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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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jede Vorabendserienschauspielerin sich für herzige Eisbärenbabys mit großen braunen Augen starkmacht, aber niemand für die nicht ganz so werbewirksamen Viecher eintritt.«
    Na bitte, was habe ich gesagt! Sofort betrat vor meinem inneren Auge die greise Brigitte Bardot mit einer schönen schleimigen Bauchigen Windelschnecke auf dem Arm die Bühne. Oder einer Gemeinen Kahnschnecke im graublonden Haar, die üppigen Lippen vor Entzücken zum Schmollmund geformt? Das dürfte in der Tat die PR-Abteilungen dieser Welt bis zum Äußersten fordern.
    »Aber deshalb hast du mich doch nicht zum Spaziergang abgeholt, Schätzelchen«, stellte Marga ganz ruhig fest, obwohl ich überhaupt nichts gesagt hatte. »Was ist los?«
    Thomas war los, beichtete ich ihr, während wir in flottem Tempo am Schwimmbad vorbei Richtung Hafen marschierten. Ich wisse nicht, wie ich auf seine Eigenmächtigkeit reagieren solle. Er habe mich mit der Tochter einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Und das passe mir nicht.
    »Mmh«, meinte Marga verhalten, was eigentlich gar nicht ihr Ding war. Ich hatte noch nie erlebt, dass sie sich um eine Meinung gedrückt hatte. Noch nie.
    »Möchtest du dieses ›Mmh‹ vielleicht einmal interpretieren?«, pampte ich sie gereizt an.
    »Dann hör du erst einmal auf zu rennen wie eine Giraffe auf der Flucht! Es wird dir gegen den Strich gehen, Schätzelchen.«
    Ich verdrehte die Augen und reckte theatralisch die Arme gen Himmel. »Dio mio, ich beiße schon nicht. Sag’s einfach, ja?«
    »Also gut: Stell dich zum Donnerwetter nicht so an, Hanna Hemlokk! Du machst hier wirklich aus einer Gemeinen Mücke einen Gemeinen Elefanten!«
    Ups?
    »Schau, Schätzelchen«, fuhr Marga geduldig fort, als sie mein Gesicht sah, »für den Mann ist es doch auch nicht leicht, wenn er seiner pubertierenden Tochter die neue Freundin präsentieren muss. Er wird genauso schwitzen wie du. Also mache es ihm nicht so schwer, nur weil deine zarte Seele gekränkt ist und du den Verlust deiner Unabhängigkeit fürchtest wie der Teufel das Weihwasser. Sieh dir doch erst einmal alles in Ruhe an: das Mädchen als Thomas’ Tochter und Thomas als Vater, Mann und Liebhaber, der nicht nach drei Stunden wieder verschwindet, sondern liegen bleibt, weil er momentan ebenfalls dort wohnt und am Morgen mit Ringen unter den Augen, Mundgeruch und Stoppelbart aufwacht.«
    Sie holte erschöpft Luft, und ich schwieg leicht benusselt, weil ich das Gefühl hatte, frontal mit einer Wand kollidiert zu sein. Was hatte ich doch gleich noch befürchtet? Dass Marga plötzlich mit ihren Überzeugungen hinterm Berg halten könnte? Dem war also nicht so. Und dies war genau das, was ich an ihr so schätzte. Eigentlich.
    »Ich habe es doch gewusst«, murmelte sie jetzt neben mir und steuerte eine leere Bank direkt am Hafen an. »Du bist verärgert.«
    War ich das?
    Ein Paar mit einem etwa fünfjährigen Jungen schlenderte an unserer Bank vorbei. Die Eltern grienten amüsiert bis verlegen zu uns herüber, während das Bübchen selig einen absolut scheußlichen Leuchtturm in seinen verschwitzten Händen betrachtete, als sei er der Heilige Gral. Wir grienten ermutigend zurück. Schlappe sieben Jahre noch, und dann durfte das Teil auf dem Dachboden verstauben.
    Ich horchte in mich hinein. Nein, sauer war ich eigentlich nicht, sondern eher … froh. Denn es stimmte schon, was Marga da gesagt hatte. Für Thomas war die ganze Situation bestimmt keinen Deut leichter als für mich. Doch ich war so auf meine möglicherweise gefährdete Unabhängigkeit fixiert gewesen, dass ich nur mich gesehen und das große Ganze aus den Augen verloren hatte. Und eigentlich finde ich Väter, die sich auch nach der Scheidung liebevoll um ihre Kinder kümmern und sich nicht auf Nimmerwiedersehen vom Acker machen, ziemlich gut.
    »Frau Schölljahn, du bist ein Schatz! Und recht hast du auch noch. Ich denke, ich habe wirklich jemanden gebraucht, der mir einmal so richtig den Kopf wäscht.« Sprach’s, beugte mich vor und gab ihr einen schallenden Kuss auf die Wange, was einen älteren Herrn in einer zeltähnlichen kurzen Hose, deren Bund akkurat unter der Brust saß, zu einem bohrend-prüfenden Blick veranlasste. Ich streckte ihm gut gelaunt die Zunge raus.
    In größter Eintracht vertilgten wir anschließend ein Eis, zu dem ich Marga einlud, und spazierten dann die Promenade langsam zurück. Gegenüber, am Westufer der Kieler Förde, war die Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals aufgegangen, und

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