Drachenkaiser
getragen.
»Sie würden in den Keller passen. Als Sphinx«, flüsterte Leida grinsend. Ihre gute Laune war nicht unbedingt vorgetäuscht, aber da Silena sie kannte, spürte sie die Anspannung der Freundin. Eine Hand hielt sie immer in der Nähe der verborgenen Waffe.
»Ja?«, sagte es plötzlich in Silenas Ohr. Ein Mann hatte sich gemeldet.
»Oh, hallo, guten Tag. Mein Name ist… Smith«, stotterte sie. Weder Zadornova noch Silena waren harmlose Namen. »Wir möchten gern das Museum besuchen und sind nur noch heute in Hamburg. Wir stehen in der Praxis von Doktor Fayence. Wäre es möglich, dass wir die Exponate sehen können?«
»Wie viele Personen?« »Zwei.«
»Mh. Das ist nicht viel. Das wird Sie ein paar Mark kosten«, sagte die Männerstimme.
»Das geht vollkommen in Ordnung«, beeilte sich Silena zu versichern. Das läuft viel zu einfach. »Sie sind…?«
»Es wird eine halbe Stunde dauern. Wir treffen uns vor dem Eingang. Gehen Sie noch einen Kaffee trinken oder essen Sie ein Fischbrötchen.«
Bei dem Gedanken daran stieß es Silena wieder auf. »Wir werden pünktlich sein. Und vielen Dank für Ihre Mühe.« »Keine Ursache.« Der Mann legte auf.
Silena hängte ebenfalls ein. Wir sind in diesem Haus genau richtig! Sie sah zu den Türen. Welche Art Falle werden sie uns stellen? Sie gab Leida ein verborgenes Zeichen, noch aufmerksamer zu sein.
»Wir haben eine Verabredung?« Leida grinste. »Das hast du toll gedeichselt.« Sie schaute sich in dem kostspielig hergerichteten Raum demonstrativ um. »Können wir hier warten, Fräulein? Draußen ist es so kalt.«
»Da muss ich den Herrn Doktor fragen. Einen Moment bitte.« Sie stand auf und verschwand in dem Behandlungszimmer.
Sofort wurde Silena aktiv und zog die Schubladen am linken Ende des Schreibtischs auf. Stifte, Papier, Bürobedarf. »Sieh du auf der anderen Seite nach.«
Leida hatte sich halb auf den Tisch gesetzt, ein Fuß blieb am Boden, der andere schwebte in der Luft. »Prüfen wir mal, was sie gerade liest.« Sie sah über die Bücher, die Aufzeichnungen und machte plötzlich große Augen. »Das Fräulein kann anscheinend Altägyptisch.«
Silena kam zu ihr, um sich anzusehen, was ihre Freundin entdeckt hatte. Auf einem Notizzettel waren Hieroglyphen gemalt, einige davon kamen ihr bekannt vor. Sie verzichtete darauf, das Armband herauszuholen und sie zu vergleichen. »Also steckt sie mit drin!«
»Steckt der Doktor mit drin?«, weitete Leida die Frage aus. Sie ließ den Fuß pendeln. »Ich spiele mal des Teufels Advokat: Es könnte sein, dass das Fräulein Sekretärin sich einfach nur für Ägypten interessiert. Sie ist bestimmt öfter in der Ausstellung. Ich würde das tun, wenn ich ein Museum zu meinen Füßen hätte.« Sie lachte auf. »Nein, würde ich nicht.«
Silena hielt das Namensschild in die Höhe, das sie in der Ablage gefunden hatte. Frl. Nitokris stand darauf zu lesen. »Ist das Ägyptisch?«
Eine Tür wurde geöffnet, Silena kehrte rasch auf die Seite vor dem Empfang zurück.
Die Sekretärin kam und sah Leida tadelnd an. »Doktor Fayence erlaubt es Ihnen«, sagte sie verschnupft. »Suchen Sie sich bitte einen Stuhl für Ihre Kehrseite.«
Leida grinste und stand auf, hielt das Schildchen vor ihre Nase. »Griechin?«
»Nein. Wieso …«
»Fräulein Nitokris, kommen Sie bitte noch mal?«, drang die Arztstimme aus dem Zimmer. Sie ging los, nicht ohne der muskulösen Drachenjägerin einen warnenden Blick zugeworfen zu haben. Die Tür schloss sich hinter ihr.
Wir sind aufgeflogen! Silena verließ sich auf ihr Gefühl und hängte ihr Amulett, das einen Splitter der Lanze des heiligen Georg barg, über das Hemd. Sollte sich ein lebendiger Drache in ihrer Nähe befinden, würde es aufleuchten. So wäre sie schneller gewarnt. »Wir warten besser draußen«, flüsterte sie und eilte zur Tür hinaus. »Falls unsere Verabredung überhaupt auftaucht.«
»Verstärkung von unseren Leuten wird nicht schaden.« Leida folgte ihr. »Wir lassen sie rein und nehmen den Laden auseinander. Der Psychiater und sein Fräulein werden uns erzählen, was sie wissen.«
Als sie beide vor der Praxis standen, sahen sie einen Mann die Haupttür hereinkommen. Er zog sie hinter sich zu und schloss sie mehrmals ab, dann ließ er einen eisernen Querriegel einrasten und sicherte sie mit einem Vorhängeschloss.
Silena und Leida tauschten einen raschen Blick. Ein- und Ausbruch gestalteten sich offenbar recht schwierig. »Der Tower von London hat eine
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