Drachenglut
benommen dahin gewankt, sein BLICK hatte ab und zu die Erde zu Glas werden und vor seinen Füßen eine Erdspalte klaffen lassen. Mit jedem we i teren Schritt wurde die Luft drückender. Von fern erreichte ein Geräusch seine Ohren, ein Flüstern, das über die Felsen strich. Er lauschte, aber sein Her z schlag wummerte laut in seinem Kopf und übertönte das Flüstern.
»Michael!« Eine Stimme. Eine Hand auf seinem Arm. »Wir sind da«, sagte Mr Cleever. »Du kannst loslassen. Trink einen Schluck. Du warst sehr tüc h tig.«
Michael nahm die Flasche und trank. Sein ganzer Köper schmerzte. Ein paar Minuten lang stand er nur da und starrte tumb vor sich hin, Gestalten mit Ei d echsenköpfen zogen an ihm vorbei und der Himmel war von einem zornigen Rot.
Dann nahm er seine Umgebung wieder wahr. Sie hatten den Rand der Senke erreicht, in der das Gras mit Glockenblumen gesprenkelt war und wo vor drei langen Tagen ein Junge wie blind aufgewacht war.
Der Tragestuhl lehnte an einem Ginsterbusch, sein Insasse war mit dem Gesicht dem Wirrinlow zug e wandt, das Kinn auf der Brust. Die anderen saßen oder standen auf dem Weg, jeder von s einem Durst gepeinigt, sie tranken gierig aus den Flaschen in i h ren Rucksäcken und vermieden gefli s sentlich, einen Blick in die Senke vor ihnen zu we r fen.
Sarah stand auf der anderen Seite des Tragestuhls. Mr Cleever hatte ihr den Rücken zugewandt, er hatte zu gierig geschluckt und musste heftig husten. Plöt z lich begann sie zu laufen, sie rannte weg von der Senke, den Weg zurück, und hielt die gefesselten Hände fest an sich gepresst, ihre Schuhe rutschten auf den Steinen.
Vanessa Sawcroft stieß einen Warnschrei aus, Mr Cleever drehte sich um und direkt vor Sarah stieg eine Flammensäule aus der Erde auf. Sarah schrie auf und stürzte.
Die Feuersäule erlosch.
Mr Cleever ging mit schweren Schritten zu Sarah und half ihr auf die Füße. Wortlos begleitete er sie zurück zur Gruppe und wies ihr einen Sitzplatz zu. Sie saß da und weinte, und Michael widmete sich den letzten Tropfen aus seiner Flasche.
Nach einigen Minuten war Mr Cleever erfrischt genug und stellte sich auf einen großen Felsblock, von dem aus man den Wirrinlow überblickte. Er ho l te aus seiner Tasche ein zusammengefaltetes Papier, betrachtete es aufmerksam und verglich es mit der Umgebung.
Die anderen warteten schweigend.
Michael spürte von allen Seiten eine große Spa n nung. Hoch über ihnen wurden ein paar weiße Wo l ken rasch am Wirrim vorbeigeblasen, aber über der Senke hing die Luft schwer und rührte sich nicht.
Plötzlich sah Michael in Gedanken Sarah vor sich. Sie stand zu Hause in der Küche und lächelte ihn an. Er wischte das Bild mit einem Stirnrunzeln beiseite und stellte sich neben Mr Cleever.
»Was tun wir jetzt?«, fragte er.
Mr Cleever hatte die Augen halb geschlossen, sein unverwandter Blick war auf die Senke gerichtet.
»Ja«, sagte er, als hätte er Michael gar nicht g e hört. »Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt. Ich fühle es ganz unmittelbar, um uns herum. Und ich fühle das als Erster nach so vielen Jahrhunderten, mein Junge. All die anderen, die der Drache hier umarmt hat, hatten den Schlüssel unter ihren Nasen, aber sie konnten ihn nicht finden. Ihre Zeit ist vorbei, der Wind hat sie mitgenommen. Jetzt ist meine Zeit g e kommen und was für eine Schönheit liegt darin! Dass der alte Feind den Schlüssel zu unserem Sieg in genau den Stein meißeln ließ, mit dem er unseren Meister gefangen hielt! Die Kräfte, die er einst zur Fesselung einsetzte, benutzen wir jetzt zu seiner B e freiung!«
Er lachte, drehte sich zu den anderen um und gab ihnen ein Zeichen, dass sie sich nähern sollten.
Paul Comfrey stand auf, wo er gekauert hatte, nahm seine Flasche und kam herbei. Michael sah die Furcht in seinen Augen und wechselte den BLICK. Comfreys Seele – halb Drache, halb Wühlmaus – zitterte. Ihre Konturen verschwammen und die hel l grüne Oberfläche bebte ängstlich. Im Kontrast dazu waren die Seelen von Vanessa Sawcroft und Geo f frey Pilate tintenschwarz und so schwerfällig wie S i rup. Mr Cleevers war rabenschwarz und so hart wie Gr a nit.
»Behaltet das Mädchen im Auge«, sagte Vanessa Sawcroft. »Wir wollen doch nicht, dass sie jetzt we g läuft.«
»Das wird sie nicht«, sagte Mr Cleever leichthin. »Sie ist jetzt an das Schicksal gefesselt! Fühlt ihr es nicht? Keiner von uns wird den Hügel verlassen, bis alles erreicht ist.«
Auch Michael fühlte es
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