Drachengasse 13, Band 04
habe?“
„Duhastunsdavonerzählt“,erwiderteSando.„InirgendeinemZauberbuchanderMagischenUniversität,indaslangeniemandmehrdieNasegesteckthatte,standetwasüberdenUnsichtbarkeitszauber,dereseinsttraf.Dashastduzufälliggelesen,unddannbistdudasHaussuchengegangen, weil du in ihm ungestört zaubern wolltest.“
„Genau. Als ich das Haus fand, war es schon wie heute – völlig unbewohnt.“
„Ja, und?“
Sie rollte mit den Augen. Manchmal waren Jungs ganz schön schwer von Begriff. „Na, irgendwer hat hier früher ja gewohnt! Bevor es unsichtbar wurde. Die ganzen Möbel sind schließlich nicht von selbst hier aufgetaucht.“ Wenn sie sich nicht irrte, hatte die Drachengasse 13 einst einem Weltreisenden gehört.
„Und diesen Jemand willst du finden“, folgerte Tomrin. Er klang zweifelnd. „Lebt der überhaupt noch?“
„Irgendwo müssen wir anfangen“, beharrte sie. „Ihr geht zu Ritter Ronan, ich und Fleck laufen zur Universität. Wir sollten uns beeilen, denn unsere Doppelgänger haben einen ziemlichen Vorsprung!“
Sando und Tomrin nickten. Bevor sie sich auf den Weg machten, vereinbarten sie noch ein Kennwort, damit sie, wenn sie sich wiedertrafen, sicher sein konnten, dass sie keinen Spiegler vor sich hatten. Dann eilten sie los.
Tomrin keuchte. Seine Wangen fühlten sich heiß an, und auf seiner Stirn lagen trotz der morgendlichen Kälte Schweißtropfen. Um von der Drachengasse zur Festung zu gelangen, mussten er und Sando einmal quer durch die Altstadt. Laut hallten ihre Schritte von den Wänden der eng beieinanderstehenden Häuser wider.
„Wenn wir uns noch mal ein Geheimversteck suchen“, stieß Sando zwischen zwei Atemzügen hervor, „dann eins direkt am Marktplatz.“ Auch er wirkte angestrengt, wenn auch nicht ganz so sehr wie Tomrin.
„Und eins ohne Keller“, sagte dieser.
Sando hob die Brauen. „ Oh ja“, erwiderte er. „Auf jeden Fall ohne Keller.“
Die Nacht in Fesseln und muffiger Finsternis hatte den drei Freunden ganz schön zugesetzt. Noch immer schmerzten Tomrins Arme und Gelenke von dem Strick, mit dem ihre unheimlichen Doppelgänger sie zur Reglosigkeit verdammt hatten. Sando ging es bestimmt nicht anders, zumindest ließen die roten Hautabschürfungen auf seinen nackten Armen das vermuten.
„Bist du sicher, dass dein Vater zu Hause ist?“, wollte er wissen.
Ein Metzger, an dessen Laden sie gerade vorbeieilten, öffnete seine Tür und schüttete unachtsam einen Eimer Putzwasser in die Gasse. Sando entging der schmutzigen Brühe nur um Haaresbreite.
„Ich fürchte, nein“, antwortete Tomrin. „Der wird mich längst in der ganzen Stadt suchen; immerhin bin ich gestern nicht heimgekommen.“
„In der Festung wird man uns bestimmt sagen können, wo wir ihn finden“, befand Sando.
Sie passierten den Marktplatz, das Zentrum Bondingors, auf dem bereits reges Treiben herrschte. Menschen, Zwerge, Elfen und Trolle gingen an den zahlreichen Ständen und Verkaufsbuden vorbei. Ware wechselte den Besitzer, Preise wurden verhandelt, und der ein oder andere Langfinger ging mit Sicherheit ebenfalls schon seiner schändlichen Arbeit nach.
„Vorsicht, aus dem Weg!“ Geschickt hechtete Sando an den Einkaufenden vorbei, warnte hier und schubste dort. Dabei schlug er Haken, wie es nur ein Kind der Straße konnte.
Manche Leute stolperten fast und warfen ihm tadelnde Blicke zu, und ein kleiner Steinfresser erschreckte sich so sehr, dass ihm die Granitkugel, an der er gerade knabberte, aus der Hand fiel. Sie plumpste einer Edeldame auf den Fuß. Ihr Zetern begleitete die Jungen bis zum Rand des Marktplatzes.
Dann hatten sie das schlimmste Getümmel hinter sich. Sie befanden sich nun in der Neustadt. Von der Festung der Stadtgarde, deren Oberbefehlshaber Tomrins Vater Ronan war, trennten sie nur noch wenige Hundert Schritt.
„Hier lang“, rief Tomrin. Sein Herz pochte wie verrückt, aber er wusste nicht, ob das an der anstrengenden Rennerei oder an der Vorfreude lag, endlich seine Eltern wiederzusehen.
Schon von Weitem erblickte Tomrin die vertrauten schwarzen Spitzdächer und die trutzigen Türme der Festung, die die kleinen Wohnhäuser der Umgebung überragten. Das schwere, metallbeschlagene Eichentor an der Südseite stand offen. Und daneben …
Auch das noch , dachte Tomrin. Isjander.
Der junge Elf war Ritter Ronans Knappe und eigentlich ganz nett, allerdings schien er oft ein wenig neidisch auf Tomrin zu sein, weil dieser Ronans Sohn war. Tomrin wiederum gefiel es
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