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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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dass es tadelnder klang.
    »Aber recht«, entgegnete ich fest.
    Er antwortete nicht. Das heißt, er antwortete nicht gleich, sondern schaltete lediglich abrupt in den dritten Gang, um eine mit satten fünfundfünfzig km/h dahinzuckelnde Urlauberlimousine, bestückt mit zwei grauköpfigen Ehepaaren – Herren vorn, Damen hinten, wie es sich gehört – zu überholen. »Du hättest mich anrufen können«, murrte er, als wir wieder die sichere rechte Seite erreicht hatten. »Ein Telefon besitzt du doch, Hemlokk, oder? Und befreundet sind wir schließlich auch. Du hättest es mir sagen sollen.«
    »Ja«, stimmte ich gelassen zu, verdarb jedoch sofort wieder alles, indem ich hinterherschob: »Aber daran habe ich in dem Moment gar nicht gedacht. Außerdem hättest du doch gleich wieder Thomas verdächtigt. Da … äh … wäre nämlich noch ein Punkt, der aus deiner Sicht gegen ihn sprechen könnte.« Und dann erzählte ich ihm endlich von dem anonymen Drohanruf bei Greta und den näheren Umständen. Nachdem Thomas mich so unmissverständlich für verrückt erklärt hatte, verspürte ich keinerlei Bedürfnis mehr, ihn zu schützen.
    Harry schwieg. Sauer und verletzt. Ich hatte gar nicht gewusst, dass man dermaßen viel sagen konnte, ohne auch nur ein Wort von sich zu geben.
    »Ich löse meine Fälle allein, Harry«, bemerkte ich schließlich leise. »Und daran wird sich niemals etwas ändern.«
    »Na, darauf wäre ich wirklich nie gekommen. Gut, dass du mir das sagst, Hemlokk. Danke!«
    Au wei, das Herzchen war tatsächlich ernsthaft verstimmt; nicht einmal auf den Thomas-Vorwurf ging es ein. Doch ich kam nicht mehr dazu, mich um die empfindsame Männerseele zu kümmern, denn vor uns rollte ein blauer Ford Kombi dahin. Das heißt, er rollte nicht selbst, sondern federte festgezurrt auf einem Abschleppwagen, und der fuhr.
    »Das ist er«, brüllte ich aus voller Lunge. »Hinterher, Harry! Lass den nicht aus den Augen!«
    »Hemlokk.«
    »Was ist denn? Nun mach schon, Harry!«, blaffte ich ungeduldig.
    Er machte nicht, stattdessen wiederholte er lediglich meinen Namen. Und klang dabei gar nicht mehr wie Harry, sondern ziemlich alarmiert. Ich ignorierte das. Unsere Beziehungsprobleme mussten warten.
    »Er biegt ab, Harry«, schrie ich. »Da vorn. Los!«
    »Hemlokk.«
    »Ja doch, so heiße ich. Wie oft willst du denn noch in diesem ominösen Tonfall ›Hemlokk‹ flüstern?« Mein Geduldsfaden würde nicht mehr lange halten.
    »Wir müssen reden, glaube ich.«
    »Später. Hinterher, Mensch! Siehst du denn nicht, dass er gleich weg sein wird?«
    »Doch. Aber wir gehen jetzt erst einmal einen schönen heißen Kaffee trinken. Oder auch einen Tee, wenn du das lieber möchtest.«
    Der Abschleppwagen bog ab, Harry fuhr stur geradeaus. Ich starrte ihn an. Gütiger Himmel, was war denn bloß mit »dem Gierke« los? Ich musste mich mit aller Macht zwingen, ihn nicht anzugiften. »Harry«, sagte ich stattdessen im sanftesten Tonfall, der mir angesichts der Situation gerade noch zur Verfügung stand, »bist du jetzt komplett übergeschnappt? Oder bist du nur taub? Das war der Wagen, zu dem wir wollen!«
    Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte ins Lenkrad gegriffen.
    »Wir gehen einen Kaffee trinken«, wiederholte er entschlossen »und dann fahre ich dich in die Uniklinik. Dort werden sie deinen Kopf gründlich untersuchen. Das hätte schon lange geschehen sollen. Ich bringe dir deine Sachen, wenn sie dich stationär aufnehmen. Und um Gustav und Hannelore kümmere ich mich auch, da brauchst du dir gar keine Sorgen zu machen, Hem– … Hanna.«
    Das war das Ende. Hanna hatte er noch nie zu mir gesagt.
    »A … aber …« Ich stotterte, ich hörte es selbst. Das Auto gab es doch, eben war es noch vor uns gewesen, und jetzt war es abgebogen. Ich litt ja wohl nicht unter Wahnvorstellungen.
    Doch. Aus seiner Sicht schon. Ich stieß einen abgrundtief erleichterten Seufzer aus, bevor ich ihn mit normaler Stimme bat: »Harry, fahr jetzt bitte so schnell wie möglich hinter diesem Wagen her. Ich weiß, dass es unserer ist, weil ich den Aufkleber am Heck erkannt habe, verstehst du? Ich spinne nicht. Ehrenwort. Auf dem Auto der Verdoehls klebt nämlich die Leistung aus Leidenschaft der Deutschen Bank. Den Spruch habe ich behalten, weil ich ihn in Zusammenhang mit den beiden völlig daneben fand.«
    Zu meiner unendlichen Erleichterung gehorchte Harry nach einem fast unmerklichen Moment des Zögerns.
    »Tut mir leid«, meinte er nach

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