Drachengasse 13, Band 03
wackelte zweimal bestätigend mit dem rundlichen Leib, drehte ab und verschwand surrend den Gang hinunter, um zu seinem Wartenest zurückzukehren.
Tomrin zog sein Schwert.
„Muss das sein?“, fragte Hanissa.
„Wir haben vor, in die Gemächer der Königinlarve einzubrechen“, erwiderte er. „Ich möchte nicht auf einmal von irgendwelchen übereifrigen Wachen niedergestochen werden.“
„Du weißt doch, dass die Xix so etwas niemals tun würden.“
„Früher vielleicht. Aber wie sieht es jetzt aus?“
Hanissa seufzte. Jungs und ihre Spielsachen … , dachte sie.
Vorsichtig traten sie durch die Öffnung und sahen sich um. Der Raum dahinter war leer.
„Warte kurz“, flüsterte Tomrin. Er huschte zu den drei Löchern in der Wand, die in Nachbarräume führten. Zufrieden nickte er. „Niemand zu Hause“, erklärte er. „Rasch. Lass uns etwas suchen, das sich für den Findezauber eignet.“
Während der Junge sein Schwert zurück in die Scheide auf seinem Rücken steckte, nahm Hanissa das Zimmer genauer in Augenschein. Die lehmartigen Wände waren glatt verputzt. Fein schimmernde orangefarbene Vorhänge zierten sie, auf denen braune Xix-Männlein verschiedene Heldentaten zu vollbringen schienen. Auf dem Boden lagen Bastmatten, die rote und gelbe Muster aufwiesen. Und von der Decke hing ein traubenartiger Leuchter aus Metall, in dem viele kleine Lichter flackerten. Das Zimmer schien eine Art Aufenthaltsraum zu sein, denn es gab einen Tisch und eigentümlich geformte Hocker, auf denen es sich die vierbeinigen Xix bequem machen konnten. Außerdem waren einige Regale in die Wand eingelassen worden, in denen Schriftrollen lagen, die Hanissa sich liebend gern näher angeschaut hätte. Leider war dies der völlig falsche Zeitpunkt dafür.
„Weißt du, was seltsam ist?“, fragte Tomrin, der sich verwirrt im Kreis drehte. „Es gibt hier überhaupt keine Kampfspuren. Man sollte doch denken, dass der Entführer die Königinlarve nicht ohne Widerstand rauben konnte.“
„So kurz vor der Zeremonie war sie bestimmt nicht hier, sondern in einem nicht weit von der Hauptkammer entfernten Raum“, vermutete Hanissa.
„Ja, vermutlich.“ Der Junge machte ein fragendes Gesicht. „Und? Schon etwas Passendes entdeckt?“
Sie schüttelte den Kopf. „Hier ist nichts. Lass uns die anderen Räume durchsuchen.“
Der Raum zur Linken schien der Einrichtung nach zwei Leibdienern Zrkidas zu gehören, und sie schenkten ihm keine weitere Beachtung. Das rechte Gemach war ein Bad. Bei der steinernen Badewanne, die in der Mitte des Raums stand, gingen Hanissa regelrecht die Augen über. Soviel sie wusste, war die Königinlarve nicht größer als ein Menschenbaby, doch in diese Wanne hätte eine ganze Familie gepasst. Als sie jedoch einen Blick über den Rand warf, verflüchtigten sich ihre Badeträume. Die Wanne war voll mit dickflüssigem gelbem Gelee!
Im letzten Raum schließlich wurden sie gleich mehrfach fündig. Es handelte sich um das Schlafgemach der Königinlarve, an deren Rückwand eine schön gearbeitete Wiege stand. Tomrin durchquerte den Raum, schaute hinein und holte etwas daraus hervor.
Grinsend drehte er sich zu Hanissa um. „Schmusetuch oder Kuscheltier? Was darf es sein?“, fragte er, während er ein von Kauspuren geziertes rot-violettes Tuch und einen kleinen rundlichen Stoff-Xix in die Höhe hielt.
„Beide“, entschied Hanissa. „Sicher ist sicher.“ Sie nahm das Tuch und das Kuscheltier entgegen und steckte sie in ihre Umhängetasche, die sie immer bei sich trug. „Und jetzt verschwinden wir besser von hier, bevor uns noch jemand entdeckt.“
Tomrin nickte, und sie eilten auf den Ausgang zu. Sie hatten ihn gerade passiert und wollten auf die gewundene Rampe zulaufen, als plötzlich in einem Seitengang zwei Xix-Soldaten auftauchten. Einer der beiden war außerordentlich beleibt, der andere umso dürrer. Beide umklammerten ihre Speere so fest, dass die Knöchel ihrer knotigen Hände hervortraten, und ihre Facettenaugen waren weit aufgerissen. „Ha! Wer seid ihr?“, rief der Beleibte und klackte dabei mit den Mandibeln. Beide senkten die Speere und richteten die Spitzen auf Hanissa und Tomrin.
„Wir sind Freunde“, beeilte Tomrin sich zu sagen. „Wir waren Gäste bei Euch während der Krönungszeremonie, und … äh … “ Er stockte.
„… weil sie uns zu langweilig war, wollten wir uns ein bisschen umschauen“, kam Hanissa ihm zu Hilfe. „Dabei haben wir uns verlaufen. Wir suchen den
Weitere Kostenlose Bücher