DrachenHatz
ihm herummachte? Oder war sie am Ende gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich an der Trauerfeier teilnehmen könnte?
»… bis jetzt noch keine Möglichkeit gehabt, die Wanze zu installieren«, siebte Marga plötzlich leise mitten in den Choral hinein. »Sie ist neuerdings sehr misstrauisch.«
»Du hast doch einen Schlüssel für ihre Wohnung«, raunte ich aus dem Mundwinkel zurück, fast schon dankbar dafür, dass sie meine Gedanken in eine andere Richtung lenkte.
»Nicht mehr. Den hat sie mir unter dem Vorwand, sie wolle sich noch einen Dritten machen lassen, wieder abgenommen.«
»Mist!«, fluchte ich lautlos, während Fabian neben mir mit Inbrunst den Refrain schmetterte und dabei seine Hände knetete, als seien sie ein besonders widerspenstiger Pizzateig. »Dann muss mir schleunigst etwas anderes einfallen.«
Aber was? Mich würde Greta bestimmt nicht mehr in ihre Wohnung lassen, sondern mir eher einen kräftigen Fußtritt verpassen, sobald ich auf ihrer Schwelle erschien. Nein, ich musste sie ablenken, so wie Marga das mit den Verdoehls gemacht hatte. Herauslocken und dann für einige Zeit festhalten. Hemlokk, ermahnte ich mich, als mein schweifender Blick an Almuths hölzerner Endstation haften blieb, momentan ist das eigentlich nicht das Thema. Du bist schließlich auch hier, um der alten Frau die letzte Ehre zu erweisen und um ihren Mörder zu beobachten.
Der Gottesdienst näherte sich seinem Ende, und die Gemeinde erhob sich, um hinter dem Sarg her zum Grab zu pilgern. Bis jetzt hatten mich Greta und ihre beiden Satelliten noch nicht entdeckt. Das änderte sich schlagartig, als sie an uns vorbeischritten. Alle drei nahmen mich fast zeitgleich wahr.
Greta verzog für den Bruchteil von Sekunden höhnisch das Gesicht, so kam es mir jedenfalls vor, Thomas erstarrte für einen langen Moment, und Arthur Bebensee schoss einen unfreundlichen Blick auf mich ab. Ich hielt allem stand und senkte lediglich grüßend den Kopf, als sie direkt an mir vorbeizogen.
Schweigend folgten Harry, Marga, Fabian und ich anschließend dem Sarg. Ob Greta ihrer Mutter wohl die gefüllte Cognacflasche mitgegeben hatte? Almuth hätte es bestimmt gefreut, wenn sie drüben zum Einstand gleich einen hätte ausgeben können. Aber so dachte ihre Tochter nicht. Dabei hätte es der Pomerenke’schen Seele zweifellos gutgetan. Egal.
Rumpelnd schmissen wir Erde auf den abgesenkten Sarg, dann war es vorbei, und die Farbe kehrte zumindest ein bisschen in Fabians Milchgesicht zurück. Ich verabschiedete mich mit einem freundschaftlichen Klaps von ihm und wollte mich bereits zum Gehen wenden, als unvermutet jemand nach meinem Arm griff.
»Greta möchte dir etwas geben. Deshalb bittet sie dich, mit zur Kaffeetafel zu kommen«, sagte Thomas. »Hallo, Marga. Harry.« Es klang kühl und sehr beherrscht.
»Thomas«, grüßte Harry ebenso unhöflich wie neutral zurück. Ich war schon froh, dass er sich immerhin an den Vornamen erinnerte und nicht lediglich »Breitschedt« geknurrt hatte.
Marga schwieg. Nur ihre Äuglein flitzten wach und voller Neugier von einem zum anderen.
»Ja, ist gut«, hörte ich mich völlig überrascht zustimmen. »Nimmst du dann bitte Marga mit zurück, Harry?«
Thomas winkte ungeduldig ab. »Macht euch keine Umstände. Greta hat bestimmt nichts dagegen, wenn ihr ebenfalls bleibt. Sie ist ein sehr großzügiger Mensch.«
Aha. Das war natürlich direkt an meine Adresse gerichtet.
Marga zögerte, doch Harry nahm das Angebot sofort an. Etwas anderes hätte mich unter diesen Umständen auch schwer gewundert. »Danke«, sagte er fast herzlich.
Thomas verschwand ohne ein weiteres Wort.
»Hast du eine Ahnung, was das werden soll?«, erkundigte sich Harry bei mir, während wir zu dritt zu den Autos trotteten.
»Nee«, erwiderte ich ehrlich. »Außer, dass Greta mir vielleicht einen bekömmlichen Schierlingsbecher anbieten möchte, fällt mir nichts ein.«
»Ja«, bemerkte er daraufhin sinnend, »Hemlock mit ck, das passt.«
»Was redest du denn da?«
»Dein Nachname mit ck am Ende heißt im englischen Schierling, habe ich erst letztens gelesen. Und ich fand das äußerst passend«, fügte er noch einmal treuherzig hinzu.
Marga kicherte albern. Ich schwieg. Harry neigte manchmal fürwahr zu ungewöhnlichen Komplimenten, doch ob dieses überhaupt eines war? Ich hatte keine Ahnung.
Greta hatte nicht geknausert und sich den Tod ihrer Mutti etwas kosten lassen. Kuchen und überbordende Tabletts mit Schnittchen
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