angst interpretierte.
»Schön«, sagte der Offizier feixend. »Dann habe ich als erster Vertreter des Imperiums, der mit einem Vertreter von Possiltum sprechen kann, das Vergnügen, Eurem Königreich offiziell den Krieg zu erklären.«
»Wie heißt Ihr?« fragte Aahz beiläufig.
»Claude«, antwortete der Offizier. »Warum fragt Ihr?«
»Historiker lieben Details«,
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