Drachenkaiser
nicht.« Er nahm es ihr aus der Hand, stellte es in den Tresor und drückte ihn zu.
»Ach so.« Silena lächelte. Lügner.
Und Leida sagte natürlich: »Davon hätte ich gerne auch einhundert. Liter.«
Nitokris legte die Hände zusammen und hielt sie vor der Gürtelschnalle. »Nun kennen Sie unsere Geheimnisse, Fürstin und Fräulein Havock. Sind Sie bereit, mit Ichneumon zusammenzuarbeiten?«
»So gut wie. Damit ich es richtig verstanden habe: Sie sind eine Abordnung dieses Bundes, der in Ägypten sitzt. Weil man sich dort Sorgen um Europa und letztlich auch um Nordafrika gemacht hat, sind Sie gesandt worden.« Silena fühlte etwas von der Flüssigkeit an ihren Fingern. Es klebte. »Insgesamt gibt es wie viele Kämpfer in diesem Bund?«
»Außer mir noch zehn«, sagte Fayence. »Sie wachen in unserer Heimat, ob sich die chinesischen Spione auch da blicken lassen.«
»Die Frage, die sich mir stellt, ist: Wer schickt sie?« Leida nahm sich ebenfalls einen der Spieße und wirbelte damit herum. Ihr bereitete es wenig Mühe, doch es sah sehr ungeschickt und tölpelhaft aus. »Darauf haben wir noch keine Antwort erhalten. Ich für meinen Teil interessierte mich nicht für China oder diese anderen Reiche im Osten, weil sie Drachen anbeten und nicht jagen. Da ist kein Geschäft zu machen.«
»Entweder es gibt Altvordere wie in Europa«, meinte Silena und ärgerte sich, noch nicht in das gestohlene Dossier über asiatische Drachen geschaut zu haben, »oder einen Herrscher.« Sie sah zu Nitokris. »Haben Sie Erkenntnisse dazu?«
»Nein. So wenige wie Sie. Ich kann nur raten und das Offensichtliche annehmen: Chinas weltlicher Herrscher nennt sich Drachenkaiser und sitzt auf einem Drachenthron«, meinte sie. »Wer sagt, dass der Kaiser von China nicht die Hilfe der Drachen in Anspruch nimmt?«
»Wir kannten Drachen, die sich in Menschen verwandelten, um uns zu täuschen.« Silena sah Eris Mandrake mit einem Lächeln aus ihrer Erinnerung auferstehen, als wollte er sagen: Siehst du? »Der Kaiser könnte durchaus die gleiche Gabe besitzen.« Für ihren Geschmack war genug geredet worden. Grigorijs Spur führte dank der Uhr plötzlich nach München, und genau da musste sie unverzüglich hin. Sie streckte Nitokris die Hand entgegen. »Dass eine Bedrohung aufzieht, ist unbestreitbar. Ich nehme das Bündnis zwischen Abendland und Morgenland gerne an, um sie abzuwenden.« Die Ägypterin schlug ein. Silena schüttelte auch Fayences und Nagibs Hände.
»Sieh sich einer das an. Die Nachfahrin eines Kreuzritters verbrüdert sich mit einer Ungläubigen«, kommentierte Leida.
Fayence nahm den Spieß an sich und hängte ihn an seinen Platz. »Wie gehen wir weiter vor?«
Zuerst muss ich mit Brieuc sprechen. Silena schlenderte zurück in das kleine Museum. Ihr Tatendrang war zurückgekehrt. »Ich reise nach München, gehe der Herkunft der Taschenuhr auf den Grund und versuche herauszufinden, wo wir eine Altvordere finden.« Sie hatte es sich erspart, Leida zu verbessern. Georg war kein Kreuzritter gewesen. Eine Unerheblichkeit.
Leida sah sie an, als habe die Drachenheilige den Verstand verloren. »Du sprichst von Ddraig? Hast du allen Ernstes vor, die rote Drachin über die Asiaten zu befragen?«
»Die Drachenheiligen, die es einst vermochten, sind tot. Kennst du jemanden, der uns einen von denen lebend fängt? Sind deine Leute dazu in der Lage?«, gab sie zurück.
Leida verzog die Mundwinkel. »Wie finden wir sie?«
Fayence wollte etwas sagen, doch er schwieg, als Silena weiterredete. »Sie drei packen«, dabei deutete sie auf die Ägypter, »und fliegen mit Leida nach England. Ich treffe mich in München mit einem Mann des Officiums, der mir bestimmt Hinweise geben kann, wo wir Ddraig aufspüren. Die Spione sollten noch arbeiten, hoffe ich, auch wenn das Hauptquartier beschädigt wurde.« Sie sah in die Runde. »Alle einverstanden? Andere Vorschläge?«
Keiner rührte sich.
»Wir treffen uns also in England. Ich rufe dich an, Leida, und sage dir, wo.« Sie verabschiedete sich von ihnen und ging die Stufen hinauf, rief ihre Männer und verließ das Gebäude.
Unerwarteter Beistand, den wir bekommen haben, dachte Silena. In einem sehr günstigen Augenblick. Wie sehr sie dem Bund des Ichneumon trauen konnte, würde sich bald unter Beweis stellen. Alternativen dazu sah sie keine. Grigorij, halte durch!
5. Januar 1927, Amsterdam, Provinz Nord-Holland, Königreich Holland
Ealwhina saß gegenüber von Thomas Edward Grant dem
Weitere Kostenlose Bücher