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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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perverse Züge bemerkt? War er ihr irgendwie seltsam vorgekommen? Und dann würde ich sie mit seiner Behauptung hinsichtlich Almuth Pomerenkes Bösartigkeit konfrontieren müssen, was sich weitaus schwieriger gestalten dürfte. Ach übrigens, leidet deine Mutter eigentlich manchmal unter akuten Anfällen von Niedertracht und Gemeinheit? Die Möglichkeit zu telefonieren hat sie doch, oder? Aber was war mit dem Motiv? Irregeleitete Mutterliebe? Die schiere Bosheit? Eifersucht auf was auch immer? Doch bestimmt nicht auf die beiden Ehemänner, denn weder der Fast-Food-Junkie Arthur Bebensee noch der smarte Frieder Gallwitz luden irgendwie zum Träumen ein. Jedenfalls nicht nach meinem Geschmack. Aber wenn man nun niemals einen eigenen Geliebten, Partner, Ernährer, Beschützer gehabt hatte? Neidete man den Jeweiligen dann der eigenen Tochter dermaßen, dass man sie auf Teufel komm raus terrorisierte?
    Das Ganze war wahrlich vertrackt. Es war augenscheinlich an der Zeit, etwas Luft in meine Hirnwindungen zu lassen, sonst verstieg ich mich noch zu immer abstruseren Theorien. Ich stand auf und schlenderte den kopfsteingepflasterten Weg um das blütenweiße Schloss herum. Allzu viel los war nicht; allerdings war dies auch nicht verwunderlich – im Mai hatten schließlich nur wenige Bundesländer Ferien. Ich ignorierte die Skulpturen auf der Rückseite des Gebäudes und bog zielstrebig in die Allee ein, die direkt zu Barockgarten und Globushaus führt. Das Original stammt aus dem 17. Jahrhundert; die neue Weltkugel ist eine Nachbildung, weil einer der Zaren die alte siebzehnhundert-und-irgendwas mal eben kurz nach Petersburg verschleppt hatte. Sei’s drum. Der jetzige Globus mit seinen etwa drei Metern Durchmesser ist jedenfalls ebenfalls begeh- sowie besitzbar, er zeigt innen den Sternenhimmel und außen die Erde, wie man sich beides zu der Zeit vorgestellt hat. Klasse. Ich habe bekanntlich ein Faible für solche Dinge und schritt wacker aus, fest entschlossen, Almuth, Greta, Frieder, Hauke sowie den ganzen Fall für die nächste Stunde zu vergessen. Doch es klappte nicht. Wie von selbst schlich sich der Gedanke in meinen Kopf, ob es nicht vielleicht entgegen Frieders Aussage denkbar war, dass Almuth Pomerenke in Wahrheit ihren Stiefenkel dermaßen geliebt hatte, dass sie ihrer Tochter dessen furchtbaren Tod nicht verzeihen konnte. Dass sie schauspielerte, was ihre wahren Gefühle für Hauke betraf?
    Unwillkürlich verlangsamte ich meinen Schritt. Das würde zum Beispiel mehr als schlüssig erklären, weshalb sie freiwillig ins Heim gegangen war und nicht bei Greta wohnen wollte. Von wegen Rücksichtnahme. Ha! Nichts da. Die alte Almuth nahm ihrer Tochter übel. Doch weshalb sollte Gallwitz in diesem Punkt lügen? Und vor allen Dingen: Hatte ich bei meinem Besuch selbst diesen Eindruck gehabt? Sei ehrlich, Hemlokk, auch wenn’s so schön passt. Nein. Hatte ich nicht. Almuth Pomerenke hatte Hauke gemocht, das ja, aber wenn sie sich vor Gram über den Tod des Jungen fast verzehrte, hatte sie damit hübsch hinter dem Berg gehalten.
    Ich musste irgendwann doch weitergegangen sein, denn plötzlich stand ich vor dem Herkulesteich und verharrte einen Moment, um den Anblick auf mich wirken zu lassen. Sechs Terrassen zählt der Barockgarten, und alles grünte und blühte, was mir umgehend das Herz aufgehen ließ. Und mittendrin, das heißt direkt hinter dem Teich und vor der atemberaubenden Kulisse, stand mein Ziel, das Globushaus: geometrische Linien, weiß in der Farbe mit schmalen rötlichen Geraden um Aussichtsplattform und Fenster herum. Die Scheiben waren so groß, dass man die Kugel im Inneren gut von außen erkennen konnte.
    Mmh. Durchsichtig, gläsern. Es war wirklich wie verhext. Ich verschwendete keinen Gedanken mehr an irgendwelche historischen Weltbilder, wie es eigentlich sein sollte, sondern dachte prompt an Wanzen und damit auf der Stelle an Rolf Verdoehl. Gretas Mutti galt es sicher nicht aus dem Blick zu verlieren – wozu Mütter so fähig sind, wusste ich schließlich durch meine Tätigkeit als Privatdetektivin mittlerweile nur zu genau. Doch mein Hauptverdächtiger sowohl für die Drohanrufe als auch für den Holzklau bei Plattmann blieb nach wie vor der D&D-Tycoon. Denn bei ihm passte einfach mehr zusammen als bei Almuth Pomerenke oder Frieder Gallwitz. Und das war noch untertrieben.
    Ich löhnte das Eintrittsgeld und ging gleich die Treppe zum Globus hinauf. Prospekte und Videos konnte ich mir später

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