Drachengasse 13, Band 02
voller Gelächter und Gespräche der Bergleute. Doch dann war das Grauen gekommen – und jetzt lebte hier nichts und niemand mehr. „Lasst uns reingehen. Wir sind schließlich hergekommen, um Bortha und die anderen zu finden .“
„Außerdem … “ Hanissa war zu ein paar verrotteten Holzfässern hinübergegangen, die in der Nähe des Eingangs standen. Sie hob einen Gegenstand auf, der daneben lag.
Sando sog erschrocken die Luft ein. „Ist das Grimbaks Wurfaxt ?“ Die kleine Waffe kam ihm bekannt vor.
„Es ist zumindest eine Wurfaxt “ , murmelte Hanissa leise und hielt sie ihm hin. „Hier unten im Griff sind irgendwelche Runen eingeritzt .“
Sando warf einen Blick darauf. „Das bedeutet Kohlebart. Der Name von Grimbaks Klan. Freiwillig hat Grimbak diese Waffe hier bestimmt nicht zurückgelassen .“
Tomrin hob sein Schwert ein wenig und machte einen weiteren Schritt auf die klaffende Öffnung zu. „Ich will verdammt sein, wenn ich diesem Geheimnis nicht auf den Grund gehe .“
Hanissa blickte Thimon an. „Möchtest du uns von hier aus helfen ?“ , fragte sie lächelnd.
Der Zwergenjunge nickte dankbar und erleichtert. „Aber wie denn ?“
„Hier .“ Sie griff unter ihre Kleidung und brachte ihre Geldbörse zum Vorschein. „Sie ist mit einem Findezauber belegt. Wenn du hier bleibst und sie festhältst, können wir uns im Stollen nicht verirren. Egal, wo wir sind, wir können immer ein magisches Band rufen, das uns auf schnellstem Weg zu dir und der Börse zurückführt .“
Thimons Augen wurden groß. Er nahm die Börse so vorsichtig und ehrfurchtsvoll an, als gehöre sie Gumrak Eisenschild persönlich.
Tomrin lächelte. „Also gut. Thimon, du wartest hier und bist unser Anker. Nissa, Sando, Fleck, Pip und ich gehen rein .“
Sie verabschiedeten sich von Thimon.
Tomrin nahm Borthas Zunderbüchse und entzündete seine mitgebrachte Laterne.
Sando trat derweil gegen eines der Holzfässer und brach sich ein längliches Stück heraus. „Ein Knüppel “ , erklärte er, als er Tomrins fragenden Blick bemerkte. „Mein Dolch ist zwar nicht schlecht, aber je nachdem, was uns da unten erwartet, kann’s nicht schaden, zwei Waffen zu haben .“
Hanissa atmete tief durch. „Los geht’s .“
Die Freunde traten ins Dunkel.
Kapitel 10
Hämmern in der Tiefe
Tomrin war niemand, der schnell Angst bekam. Aber im Augenblick hatte er ein unglaublich mieses Gefühl. Er wünschte sich wirklich, dass sie Bortha und die anderen Zwerge bald fanden.
Der Junge hob die Laterne höher, um Pip nicht aus den Augen zu verlieren, die vor ihnen herflatterte. Der Lichtkegel reichte nur einige Schritte weit. Dahinter lag völlige Finsternis. Der Stollen war offensichtlich sehr alt. Schwere Holzbalken stützten die steinerne Decke, die erstaunlich hoch über den Köpfen der drei Freunde lag. Vielleicht sind die Zwerge hier früher mit Fuhrwerken hineingefahren, um das Geröll wegzuschaffen , dachte Tomrin.
Auf einmal fiel Tomrin ein Schillern auf dem Boden auf. „Seht mal, da vorn “ , sagte er.
Die drei traten näher. Ein öliger, feuchter Fleck befand sich dort.
Hanissa fuhr zusammen. „Geisterblut “ , flüsterte sie beklommen.
„Was sagst du da ?“ , fragte Sando unsicher, während er Fleck zurückhielt, der versuchte, an der Lache zu schnuppern.
Hanissa wiederholte, was Magister Huibur ihr über die Spuren mancher Geister erzählt hatte.
Tomrin lief ein Schauer über den Rücken. Er schob sein Schwert zurück in die Scheide. Seine Hand wanderte zu einer der Geisterbomben, die Hanissa ihm gegeben hatte und die in einer Tasche seines Wamses lagerte. „Das gefällt mir immer weniger .“
„Mir geht’s genau wie dir “ , sagte Sando. Er hielt den Holzprügel so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
Hanissa zupfte Tomrin am Ärmel und machte eine auffordernde Kopfbewegung. „Kommt weiter .“
Tiefer und tiefer drangen sie in den Stollen vor, der sich als regelrechtes Stollennetz erwies. Mehr als einmal zweigten dunkle Gänge zur Linken und zur Rechten ab. Steile, bodenlos wirkende Schächte stürzten jäh neben ihnen in die Tiefe. Außerdem gabelte sich ihr Weg mehrfach. Wäre Pip nicht gewesen, die mit scheinbar untrüglicher Sicherheit vor ihnen herflog, hätten die drei Freunde bereits nach wenigen Minuten nicht mehr gewusst, wohin sie sich wenden sollten.
„Mann, geht das weit unter die Erde “ , raunte Sando in Tomrins Rücken.
„Allerdings “ , gab Tomrin zurück.
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