Drachengasse 13, Band 02
gewaltig. Das erkannte er im nächsten Moment, als sie um eine Ecke bogen und vor ihnen urplötzlich eine Wand aus Stein auftauchte – eine Wand mit tonnenförmigen Beinen, riesigen Pranken und einem Maul voll diamantharter Zähne.
Hanissa schrie auf. Sando fuhr zusammen, als habe ihn der Blitz getroffen. Fleck bekam einen heftigen Schluckauf. Pip flatterte unter die Decke und klammerte sich an einen herabhängenden Felsen.
Ein Steinfresser! , durchfuhr es Tomrin. Und was für ein Riese! Instinktiv wich er zurück.
Mit Krxl, dem sie in Rurzaks Steinmetzbetrieb begegnet waren, hatte dieses Ungetüm nicht viel gemein. Zwar bestand auch sein Körper aus dunklem Stein, doch das war auch schon alles. Wenn Krxl ein Berg von einem Kerl gewesen war, so war dieser Steinfresser ein Gebirge! Sein massiger Leib sah zerfurcht aus, wie eine schroffe Felslandschaft. Den quadratischen Schädel hielt er nach vorn gereckt, um nicht gegen die Stollendecke zu stoßen. Und seine schwarzen Augen glitzerten im Schein von Tomrins Laterne.
Steinfresser sind dumm , rief sich Tomrin in Erinnerung. Dumm wie ein Stein. „Äh … Hallo “ , sagte er in der Hoffnung, dass sie sich an dem Hünen vielleicht vorbeimogeln konnten. „Wie geht es dir heute ?“
Der Steinfresser hob die riesigen Pranken und gab ein tiefes, mahlendes Geräusch von sich. Drohend kam er einen Schritt näher. Seine Faust beschrieb einen Halbkreis in der Luft und zertrümmerte einen der Balken, die den Stollen stützten.
Hinter Tomrins Rücken quäkte Fleck. Dann war ein fleischiges Schmatzen zu hören.
„Los, weg hier “ , rief Sando. „Der sieht nicht aus, als wollte er reden .“
Die drei wandten sich um und prallten erschrocken zurück.
Vor ihnen verwandelte sich Fleck gerade in den Nachtfresser!
„Oh nein “ , entfuhr es Hanissa. „Nicht jetzt .“
Doch Fleck hörte nicht auf das Mädchen. Er hob ebenfalls die Arme, öffnete sein nun gefährlich großes Maul und stieß ein ohrenbetäubendes Drachenbrüllen aus. Ohne Zweifel wollte er seine Freunde beschützen. Doch leider blockierte er, groß wie er nun war, gleichzeitig ihren Fluchtweg.
„Fleck, pass doch auf !“ , rief Sando und duckte sich, um Flecks wirbelnden Krallen zu entgehen, mit denen der Jungdrache den Steinfresser zu verjagen versuchte.
Das steinerne Ungetüm hob den Blick und richtete seine Aufmerksamkeit auf den neuen Gegner. Dabei drehte es den massigen Leib ein wenig, und eine Lücke entstand zwischen ihm und der Stollenwand.
„Schnell !“ Tomrin packte Hanissas Hand und stürmte los. Er zog blitzschnell den Kopf ein, als die Hand des Steinfressers nach ihm zu greifen versuchte. Im nächsten Augenblick waren die beiden an dem Monstrum vorbei und befanden sich hinter seinem Rücken.
Tomrin fuhr herum und sah, dass Sando ihnen mit einem gewagten Satz folgte. Im Vorbeihechten verpasste er dem Steinfresser einen Hieb mit dem Knüppel. Doch damit erreichte er nur, dass dieser in zwei Teile zersplitterte.
Der Steinfresser grollte erneut, und Fleck antwortete mit einem Brüllen.
„Fleck !“ , schrie Hanissa. Sie wollte losstürmen und sich dem Steinfresser in den Rücken werfen, doch Tomrin hielt sie fest.
„Willst du dich umbringen ?“ , fuhr er sie an.
„Wir müssen Fleck helfen “ , gab das Mädchen hitzig zurück.
„Wie denn? Hiermit ?“ Tomrin ließ Hanissa los, riss sein auf einmal lächerlich klein wirkendes Kurzschwert aus der Scheide und hielt es ihr unter die Nase. „Der macht uns doch zu Brei !“
Irgendwo in der Ferne waren Männerrufe zu hören.
Sando fluchte. „Sie haben uns gehört. Wir müssen hier weg .“
„Aber wir können Fleck nicht zurücklassen “ , beharrte Hanissa.
Mittlerweile standen sich die beiden ungleichen Gegner Auge in Auge gegenüber. Der Steinfresser holte aus, um Fleck die Faust auf den Schädel zu schmettern. Doch Fleck fing den Hieb mit seinen klauenbewehrten Vorderläufen ab. Als Nachtfresser hatte er Riesenkräfte, und seine Angst ließ diese noch weiter wachsen.
Tomrin sah, wie Fleck zum Gegenangriff überging. Er schlug mit seinen Klauen nach dem Ungetüm. Graue Steinsplitter flogen in alle Richtungen, doch das schien den Steinfresser kaum zu kümmern. Er hob beide Hände und stieß Fleck mit Wucht von sich.
Der Drache stolperte rückwärts und krachte gegen einen Stützbalken. Knirschend brach das oberschenkeldicke Holz unter seinem Gewicht, und ein Felsbrocken schlug auf Flecks Schädel. Er stieß ein
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