Drachenfutter
Ungeheuer kein Feuer speien konnte, was zu bezweifeln war, so besaß es offensichtlich die rein körperliche Kraft, meinen Liebling mit minimaler Anstrengung zu zermalmen. Es unternahm immer noch nichts, sondern schaute ihn wieder fassungslos an, fast so, als wäre es ihm peinlich.
Ich beobachtete das Ganze, vor Entsetzen wie erstarrt.
So konnte es nicht weitergehen. Gliep kam dem Riesen einfach zu nahe, um weiter ignoriert zu werden. Nun mußte das Monster jeden Augenblick reagieren.
Und das tat es dann schließlich nach einem letzten Blick auf seinen rasenden Wärter. Mit einem Seufzen stieß der große Drache seine krallenbewehrte Vorderpfote zu einem Knuff nach vom, der ein Loch in ein Haus hätte schlagen können. Er traf Gliep seitlich am Kopf, daß er zu Boden ging und alle viere von sich streckte.
Doch mein Liebling zeigte Schneid, rappelte sich mühsam auf und schüttelte seinen Kopf, als müsse er ihn wieder klar bekommen.
Doch bevor er seine aggressive Haltung wieder einnehmen konnte, streckte der große Drache seinen Hals, bis ihrer beider Köpfe sich auf gleicher Höhe befanden und begann, Gliep etwas ins Ohr zu murmeln und zu brummeln. Mein Drache legte seinen Kopf schief, als lausche er, dann wuffte er etwas zur Antwort.
Unter den fassungslosen Blicken der menschlichen und nichtmenschlichen Wesen konferierten die beiden Drachen mitten auf dem Schlachtfeld und unterstrichen ihr Gemurmel durch gelegentliche Rauchwölkchen.
Ich versuchte, mich näher heranzuschieben, um mir eine genauere Vorstellung zu machen, was da vor sich ging, doch der große Drache warf mir einen verderblichen Blick zu und ließ einen Flammenstoß los, der mich auf respektvolle Distanz hielt. Nicht daß ich Angst gehabt hätte, was denken Sie! Gliep schien die Lage völlig in der Hand zu haben ... oder in der Kralle, besser gesagt. Na, ich hatte Aahz ja schon immer gesagt, daß Gliep ein sehr begabter Bursche war.
Letztendlich richtete der große Drache sich auf, drehte sich um und verließ mit hoch erhobenem Kopf majestätisch das Feld, ohne noch einen Blick zurückzuwerfen. Ungeachtet des wütenden Geschreis der Soldaten marschierte er zurück in seine Kiste, setzte sich auf die Hinterbacken und kehrte den ganzen Geschehnissen den Rücken zu.
Die Raserei seines Wärters wurde nur noch durch den Tobsuchtsanfall Antonios übertroffen. Er brüllte mit hochrotem Gesicht und wütenden Gesten den Wärter an, bis dieser das Amulett von seinem Hals nahm, es dem Offizier aushändigte und von dannen zog. Antonio blinzelte den Anhänger an, schleuderte ihn zu Boden und stapfte dem Wärter hinterdrein. Das war genau die Gelegenheit, die ich brauchte. Ich ließ meine Gedanken ausschweifen und schon flog mir das Amulett in die Hand.
»Aahz!« begann ich.
»Ich glaube es nicht«, murmelte mein Lehrer vor sich hin. »Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, aber ich kann es immer noch nicht glauben.«
»Gliep!«
Mein Liebling kam an meine Seite galoppiert und war verständlicherweise sehr zufrieden mit sich selbst.
»He, Bürschchen!« rief ich und schlang ungeachtet seines schlechten Atems meine Arme um seinen Hals.
»Was war da draußen denn los?«
»Gliep!« sagte mein Gefährte ausweichend und sah geflissentlich zu einem Wölkchen hinauf.
Falls ich mit einer Antwort gerechnet hatte, so war nun spätestens klar, daß ich keine bekommen sollte.
»Ich kann es immer noch nicht glauben!« wiederholte Aahz.
»Schau, Aahz«, sagte ich und ich hielt das Amulett hoch. »Nun brauchen wir uns weder um diesen noch um irgendeinen anderen Drachen je wieder Gedanken zu machen. Da haben wir doch einen hübschen Gewinn gemacht!«
»Allerdings!« meinte Aahz mit finsterem Blick. »Tu mir nur einen Gefallen, ja Kind?«
»Welcher wäre das, Aahz?«
»Wenn dieser Drache oder irgend ein anderer in unser Lager spaziert, gib ihm nichts zu fressen! Wir haben schon einen, und mehr kann ich nervlich auch nicht aushalten. Okay?«
»Klar, Aahz«, antwortete ich mit einem Lächeln. »Gliep!« meinte mein Liebling und drückte sich an mich, damit ich ihn weiterstreichelte, was ich denn auch tat.
22
»Die Hölle kennt nichts Entsetzlicheres als einen brennenden Dämonen.«
C. MATHER
Gegen unseren nächsten Kriegsrat wirkten alle vorangegangenen lächerlich unbedeutend. Doch dies war zu erwarten gewesen, da wir nun mit dem Kommandeur der gesamten linken Flanke der Imperiumsarmee zu tun hatten.
Unsere Zusammenkunft fand in einem Zelt statt, das eigens
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