Drachenkampf
gestört hätte.
»Wem gehört das gesattelte Pferd im Hof?«, fragte er.
»Rochefort«, antwortete Marciac. »Er bespricht sich gerade mit dem Hauptmann. Er schien es recht eilig zu haben.«
»Um was geht es?«
»Sicher um die Italienerin.«
»Ich verstehe.«
Der Gascogner saß an einem kleinen Tisch vor einigen Speisen, Gläsern und Flaschen. Saint-Lucq ging zu ihm, und während er sich im Stehen ein Glas einschenkte, fragte er: »Und La Rochelle?«
Marciac verzog das Gesicht und zuckte mit den Schultern.
Das Mischblut leerte sein Glas, blickte den Gascogner durch die roten Brillengläser an, nickte ihm kurz zu und setzte sich anschließend auf das Sims eines Fensters, das zum Garten hinausging.
Marciac lächelte.
Sie hatten sich seit drei Wochen nicht mehr gesehen. Drei Wochen, in denen Marciac ganz allein auch etwas hätte zustoßen können. Doch er wusste, dass er in puncto Begrüßung von Saint-Lucq nicht mehr erwarten konnte.
Die Tür des Vorzimmers öffnete sich, und Rochefort verschwand, ohne sie eines Blickes zu würdigen, so schnell, wie er gekommen war. La Fargue dagegen ließ sich Zeit. Er ging zu seinen Klingen und nahm das Glas Wein entgegen, das ihm Leprat reichte.
»Und?«, fragte Agnès.
»Die Italienerin hat erreicht, was sie wollte. Ich weiß nicht, wie, aber der Kardinal nimmt sie von nun an sehr ernst. Er glaubt an dieses Komplott, das sie aufdecken will, und er hat uns beauftragt, die Sache aufzuklären …«
»Wie denn?«, erkundigte sich Leprat.
»Allem Anschein nach müssen wir diese Spionin erst wiederfinden.«
»Und am besten vor den Draqs, die sie verfolgen«, schaltete sich Marciac ein.
»Ja … Das Problem ist, dass wir nicht wissen, wo sie sich aufhält.«
»Hat sie nicht gesagt, dass sie heute Abend in Paris sein wird, Hauptmann?«, erinnerte sich Agnès.
»Ja«, räumte La Fargue ein.
»Hoffen wir also, dass sie nicht zu lange damit wartet, ihr Versprechen einzulösen …«
»Und bis dahin, Hauptmann?«, fragte Marciac.
»Bis dahin«, sagte der alte Edelmann, »warten wir .«
»Ah …«
»Was? Hattest du schon andere Pläne?«
»Ja. Zwei. Und sowohl der eine als auch der andere hatte sehr schöne braune Augen …«
Arnaud de Laincourt kehrte leicht beschwipst aus der Einäugigen Tarasque zurück, seinen Dragun auf der Schulter. Als die Nacht anbrach, erreichte er die Rue de la Ferronnerie und traf jemanden vor seinem Haus an. Es handelte sich um den Edelmann im beigen Wams, der seit einigen Tagen einen Heidenspaß daran zu haben schien, ihm zu folgen, ohne jemals mehr zu tun, als sich bemerkbar zu machen.
»Guten Abend, Monsieur«, sagte der Edelmann.
»Guten Abend. Ihr habt sicher auf mich gewartet …«
»In der Tat.«
»Bisher vergeblich, fürchte ich.«
Unbemerkt lauerte Laincourt auf die Schatten, die um ihn herum entstanden. Auch wenn um diese Uhrzeit noch immer Leute auf der Rue de la Ferronnerie unterwegs waren, war es in Paris nie zu früh für einen geschickten Hinterhalt. Also war Vorsicht geboten, zumal er nicht wusste, was der Edelmann im beigen Wams von ihm wollte. Doch der ehemalige Spion des Kardinals – zu dessen zweiter Natur es gehörte, auf Einzelheiten zu achten – entdeckte nichts Alarmierendes. Und Marschall, der alte Dragun, den er von dem Leierspieler geerbt hatte, blieb ruhig.
»Vergeblich? Wollt Ihr mich nicht erst anhören, bevor Ihr mich davonjagt?«
»Ich jage Euch nicht davon, Monsieur.«
»Gewährt mir nur einen Augenblick. Ich verlange nur, dass Ihr mich anhört.«
Laincourt schwieg eine Weile, dachte nach und betrachtete den mysteriösen Edelmann mit festem Blick. Zweifellos ging er bereits auf die vierzig zu. Er war schlank und blond, Schnauz- und Kinnbart waren gepflegt, und er war auf zurückhaltende Weise elegant gekleidet. Er wirkte sympathisch und aufrichtig, sein offener Blick wich dem seines Gesprächspartners nicht aus.
»Mit Eurer Erlaubnis wäre es an der Zeit, dass wir uns unterhalten«, bekräftigte der Edelmann.
Über ihnen wurde ein Fenster geöffnet. Heimlich, aber nicht vorsichtig genug, als dass es Laincourt nicht bemerkt hätte.
Das war zweifelsohne Monsieur Laborde, der im Erdgeschoss einen Laden führte und mit seiner Familie im ersten Stock wohnte. Sofern es sich nicht nur um seine Ehefrau handelte, standen die beiden nebeneinander am Fenster und spitzten gemeinsam die Ohren. Laborde war der Hauptmieter des Hauses. Er genoss das Vertrauen des Eigentümers, sammelte die Miete ein und hielt
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