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DrachenHatz

DrachenHatz

Titel: DrachenHatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute Haese
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stimmt«, bekräftigte ich sicherheitshalber meine eigenen Worte.
    Er strich mir vorsichtig über die Wange. »Du hast geträumt, Hanna. Du hattest einen Albtraum. Komm her, leg dich neben mich. Das wird schon wieder. Und die Cornwell liest du besser nicht weiter. Die ist wirklich nichts für zarte Gemüter.« Er rückte auffordernd zur Seite.
    »Unsinn, Thomas«, bügelte ich sein zweifellos gut gemeintes Angebot burschikos ab. »Ich habe nicht geträumt. Ich habe gelesen und –«
    »– dabei offenbar eine Menge Wein getrunken.« Er lächelte schräg. »Nur weil du versucht hast, dies mit Zahnpasta zu übertünchen, wird es doch nicht besser, Hanna.«
    Knallkopp. Doch ich ging nicht weiter darauf ein. »Pass auf, Thomas. In diesem Buch wird das Krankheitsbild ganz genau beschrieben. Und es ist, als hätte Cornwell Greta vor Augen gehabt. Haargenau so. Da stimmt einfach alles. Du kannst es ja selbst lesen.«
    »Das werde ich sicherlich. Aber nicht jetzt. Ich bin viel zu müde.« Er gähnte und rieb sich demonstrativ die Augen. »Das ist ein Krimi, Hanna. Lass uns jetzt schlafen, ja?«
    Du liebe Güte, war der Mann denn wirklich so begriffsstutzig? In diesem Haus schlief niemand, solange wir uns nicht über den Fall Greta klar geworden waren. »Nein, verdammt!«, polterte ich los. »Hör mir doch zur Abwechslung einmal zu! Greta kümmerte sich ebenfalls scheinbar aufopferungsvoll um den Jungen, der ganz zufällig dauernd krank war, und alle Welt fand das toll. Das ist doch auffällig, oder?«
    »Finde ich nicht. Greta ist eben so ein Mensch«, meinte er verständnislos. »Die gibt es. Die stellen ihre eigenen Interessen hintan und –«
    »Eben nicht! Das ist es ja.«
    »Was ist es ja?« Unter heftigen Fantasieschüben schien Dr. Thomas Breitschedt wirklich nicht zu leiden. Und offenbar neigte er auch noch zur Schwerhörigkeit.
    »Ja verstehst du denn nicht, was ich dir die ganze Zeit zu erklären versuche?«, platzte ich heraus. »Greta will Mitleid und Anerkennung um jeden Preis. Dafür tut sie alles, wirklich alles. Dafür verletzt sie sogar ihr eigenes Kind. Das gehört zum Krankheitsbild dazu.«
    Thomas schüttelte widerwillig den Kopf. »Das du aus einem Krimi hast. Willst du am Ende etwa auch noch behaupten, sie habe den armen Hauke ermordet, nur damit alle Welt Anteil nimmt? Das ist doch völlig absurd, Hanna.«
    »Nein, das ist krank, Thomas. Greta ist krank«, beharrte ich.
    Daraufhin sah er mich an, als ob ich die Pocken, irgendeinen von diesen HN-Dingsbums-Geflügelviren sowie die Blattern samt Pest in mir trug. »Du lieber Gott, Hanna.« Jetzt wurde er auch noch laut. »Du kannst doch nicht allen Ernstes aus einem Stück Trivialliteratur so etwas ableiten. Cornwell hat einen Krimi geschrieben. Ein Buch. Mit viel Erfindungsgabe und Einbildungskraft. Aber dies hier«, er deutete auf das Bett, den Schrank, mich und sich selbst, »ist die Realität, das wahre Leben.«
    Das wusste ich auch. Hielt der Mann mich für bekloppt?
    »Du vermischst die Ebenen, Hanna. Und das muss schiefgehen. Du bist durch unseren kleinen Streit einfach überreizt.«
    »Bin ich nicht«, erwiderte ich so bockig wie ein Kind. Aber ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einen »kleinen Streit« hingenommen. Das klang so … niedlich und nach meiner Mutter. Bei der hätte ich »einen kleinen Freund«, wenn der mich auch nach achtundzwanzig Jahren festester Beziehung nicht heiratete, oder »ein kleines Unglück«, wenn mich ein ICE überfuhr. »Thomas, bitte, hör mir doch wenigstens einmal ernsthaft zu. Wir können dann ja meinetwegen alles Stück für Stück durchgehen, und dann wirst du hoffentlich einsehen, dass –«
    »Nein«, unterbrach er mich mit einer Stimme, in der so gar nichts Liebenswürdiges mehr war, »du spinnst, Hanna, um es einmal deutlich zu sagen, aber anders scheinst du es ja nicht zu verstehen. Ich werde nichts mit dir ›durchgehen‹, wie du es nennst. Das ist doch völlig abstrus, was du dir da zusammenfantasierst. Wie, wann und wo soll Greta denn beispielsweise die Ratte erschlagen haben, mmh? Wann ihre eigene Wohnung verwüstet haben? Und vor allen Dingen: warum? Das macht doch kein normaler Mensch.«
    »Eben. Greta ist nicht normal«, wiederholte ich stur. Der Mann war ja begriffsstutzig bis zur Debilität. Wie hatte mir das nur entgehen können?
    »Aha. Greta ist also nicht normal. Und das stellst du hier mal eben fest«, höhnte Thomas. »Weil du einen Krimi gelesen und dazu Wein getrunken hast.

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