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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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dann wurde die Tür aufgerissen, und zwei weitere Männer drangen auf sie ein.
    Ealwhina machte drei Schritte zurück und hörte das Klappern eines Fuhrwerks. Haarscharf rauschte die Bierkutsche an ihr vorbei. Wie gerufen. Sie sprang auf und ließ sich mitnehmen, während die Russen hinterherliefen. Die Geschwindigkeit ihres Fluchtgefährts war nicht besonders hoch, doch es genügte, die Männer auf Abstand zu halten.
    Das kann nicht so weitergehen. Ich will nicht in ständiger Besorgnis und Wachsamkeit leben, nur weil ich das Artefakt besitze. Ealwhina verfluchte bereits, dass sie die Kugel nicht jemandem gegeben oder sie weggeworfen hatte. Andererseits barg sie viele Möglichkeiten, die ihren Freunden in York zugute kommen könnten. Ihr selbstverständlich auch.
    Ein Automobil tauchte hupend hinter den Russen auf und hielt an. Die stellten sich auf das Trittbrett, und die Verfolgung ging weiter. Sie holten rasch auf.
    Ich kann es ihnen nicht überlassen. Wer weiß, was mit seiner Macht alles angerichtet wird. Ealwhina war eine Mörderin, doch sie unterschied zwischen den Einzeltaten, die sie beging und begangen hatte, und dem, was ein Medium mit der Kugel auslösen konnte. Ganz genau wusste sie nicht, was alles im Bereich des Möglichen lag, doch die Erinnerung an das, was am Triglav geschehen war, ließ vieles erahnen. Gutes und Schlechtes.
    Sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass der zukünftige Besitzer des Artefakts nur Gutes tun wollte. Einmal noch werde ich dich nutzen. Die linke Hand schloss sich um die Kugel. Danach zerstöre ich dich.
    Die Russen fuhren parallel zu der Kutsche und versuchten, sie an ihrem Kleid zu packen.
    Ealwhina wechselte die Seite und sprang aus voller Fahrt auf den Bürgersteig, ohne zu stürzen oder zu stolpern. Sie hatte sich einen Plan zurechtgelegt, und dazu musste sie auf den höchsten Turm des bekanntesten Gebäudes von York und die größte mittelalterliche Kirche des Kingdoms gelangen. Von dort oben würde sich die Kraft des Artefakts am besten und sichersten entfalten.
    Sie rannte in eine Querstraße, die zu schmal für ein Automobil wurde.
    Was wird das? Wieso läufst du weg?, wisperte ihre Mordlust. Bleib doch einfach stehen und mach sie kalt! Du kannst es!
    Sie gab dem Verlangen nicht nach, auch wenn der Gedanke verlockend war. Immer wieder wurde sie gerufen, mal auf Russisch, mal in schlechtem Englisch. Als sie sich nicht darum scherte, krachten wieder Schüsse. Rechts und links von Ealwhina schlugen die Kugeln ein, zwei trafen sie in den Arm und in die linke Seite.
    Sie ignorierte die Schmerzen, so gut es ging, und lief im Zickzack, von Deckung zu Deckung. Wieder gellten die Pfeifen der Bobbies, was die Russen aber nicht weiter störte. Sie feuerten noch immer und blieben der Frau auf der Spur.
    Doch Ealwhina näherte sich ihrem Ziel: Über die Häuser hinweg erhoben sich die Türme des Minsters.
    Tu es!, meldete sich die Mordlust lockend und fühlte sich stärker. Nutze die nächste Gelegenheit! Töte für die gute Sache und leide endlich keinerlei Reue!
    Und schon tauchte die Gelegenheit vor ihr auf: ein Laden für Haushaltswaren. Das Paradies für jemanden, der Werkzeuge des Todes suchte.
    Ealwhinas Schritte verlangsamten sich. Eine Ausrede hatte sie sofort parat. Die Russen sind zu dicht an mir dran. Ich kann nicht zulassen, dass sie mir in die Kirche folgen. Schnell betrat sie das Geschäft.
    Der Verkäufer, gerade beim Notieren in sein Geschäftsbuch gestört, sah die Kundin erstaunt an. »Guten Tag. Was darf ich für Sie tun, Madame?«
    »Messer«, keuchte sie und blickte zur Eingangstür, durch die soeben die ersten ihrer Häscher traten.
    Der Mann stellte sich auf die Zehenspitzen, den Arm hebend. »Gentlemen, bitte, benehmen Sie sich. Ich bin sofort bei Ihnen.« Dann sah er deren Pistolen und wich blass zurück. »Mein Gott!«
    Ealwhina hatte die Küchenmesser entdeckt, nahm sich zwei und aktivierte ihre Kräfte. Das Artefakt schien zu ihrer freudigen Überraschung ektoplasmische Energie in sie zu pumpen und verlieh ihr zusätzliche Stärke.
    Sie fuhr wie ein Blitz unter die Soldaten, die Klingen zischten durch die Luft, geführt von ihren kundigen Händen, und trafen die fünf Männer innerhalb weniger Lidschläge tödlich in Hals und Brust. Sterben sollt ihr!
    Die Schüsse, die die Russen in ihrer Not schreiend abfeuerten, trafen sie nicht. Sie bewegte sich viel zu schnell. Die Körper fielen auf die groben Dielen, das Röcheln und Gurgeln

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