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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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Einverstanden?«
    »Sehr«, stimmte ich seinem Vorschlag äußerst angetan zu. Noch vor vier Wochen hätte ich tausend heilige Eide geschworen, dass ich mit dem Bauern niemals mehr als fünf Worte am Stück wechseln würde. Jetzt gingen wir gemeinsam shoppen. Ich fing lauthals an zu singen. Und verdrängte mit aller Macht den Gedanken an Thomas, der durch Rolf Verdoehls Ausfall in dem sich lichtenden Reigen der Verdächtigen einen bis zwei Schritte vorgerückt war.
    Marga und ich trafen zu früh in Karby ein. Die Kirche stand zwar bereits offen, aber als ich vorsichtig hineinlugte, erblickte ich lediglich ganz vorn die hölzerne Kiste, in der Almuth nun lag, ansonsten war sie gähnend leer.
    »Das gibt es doch nicht«, hörte ich in diesem Moment Marga von draußen ausrufen. »Schau doch mal, Schätzelchen.« Sie war rechter Hand um den wuchtigen Turm herumspaziert und stand jetzt vor einem dieser Buntglas-Mosaikfenster, in denen im Normalfall Heilige, Evangelisten oder Engel in allen Farben schillern. Ich sah genauer hin. Nein, ich hatte mich nicht verguckt. In Karby schillerte ein bewaffneter kaiserlich-wilhelminischer Soldat.
    »Das ist ja widerlich!«, empörte sich Marga. »So offen und völlig ohne Scham Krieg, Obrigkeit und Heiligkeit zu verbinden.«
    »Das war die Zeit«, versuchte ich sie zu beschwichtigen. »Da kämpfte man eben immer gleichzeitig für den Herrgott und fürs Vaterland. Oder jedenfalls mit seinem Segen.«
    »Aber das ist doch –«
    »Unlogisch. Stimmt, weil es in den anderen Ländern genauso gehandhabt wurde. Da hätte sich der oberste Heerführer schon zerreißen müssen«, unterbrach ich sie hastig, denn sonst hätte sie eine Tirade vom Stapel gelassen, die wir jetzt wirklich nicht gebrauchen konnten. Sollte sie sich zu Hause mit Johannes aufregen. »Dort kommt Greta mit dem Bebensee.«
    Wir huschten rasch hinter den nächsten Anbau. Sie musste uns und besonders mich ja nicht sofort sehen. Nach und nach trudelten die anderen Trauergäste ein. Auch Thomas natürlich, der seinen Wagen auf dem Parkplatz direkt neben der Kirche abstellte, jedoch, der Grundgütigen sei Dank, derart in Gedanken vertieft war, dass er uns trotzdem nicht sah. Ich hätte mir natürlich denken können, dass er erscheinen würde. Gleichwohl versetzte mir sein Anblick einen Stich.
    Wir warteten noch einen kurzen Moment, dann schlichen auch wir hinein. Die Kirche war fast bis zur Hälfte besetzt. Greta saß natürlich in der ersten Reihe – an ihrer Seite zwei Männer, mein Ex-Freund Thomas zur Linken sowie ihr Ex-Mann Arthur zur Rechten. Beide stützten die gramgebeugte Tochter mit ihren Schultern, Arthur hielt zudem die Hand der Leidens- und Laiendarstellerin und warf ihr hin und wieder besorgte Blicke zu, während Thomas meist lediglich starr geradeaus schaute. Er war schmaler geworden, stellte ich nach einer genaueren Betrachtung sowie mit einer gewissen, ziemlich blödsinnigen Genugtuung fest. Vielleicht sollte er lieber den für mich ausgehandelten Termin beim Chef seiner Ex-Frau wahrnehmen?
    Greta trug selbstverständlich Schwarz vom Scheitel bis zur Sohle, nichts hellte die optische Tristesse auf. Weshalb auch? Denn was gab es für einen Menschen wie sie Wichtigeres, als allen anderen demonstrieren zu können: Schaut her, mir geht es beschissen, und deshalb verdiene ich auf der Stelle und immerdar euer geballtes Mitleid? Nichts, genau. Aber zur Sicherheit schluchzte sie auch noch still in ihr Taschentuch, wie ihre bebenden Schultern allen, die ich nur von hinten sehen konnte, anschaulich kundtaten.
    Mich täuschte sie jedoch nicht. Die Frau war krank, sicher, das hatte Axel mir schließlich ausführlich klargemacht, aber gleichzeitig hatte sie es so faustdick hinter den Ohren, dass die eigentlich wie bei Dumbo, dem Elefanten, hätten abstehen müssen.
    Ich ließ meinen Blick weiter schweifen. In den Reihen hinter Greta, Thomas und Arthur tuschelten ein paar ältere Frauen, vermutlich Freundinnen oder ehemalige Nachbarinnen von Almuth Pomerenke. Ich kannte jedenfalls keine von ihnen, soweit ich es nach einem intensiven Studium ihrer Hinterköpfe beurteilen konnte. Auf der anderen Seite des Ganges saßen etliche Heimbewohner, Schwestern, Pfleger und wir: Marga und ich sowie Harry, dessen Ankunft ich gar nicht bemerkt hatte, und Fabian. Der Junge war ehrlich erfreut gewesen, mich zu sehen, und hatte sich zischelnd nach dem Fortgang meiner Ermittlungen erkundigt, kaum dass er neben mir in die Bank gerutscht war.

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